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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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das ihn nach wie vor gepackt hielt, war er doch auch voller Neugierde und gespannter Erwartung: Er wollte endlich wissen, wie Marna aussah.
    Als er den fast glühend heißen Helm ablegte, weigerte er sich einen Herzschlag lang zu begreifen, was er da sah; der Anblick kam zu unerwartet. Fassungslos starrte er in mandelförmige, dunkle Augen und ein ebenmäßiges, noch erstaunlich junges Gesicht.
    Marna war kein Mann.
    Marna war eine Frau.
    Skarissa«, stieß Skar abfällig hervor. »Ich hätte mir denken können, dass mit dir etwas nicht stimmt.«
    »Na und«, fauchte Marna. Über ihr Gesicht lief Blut und auf ihrer Stirn glänzte eine große, leuchtende Brandblase — aber sie schien das noch nicht einmal zu bemerken. »Ist es vielleicht Frauen nicht gestattet die Satai von Erfolg zu Erfolg zu führen? «
    »Wenn das hier ein Erfolg sein soll«, sagte Skar bitter und deutete hinter sich in das brennende Chaos, auf die wabernde Wand aus Hitze und alles verschlingenden Flammen, »dann möchte ich nicht wissen, was für dich ein Misserfolg ist.«
    Er packte sie an der Schulter und riss sie hoch. »Und jetzt komm mit«, sagte er grob. »Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    »Lass mich los«, fauchte sie und es stand nichts als Trotz in ihrem Gesicht geschrieben — bis sie sich von ihm losmachte und umdrehte. Ihr Gesicht verwandelte sich von einem Moment auf den anderen in eine Grimasse aus Schre-cken und Furcht. »Oh mein Gott«, stammelte sie vollkommen fassungslos angesichts des Grauens und der Zerstörung, die der
Frarr
mit seinen wenigen Angriffen angerichtet hatte. »Bei allen Göttern. Ich dachte, das
Elfte Buch
übertreibt…« Ihre Stimme zitterte und zum ersten Mal, seit Skar die Herrscherin der Satai kennen gelernt hatte, glaubte er eine Spur echter Furcht in ihren Augen zu erkennen.
    »Was hat dieses verfluchte Buch damit zu tun?«, schrie Skar sie an. Er packte sie an den Schultern und schüttelte sie. »Rede, verdammt noch mal!«
    Ein lautloses Zittern schien durch den gold gewebten Stoff ihrer Kleidung und den blutrot getränkten Brustharnisch zu fließen, wie das Beben eines verwundeten Tieres, das den Schmerz abschüttelt und sich wieder aufrichtet. »Es ist wahr… Es ist alles wahr«, stammelte sie, »das Buch ist tatsächlich der Schlüssel zu allem.«
    Ihr Gesicht lag im Schatten seines drohend vorgebeugten Oberkörpers und war nicht mehr als eine konturlose weiße Fläche, in der nur die Augen wie zwei matte Kristalle aufblitzten, und trotzdem glaubte Skar in ihnen eine solche Fassungslosigkeit zu erkennen, dass es ihn selbst schauderte.
    »Wo ist dieses Buch?«, keuchte Skar. Er unterstrich seine hastigen Worte mit einer befehlenden, schnelle Geste. »Wo zum Teufel ist das
Elfte Buch!«
    Marnas mandelförmige Augen wandten sich ihm wieder zu. Es stand Entsetzen in ihnen, aber auch etwas anderes: die Entschlossenheit die Situation zu ihren Gunsten zu entscheiden, mochte sie auch noch so verzweifelt erscheinen. »Es ist nicht hier«, sagte sie rasch, aber mit vor Aufregung zitternder Stimme. »Ich habe es nach Nemesis bringen lassen.«
    Ihr Blick irrte an Skar vorbei zu dem großen Tempel hinter ihnen, von dem sie höchstens noch fünfzig Schritte entfernt waren, wanderte nach links und blieb an einem kleineren, aber geradezu strahlend gestalteten Nebengebäude hängen. Ihr Gesicht wirkte noch immer bleich vor dem Hintergrund des bislang von den Flammen verschont gebliebenen Tempels — doch ihre Mundwinkel zogen sich plötzlich abfällig und voller Verachtung zusammen.
    »Es ist im Tempel«, brüllte Skar, dem ihr verstohlener Blick nicht entgangen war. »In diesem gottverdammten Tempel!« Er packte sie am Arm und schleifte sie mit sich, raus aus dem flammenden Inferno und direkt auf das Portal der Tempelanlage zu, vor dem wie gezirkelt angelegte Blumenbeete davon kündeten, dass hier ein beschauliches Leben mit großer Sorgfalt und Liebe zum Detail gepflegt wurde — normalerweise. Doch davon konnte im Moment überhaupt nicht die Rede sein. Überall schwelte und brannte es und der Gestank glimmenden Leders und angekokelter Kleidung vermischte sich mit dem Odem der Feuersbrunst, deren Ausläufer bis in die Vorgärten des Tempels geschlagen waren und die heilige Ordnung der liebevoll gepflegten Pflanzen und Blumen von einer Sekunde auf die andere in ein zerknicktes und unansehnliches Durcheinander verwandelt hatte.
    Marna hätte ihr Schwert ziehen und ihn angreifen können, aber sie war zu klug

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