Enwor 10 - Die verbotenen Inseln
seinem Körper! — gelastet hatte, den er aber erst jetzt überhaupt bemerkte, als er nicht mehr da war, und plötzlich hatte er wieder Kraft; nicht viel, aber genug, sich in die Höhe zu stemmen und das Schwert zu ergreifen.
Er taumelte auf den Quorrl zu, der Kiina erwürgte.
Ein Fußtritt traf seine Kniekehle und schleuderte ihn abermals zu Boden.
Skar schlug ungeschickt mit dem Schwert nach dem Quorrl, verfehlte ihn und stemmte sich abermals hoch. Vor seinen Augen wirbelten Farben, aber auch Schlieren grauen Nebels, die dichter wurden, die Welt langsam, aber unbarmherzig verschlangen. »Laßt sie in Ruhe!« stöhnte er. »Tötet… mich, aber laßt sie gehen!«
Etwas traf ihn und schleuderte ihn wieder zu Boden. Er hatte nicht die Kraft, noch einmal aufzustehen. Er dachte an Kiina, und er glaubte, den Druck dieser entsetzlichen geschuppten Pranken an seinem eigenen Hals zu spüren, bis er begriff, daß es Tränen waren, die ihm den Hals zuschnürten. Mit einer Kraft, die er gar nicht mehr haben durfte, schleppte er sich weiter, krallte die Finger seiner rechten Hand in den morastigen Boden und zog sich mit nur einem Arm auf Kiina zu, und den Quorrl, der sie umbrachte.
»Laß sie… gehen, du Bestie«, stöhnte er. »Töte mich. Mach mit mir, was du willst, aber laß… laß sie gehen!«
Der Quorrl verstand seine Worte, und tatsächlich löste er seinen Griff; aber nicht ganz, und auch nur für einen winzigen Augenblick. Er lachte.
»Das werde ich, Mensch«, sagte er. »Oh, das werde ich, keine Sorge. Wir werden dich töten, wie jeden, der hierher kommt. Aber erst sie. Erst das Menschenjunge, dann dich!«
Skar schrie auf, taumelte auf die Knie und brach sofort wieder zusammen. Die Hände des Quorrl schlossen sich um Kiinas Hals und drückten zu.
»Erst sie!« brüllte der Quorrl. »Und dann dich! Sieh zu, wie sie stirbt! Sieh es dir an, Mensch!«
Skar hob die Arme. Er wollte aufspringen, sich auf den Quorrl stürzen, aber er konnte es nicht. Seine Kraft reichte nicht einmal mehr, sich aufzurichten. Hilflos, schluchzend vor Zorn und Schmerz lag er da und sah zu, wie der Quorrl Kiina tötete.
Und dann lösten sich die Pranken des Quorrl von Kiinas Hals. Langsam, ja, fast behutsam, ließ er das Mädchen zu Boden sinken, richtete sich wieder auf und kam auf Skar zu. Seine Gestalt überragte die Skars wie die eines zornigen Gottes, als er neben ihm stehenblieb und durch die dünnen Sehschlitze seines Helmes auf ihn herabsah.
»Warum wehrst du dich nicht, Satai?« fragte er.
»Ungeheuer«, flüsterte Skar. »Du verdammtes… Tier.«
»Bin ich das?« fragte der Quorrl. »Sind wir das für euch, Mensch?«
»Du… Bestie«, stöhnte Skar. »Mach mit mir, was du willst.
Laß das Mädchen in Ruhe und mach mit mir, was du willst.« »Das werde ich, Satai«, sagte der Quorrl und hob die Hände an den Helm, um ihn abzusetzen. Und eine Sekunde, ehe Skar endgültig das Bewußtsein verlor, sagte Titch noch einmal:
»Das werden wir, Satai.«
W ie zuvor gewann er das Bewußtsein nach Sekunden zurück. Seine Ohnmacht war tief und wäre zu der absoluten Hilflosigkeit vollkommener Erschöpfung geworden, aber das Entsetzen über den Anblick des Gesichtes unter dem Helm war zu groß. Sein Geist und sein Körper schrien nach der Ruhe, die er ihnen viel zu lange verweigert hatte, aber da war noch etwas in ihm, etwas das stärker war und ihn zwang, wieder wach zu werden und sich dem Unvorstellbaren zu stellen.
Er schlug die Augen auf, als zwei von Titchs Kriegern ihn hochhoben und damit begannen, sein Gesicht von Schlamm zu reinigen; mit einem Tuch, das nicht sehr viel weicher war als die Kettenhandschuhe, die sie trugen. Skar schlug die Hände der Quorrl beiseite und versuchte sich vollends aus ihrem Griff loszumachen; mit dem Erfolg, daß er um ein Haar schon wieder zu Boden gestürzt wäre, hätte nicht eine der Riesengestalten blitzschnell zugegriffen und ihn gestützt.
Skar spürte allein an der Berührung, daß es Titch war. Aus einem ebenso absurden wie schädlichen Gefühl von Trotz heraus riß Skar sich abermals los, und der gleiche Zorn gab ihm auch die Kraft, auf seinen eigenen Beinen zu stehen, wenn auch schwankend.
»Rühr mich nicht an, du Mistkerl!« fauchte er.
Titch, der schon wieder die Hand ausgestreckt hatte, um ihn zu stützen. Sein Blick war ausdruckslos. Skar suchte vergebens nach irgendeinem Gefühl in den dunklen, pupillenlosen Fischaugen des Quorrl. Titch sah ihn nur prüfend an; auf eine
Weitere Kostenlose Bücher