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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zerbrechlich und gefühllos über den aufgeweichten Boden staksten. Aber alles war besser, als auf dem feuchten Boden zu hocken und mitzuerleben, wie Kama Dinge aussprach, die er wohl für die Wahrheit hielt, die aber in erster Linie dazu gedacht waren, ihn und Esanna unter Druck zu setzen. Ganz nebenbei hatte er dabei begonnen, ihrer beider Leben zu sezieren und einen Bezug zwischen ihnen beiden herzustellen, eine Gemeinsamkeit anzudeuten, die Skar zwar selber unterschwellig die ganze Zeit über gespürt hatte, über die nachzudenken er aber nicht bereit war.
    »Wenn ich nicht in mein Dorf zurückkehre, werde ich nie wissen, ob nicht doch noch jemand lebt«, sagte Esanna, die einen halben Schritt hinter ihm ging und ihm doch so nah war, dass er ihre Anwesenheit auch mit geschlossenen Augen gespürt hätte.
    Skar spürte den Ernst ihrer Worte, aber auch die Verzweiflung dahinter. Aber er bemerkte gleichzeitig auch etwas anderes: eine zuerst kaum spürbare Veränderung, die sich über sie beide und das Tal legte, eine Veränderung in dem frostig kalten Luftzug, der nun plötzlich kleine Wirbel zu bilden schien, die sie wie Derwische umtanzten, und dann ein leises Säuseln, das von überall und nirgends zu kommen schien wie der Vorbote der Ankunft von irgendetwas, das sich ihnen auf eine vollkommen unbegreifliche Art zu nähern versuchte.
    Das Auffälligste aber war das Zurückweichen des Nebels. Es war so, als flöhe das feuchte Grau vor ihnen, als wiche es zurück wie vor einem Feind, dem es sich nicht gewachsen wusste und den es erst wieder zu attackieren gedachte, wenn es sich seiner Sache sicher war. Der Nebel
glitt
geradezu zurück, rasch und mit fast bewusst wirkender Zielstrebigkeit machte er den Blick frei auf das Tal, durch das sie gestern Abend gekommen waren und das sie nun auch heute wieder zu durchschreiten gedachten.
    »Der Nebel«, stotterte Esanna. »Wo ist er hin?«
    »Das«, sagte Skar, »ist eine wirklich gute Frage. Vielleicht hat ihn ja Kama gestohlen.«
    Esanna warf ihm einen Blick zu, als habe er den Verstand verloren. »Mir ist nicht nach dummen Scherzen zumute«, sagte sie dann, und es lag so viel Zerrissenheit in ihrer Stimme, dass sich Skar für seine unbedachte Antwort schämte.
    Obwohl ihr Skar erst vorgestern zum ersten Mal begegnet war — war es tatsächlich erst vor zwei Tagen gewesen? Ihm kam es wie Jahre vor —, erkannte er die vielen kleinen Zeichen in ihrer Art zu reden und sich zu bewegen deutlich genug, um zu wissen, dass sie kurz vor dem Zusammenbruch stand. Äußerlich wirkte sie ruhig, aber hinter der Maske aus Gelassenheit und Ruhe brodelte es; dessen war er sich sicher.
    Vielleicht auch deshalb, weil es ihm selber nicht viel besser ging.
    »Ich finde es nicht gut, dass Kama alleine aufgebrochen ist, um. den
Frarr
zu suchen«, sagte Esanna. »Es wäre mir lieber, er wäre mit uns gekommen.«
    Obwohl ihre Worte etwas seltsam klangen angesichts der Tatsache, dass sie noch heute Morgen alleine hatte aufbrechen wollen und wiederum kurz davor ihr Messer gegen den Nahrak gezogen hatte, nickte Skar. »Das kann ich verstehen. Ich habe zwar immer noch nicht so richtig begriffen, warum er uns hilft. Aber wenn er nicht gewesen wäre…«
    Er ließ den Rest seines Satzes unbeendet. Aber Esanna schien ihn auch so zu verstehen. »Es ist schon merkwürdig, dass die Nahrak gerade im richtigen Moment gekommen sind«, sagte sie leise. Der frische Wind riss ihre Worte auseinander, sodass sie nur bmchstückhaft an Skars Ohr drangen.
    »Ja«, sagte er nach einer Weile. »Aber das ist nicht das Einzige, was merkwürdig ist.« Und mehr zu sich selbst murmelte er: »Ich habe immer noch nicht im Geringsten begriffen, was das alles soll.«
    »Du meinst, dass Kama dir die Verantwortung für ganz Enwor aufhalsen will?«, fragte Esanna.
    Wieder nickte Skar. »Ja. So ähnlich.«
    »Und du verstehst auch nicht, wie ich da ins Bild passe?« »Ja. Auch das.« Skar deutete nach vorne. »Sieh dir das an. Ausgerechnet jetzt, zum Abend hin, klart es so schnell auf, als hätte der Frarr mit seinem Höllenfeuer die Feuchtigkeit aus der Luft gebrannt.«
    Es dauerte noch ein paar Sekunden, bis die plötzliche Veränderung so weit fortgeschritten war, dass sie mehr als nur ein paar verwaschene Schemen in der Entfernung zu entdecken vermochten. Was Skar gestern nur erahnt hatte, was er nach all den Strapazen und frischen Eindrücken des Kampfes lediglich mit dem Instinkt des Kriegers wahrgenommen hatte, der ihn auf

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