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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nun war er wieder hier.
    Und er wusste nicht einmal, warum.
    Er hatte dieses neue, geschenkte Leben nicht gewollt.
    Und er war nicht freiwillig hier. Jemand hatte ihn geschickt. Doch welches Wesen — gleich ob Mensch oder Gott — hatte die Macht, dem Tod zu trotzen?
    Skar zog den Heiligen Ring der Errish aus dem Gürtel, schob ihn sich nun doch auf den Finger — den einzigen, auf den er passte: den kleinen Finger der linken Hand — und betrachtete dann sehr nachdenklich genau diese Hand. Etwas stimmte nicht damit. Sie sollte nicht da sein. Er selbst hatte sie sich abgeschnitten, um sich des Sklavenarmbands zu entledigen, das ihn gefangen hielt. Er sah jedoch nicht einmal die winzigste Narbe. Seine Hand war unversehrt. Er bewegte die Finger und stellte keinen Unterschied zu seiner rechten Hand fest. Wer immer ihn hierher geschickt hatte, hatte ihm nicht nur das Leben zurückgegeben, sondern auch die Unversehrtheit seines Körpers.
    Er ließ die Hand wieder sinken, drehte sich um und ging mit langsamen Schritten zurück in die Tempelfestung. Nun, wo er sich wieder an alles erinnerte, wusste er auch, wie er hier heraus und an die Oberfläche kam. Dort würde er die Antworten auf alle Fragen finden.
    Er war nicht sicher, ob sie ihm gefallen würden.
    Skar hatte die Kälte schon gespürt, lange bevor er das Tageslicht sah, das sich in die mattgrüne Helligkeit mischte, die die unterirdische Tempelfestung erfüllte: ein am Anfang sachter, aber unangenehmer Hauch, der rasch zu einem Prickeln und bald darauf zu wirklicher Kälte wurde, deren Intensität genau auf den schmalen Grat zwischen unangenehm und wirklich schmerzhaft pendelte. Als er endlich ins Freie trat, blinzelte er in die unerwartete Helligkeit hinaus und er war — gelinde gesagt — irritiert. Am Morgen war seine größte Sorge die gewesen, nicht in der Sonnenhitze zu verbrennen.
    Hier oben lag Schnee.
    Nicht besonders viel und längst nicht überall — die zer-borstende Landschaft aus Mauerresten, Trümmern und kümmerlichem blassem Buschwerk, die sich vor ihm ausbreitete, war mit unregelmäßigen schmutzig weißen Flecken gesprenkelt, die zu einem Großteil bereits zu schmelzen begonnen hatten —, aber es hatte geschneit und in der Luft lag noch ein Hauch der beißenden Kälte, die diesen Schnee hervorgebracht hatte. Eigentlich, dachte Skar, war das unmöglich.
    Aber das galt schließlich nicht nur für die Temperaturen hier.
    Was er sah, war im Grunde noch viel unwahrscheinlicher.
    Die Tempelfestung der Quorrl lag in Trümmern. Rowl und seine Bastard-Krieger hatten Wort gehalten und buchstäblich keinen Stein auf dem anderen gelassen. Die stolzen Mauern und Kuppeln waren geschleift, die dem Himmel trotzenden Türme eingestürzt, Wehrgänge und Dächer zertrümmert. So weit sein Blick reichte, sah er nur Ruinen und Chaos. Aber wie war das möglich? So wie das unterirdische Labyrinth war auch die Tempelfestung der Quorrl eine Hinterlassenschaft der Alten, die diese Welt erschaffen hatten, und so wie sie bestanden ihre Mauern aus Sternenstahl, einem Metall, das zu Recht als unzerstörbar galt. Nicht einmal das Sternenfeuer, das Elay verbrannt hatte, hätte diesen Mauern etwas anhaben können. Aber etwas hatte sie zerstört.
    Skars Phantasie kapitulierte vor der Aufgabe sich die Gewalten vorzustellen, die notwendig wären, um eine solche Verheerung anzurichten. Magie, zweifellos. Dass er nicht an Magie glaubte, bedeutete nicht unbedingt, dass er ihre Existenz vollkommen ausschloss. Es war alles eine Frage des Standpunkts.
    Außerdem gab es Dinge, die wollte er gar nicht so genau wissen…
    Er machte einen vorsichtigen Schritt hinaus aus der halb zerschmolzenen Türöffnung, in der der Treppenschacht geendet hatte, und sah sich aufmerksam um. Er befand sich im vorderen Teil dessen, was von der Tempelfestung übrig geblieben war. Kaum ein Dutzend Schritte neben ihm zerbarst das Wasser des Flusses an einer Riffbarriere, um dann brüllend in die Tiefe zu stürzen. Diese Riffe waren neu. Das Wasser hatte Millionen und Abermillionen Jahre Zeit gehabt jedes Hindernis abzuschleifen und zu polieren, doch irgendeine unvorstellbare Gewalt —zweifellos die gleiche, die die Tempelfestung zerstört hatte — hatte den Flussgrund aufgebrochen und diese neue Barriere aufgetürmt. Das Wasser würde vielleicht wieder eine Million Jahre brauchen, um sie niederzureißen, vielleicht auch hundert; den Unterschied zwischen einem und hundert Lidschlägen in der

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