Enwor 10 - Die verbotenen Inseln
auch entschlossen. »Ich brauche Zeit«, sagte er.
»Zeit ist genau das, was wir nicht haben, Rowl. Ich bin ziemlich sicher, daß sie
wissen,
wo Titch und ich sind. Laß dir genug Zeit, und du brauchst nicht mehr nach Ninga zu gehen, um dich davon zu überzeugen, daß wir die Wahrheit sagen!« Er sprach lauter weiter, schrie fast: »Verdammt, Rowl, sie sind bereits auf dem Weg hierher! Titchs Männer fliehen nicht vor der Garde!« »Caran ist sicher«, beharrte Rowl. Die Worte klangen hohl wie das bedeutungslose Plappern eines Kindes, das sich selbst Mut zu machen versucht. »Keine Macht dieser Welt kann den
Wächter
überwinden«, fuhr er fort. »Frag Titch — er hat es versucht. Er und viele andere.«
»Die Ssirhaa haben den
Wächter erschaffen,
du Narr«, sagte Titch leise.
»Und selbst, wenn es nicht so wäre«, fügte Skar hinzu. »Was glaubst du, wie lange es dauert, bis sie das Wort in Erfahrung bringen? Einen Tag? Zwei? Sie sind Götter.«
»Hast du nicht gerade behauptet, genau das wären sie nicht?« »Für mich. Für Titch. Vielleicht für dich. Für viele deiner Männer werden sie es sein, wenn sie ihnen gegenüberstehen, Rowl. War Cron der einzige Quorrl außerhalb Carans, der das geheime Wort kannte?«
»Nein«, gestand Rowl widerstrebend. »Aber es gibt nicht viele. Nur eine Handvoll, und die —«
»Einer reicht«, unterbrach ihn Skar. »Du kennst die Macht der Ssirhaa nicht.«
»Ich brauche Zeit«, beharrte Rowl. »Ich… kann das nicht entscheiden. Nicht so schnell, und nicht allein. Ich muß… Erkundigungen einziehen. Mit ein paar Leuten sprechen. Und mit meinen Männern.«
»Bist du ihr Führer oder nicht?« fragte Skar.
»Das bin ich«, sagte Rowl. »Ihr
Führer,
Satai. Nicht ihr Herrscher. Ich befehlige sie nur so lange, wie
sie
es wollen. Ich kann ihnen nicht befehlen, ihre Götter zu verleugnen.«
»Dann mach ihnen klar, daß alles, was sie von ihren Göttern zu erwarten haben, der Tod ist«, erwiderte Skar. Verzweiflung begann sich in ihm breitzumachen. Er spürte, daß Rowls Selbstsicherheit gründlich ins Wanken geraten war, aber er spürte auch ebenso deutlich, daß der Bastard keinen Schritt mehr nachgeben würde. Nicht jetzt. Und wahrscheinlich hätte er umgekehrt kaum anders reagiert, wäre er an Rowls Stelle gewesen. Der Quorrl brauchte einfach Zeit, um all das zu verarbeiten, was er innerhalb der letzten Stunden gehört hatte.
Aber Zeit war genau das, was sie am allerwenigsten hatten.
Er
vor allem.
Als hätte er seine Gedanken gelesen, sagte Rowl noch einmal:
»Ich brauche Zeit. Zwei Tage, vielleicht drei.«
»So viel Zeit haben wir nicht«, sagte Titch.
»O doch, die habt ihr«, widersprach Rowl, plötzlich wieder hart, in befehlendem, herrischem Ton. »Ihr habt nichts zu befürchten. Bis ich mich entschieden habe, steht ihr unter meinem persönlichen Schutz.«
»Du hast uns dein Wort gegeben —«
»Euch am Leben zu lassen und nach Ninga zu bringen, ja«, fiel ihm Rowl ins Wort. »Ich habe nicht gesagt,
wann
ich euch dorthin bringe.«
»Skar stirbt«, sagte Titch ernst. »Und das Mädchen auch.«
»So schnell stirbt es sich nicht«, erwiderte Rowl gereizt. Er stand auf. »Kein Wort mehr jetzt! Ich werde euch meine Entscheidung wissen lassen, sobald ich sie gefällt habe. Geht jetzt!«
Skar erhob sich niedergeschlagen, während sich Titch nicht von seinem Platz rührte. »Hältst du so dein Wort, Bastard?« fragte er bitter.
Rowl starrte ihn an. Seine Augen blitzten zornig. »Du hast die Wahl,
Krieger«,
sagte er betont. »Du kannst aus freien Stücken in dein Gemach gehen, oder als Gefangener. Aber gehen wirst du. Jetzt.«
Titch hielt seinem Blick noch eine weitere Sekunde lang stand, ehe er mit einem Ruck von seinem Stuhl aufsprang und sich zum Ausgang wandte. Als Skar ihm folgen wollte, rief ihn Rowl noch einmal zurück: »Satai!«
Skar blieb stehen, und auch Titch verharrte mitten im Schritt und drehte sich mit mißtrauisch gerunzelter Stirn zu Rowl um.
Der Bastard starrte ihn an, und es war etwas in seinem Blick, was Titch bewog, nur noch eine Sekunde stehenzubleiben, ehe er abermals herumfuhr und davonstürmte.
»Auf ein Wort, Satai«, sagte Rowl, als sie allein waren.
»Was willst du wissen?« fragte Skar grob. »Ob Titch die Wahrheit sagt?«
»Nein.« Rowl schüttelte heftig den Kopf, setzte sich wieder und ließ schwer die Arme auf die Lehnen seines Sessels fallen. »Ich weiß, daß er mich belügt.« Er lächelte flüchtig, als Skar antworten
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