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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Männer, die mit mir sein aufgewachsen und die nun alle tot sind. Zehn gute Männer.«
    Zehn gute Männer.
Der Satz hämmerte in Skars Kopf, als wollte er ihn um den Verstand bringen. Wieder, wieder und immer wieder hörte er den Schrei der beiden Nahrak, die herabgestürzt waren — nein, die er meuchlings hinabgestoßen hatte — und er spürte, wie eiskalte Verachtung in ihm hochkroch und die Frage nach dem Warum in seinen Schläfen pochte, als wollte sie ihn endgültig um den Verstand bringen, ihm zuflüstern, dass er überall Tod und Vernichtung über die Menschen in seiner Nähe brachte. Und trotz der wispernden Stimme in ihm, trotz der vielen Ahnungen, die ihn mit ihrem düsteren Inhalt übergossen, trotz des wild pochenden Schmerzes, der bei dem Anblick Kiinas aufgerissen war, wusste er immer noch nicht, wohin das alles führen würde — und welche Rolle er in diesem außer Kontrolle geratenen Spiel spielte, bei dem eine erbarmungslose und erschreckend unbegreifliche Macht alle Fäden in der Hand hielt.
    »Es tut mir Leid um deine Freunde«, sagte Esanna mitten in seine Verwirrung hinein. »Ich kann… ich kann… dich verstehen.« Ihre großen dunklen Pupillen starrten irgendwo ins Nichts.
    Skar überlief es eiskalt, als er in den Blick Esannas geriet.
    Es war eine Leere in ihr, die gewaltiger war als jeder Schmerz, als jedes Entsetzen und die viel schlimmer war, als wenn sie geweint oder geschrien hätte; es war gleichzeitig kein Gefühl in ihr und doch der ganze Abgrund, in den ein Mensch stürzte, wenn er alles verloren hatte.
    »Auch ich habe… sie sind alle…«
    »Sie sind alle tot«, führte Kama den Satz fort, nachdem sie längere Zeit verstummt war.
    »Ich kann das einfach nicht… hinnehmen.« Esannas Stimme klang immer noch kalt, aber es schwang etwas anderes mit, eine Entschlossenheit und ein Hass, die alles beiseite wischten, was sonst in ihr vorgehen mochte.
    »Ich verstehe«, murmelte Kama. »Rache ist eine Speise, die man am besten kalt genießt.«
    »Was?«, fragte Esanna fassungslos.
    »Du willst Rache«, sagte Kama. »Du willst, dass die Menschen und Quorrl bestraft werden, die dir das angetan haben. Das ist verständlich. Aber es nicht richtig.«
    »Warum sollte es wohl nicht richtig sein?«, fragte Esanna leise. »Warum sollte es nicht richtig sein, die Quorrl auszulöschen, die die meinen wie eine räudige Hundemeute niedergemacht haben?«
    Kama starrte auf die Stelle im verhangenen Himmel, in der der
Frarr
verschwunden war. »Weil es einen größeren Zusammenhang gibt. Weil der Vogel den Wurm frisst.« Esannas Kopf fuhr so abrupt zu dem Nahrak herum, dass Skar schon fürchtete sie wollte sich auf ihn stürzen. »Was haben denn Vögel und Würmer mit diesen Untieren zu tun?«, schrie sie. »Was hat ein Quorrl mit einem Wurm gemeinsam?«
    Der Nahrak schwieg ein paar Sekunden, und als er zu einer Antwort ansetzte, klang seine Stimme so leise, dass ihn Skar kaum noch verstehen konnte. »Die Quorrl seien die Vögel. Die Digger…«
    »Ja?«, fragte Esanna, nachdem er nicht weitersprach.
    »Was ist mit uns Diggern?«
    Kamas Blick irrte unstet zwischen Skar und Esanna hin und her und Skar hatte das Gefühl, dass er etwas ganz Bestimmtes sagen wollte. Aber stattdessen blickte er plötzlich zu Boden und murmelte: »Die Quorrl sein die wertvollsten Verbündeten der Menschen.«
    »Wenn man dich so reden hört, könnte man glauben, die Quorrl sind frommer als eine Schar Heiliger Männer«, schnaubte Esanna. Sie schob den Saum ihres Gewands zurück und Skar wusste, was jetzt kommen würde; trotzdem war er wie gelähmt, unfähig einzugreifen oder Kama eine Warnung zuzuschreien.
    »Die Quorrl nicht sein unschuldig. Aber die Digger seien…«, der Nahrak breitete die Arme aus und das glänzende Stück Eisen in seinen Händen sah in diesem Moment aus wie ein Stein, den er in die Unendlichkeit werfen wollte, »sie seien die Werkzeuge des Todes.«
    »Ich habe dich also recht verstanden«, sagte Esanna in einem vor Erregung heiser und gepresst klingenden Tonfall, »du hältst die Quorrl für deine Verbündeten und uns Digger für die Werkzeuge des Todes?«
    »So ich haben das nicht gesagt«, behauptete er. »Ich versuchen nur zu erklären…«
    »Fahr zur Hölle mit deinen Erklärungen!«, schrie Esanna. Mit einer gleichermaßen fließenden wie schnellen Bewegung riss sie das Messer unter ihrem Gewand hervor, um es dem Nahrak ins Herz zu stoßen, getrieben von einem Zorn, von einer Verwirrung der

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