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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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damals, und er spürte sie auch heute noch. Irgendetwas war geschehen, in diesen letzten Tagen seines Lebens, das unter Dels Schwert sein Ende gefunden hatte. Er hatte die schimmernde Wand aus Wasser gesehen, die mit ungeheurer Wucht über den Rand des Sturzes von Ninga schoss, an ihm vorbei in eine unglaubliche Tiefe, um Meilen unter ihm mit explosiver Wucht auf hartem Gestein aufzuschlagen — aber er hatte sie von
hinten
gesehen! Irgendwie war er in den riesigen unterirdischen Komplex hinter den gewaltigen Wasserfall gelangt, der das unglaubliche Geheimnis Enwors barg und gleichzeitig den Schlüssel zu seinem Untergang…
    Dann verlosch das Bild wieder. Er hätte in diesem Moment seine rechte Hand dafür gegeben, wieder tiefer in seine Vergangenheit einsteigen zu können. Aber der Zugang zu seinen gerade noch so lebhaften Erinnerungen glitt weiter zu, kaum dass er sich einen Spalt weit geöffnet hatte.
    Mit einer missmutigen Kopfbewegung schüttelte er die Erinnerung ab. »Jetzt weißt du plötzlich doch Einzelheiten?«, fragte er so ärgerlich, als sei Esanna am Versagen seines Gedächtnisses Schuld. »Wie kommt das? Gerade noch hast du mir gesagt, dass du das
Elfte Buch
nicht weiter kennen würdest.«
    »Das stimmt ja auch«, antwortete Esanna rasch. »Es sind nur… nur ein paar Brocken der Überlieferung. Wenn du mehr wissen willst, musst du dich an die Satai wenden, die… die
seine
Lebensgeschichte aufschreiben.«
    »Vielleicht habe ich dazu bald Gelegenheit«, murmelte Skar. Er war sich nicht sicher, ob Esanna wirklich die Wahrheit sagte und nur ein paar Brocken der alten Überlieferung kannte, die sie das
Elfte Buch
nannte — in logischer Reihenfolge, da die ihm bekannte Geschichtsschreibung Enwors in den Heiligen Zehn Büchern zusammengefasst worden war, geführt von den
Ehrwürdigen Frauen,
den
Errish,
und gehütet von ihrem Oberhaupt, der
Margoi.
»Wobei ich allerdings nicht ganz verstehe, was die Satai mit dem Verfassen heiliger Bücher zu tun haben. Ihr Handwerkszeugs war bislang eher das Schwert als Schreibzeug.«
    »Heilige Bücher…«, wiederholte Esanna verstört. »Vielleicht sind es ja doch nur lauter alte Legenden. Genauso wie ihre Drachen…«
    »Die
Daktylen«,
half ihr Skar aus und von einem Moment auf den anderen kehrte die Erinnerung zurück:
In der Höhle befanden sich die Kadaver von mehr als einem Dutzend Drachen. Die meisten waren zu Boden gestürzt, aber einige standen auch aufrecht da, in absurden Stellungen eingewoben in die Fäden des schwarzen Netzes, das die Höhle in ein Labyrinth sich überschneidender Fäden und dunkler Klumpen verwandelte. Kiina hob die Hand und deutete auf eine titanische Echse, die halb zusammengebrochen, halb auf den Hinterläufen stehend, in einem Gewirr schwarzer, schenkelartiger Netzfäden hing: Die Augen des gewaltigen Staubdrachens der Margoi, der mächtigen Herrscherin der Errish, strahlten noch im Tode Wildheit aus…
    »Ja, genau. All das ist doch längst vergangen — wenn es denn überhaupt wirklich existiert hat.«
    …
Das Gesicht der Margoi war ein Totenschädel, kahl, bedeckt mit rissiger Pergamenthaut und von eiternden Wunden entstellt. Eines der Augen der Margoi war blind, überzogen von einem milchigen Netz, und der Mund hinter den entzündeten Lippen hatte keine Zähne mehr.
    »Großer Gott!«, wimmerte Kiina. »Was ist mit Euch geschehen?«
    Der Totenschädel der Margoi verzerrte sich zu einer Grimasse, die wohl der Versuch eines Lächelns sein sollte. »Wir haben bekommen, was wir… verdient haben.«
    Fast gegen seinen Willen riss sich Skar aus der Erinnerung zurück. »Das ist mir neu«, sagte er schließlich leise.
    Dass die heilige Geschichtsschreibung von den
Ehrwürdigen Frauen
auf die Satai übergegangen sein sollte, verwirrte ihn fast noch mehr als der Umstand, dass die
Errish
in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sein sollten. Den Niedergang der Errish hatte er schließlich zum größten Teil noch selber miterlebt…
Ein Teil des Netzes stürzte brennend im hinteren Drittel der Höhle zusammen und Skar spürte das Beben, das durch den Körper des toten Staubdrachens ging, an dem die Margoi lehnte. »Ich war feige«, sagte die sterbende Herrscherin. »Ich ließ mein Volk im Stich, statt mit ihm zu sterben, wie es meine Pflicht gewesen wäre. Zwei Tage und Nächte blieb ich hier unten und als ich zurückkam, da… da gab es kein Elay mehr.«
    Das Bild, das Skar so greifbar deutlich vor sich sah, verschwamm und machte etwas

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