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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war.
    Aber wenn Skar an andere Frauen in seinem Leben zurückdachte, die ihm einst eine Menge bedeutet hatten —etwa an Coar, die Stadtkommandantin von Cearn, oder an Gowenna, die Mutter Kiinas —, dann war das aus seiner jetzigen Sicht doch nicht viel mehr als die Erinnerung an einen fernen schönen Frühlingstag. Und Esanna wollte damit konkurrieren?
    Unsinn. Das Mädchen bedeutete ihm nichts und würde ihm auch nie etwas bedeuten. Er hatte ja nicht einmal eine Ahnung, wie lang das ihm geschenkte neue Leben sein würde und überhaupt sein konnte; möglicherweise würde er schon in ein paar Wochen in eine sabbernde, alte Hülle zusammensacken, selbst wenn ihn nicht vorher ein Pfeil durchbohren oder ein Schwert tödlich verletzen würde.
    Ganz schwach nur streifte ihn der Gedanke, dass gerade deshalb dieser eine Moment so kostbar war, dass ihm vielleicht nur diese eine Chance blieb, das Leben zu fassen.
    Aber er schwieg. Seine Brust schien unter dem Druck der nicht gesprochenen Worte zerbersten zu wollen und ein, zwei Herzschläge lang war er versucht Esanna einfach wieder in den Arm zu nehmen und einer Leidenschaftlichkeit freien Lauf zu lassen, die sich im Hier und Jetzt ausleben wollte.
    Das Mädchen schien zu spüren, was in ihm vorging, wandte sich wortlos um und ging mit langsamen, kraftlosen Schritten zum Feuer. Ohne ihm noch einen Blick zu schenken, warf sie zwei, drei der Holzscheite nach, die Skar am Abend vorausschauenderweise neben dem Feuerplatz aufgeschichtet hatte, und stocherte in der Glut herum, um sie wieder in Gang zu setzen.
    Skar ließ sich neben Esanna am Feuer nieder und trank einen Schluck kristallklar schmeckenden Wassers aus seinem Wasserschlauch, den er vor ihrem Aufstieg zur Höhle noch an einem kleinen Bach gefüllt hatte. Die kalte Flüssigkeit tat ihm gut und brachte seine Lebensgeister einigermaßen zurück. Trotzdem war er sich fast schmerzhaft bewusst, dass nichts war, wie es sein sollte.
    »Was ist mit den
Ehrwürdigen Frauen,
mit den
Errish
geschehen?«, fragte er schließlich.
    »Ich… ich weiß es nicht.« Esanna wirkte noch immer aufs Äußerste verwirrt. »Ich bin weder Satai noch Schriftgelehrter, aber soviel ich weiß — es soll unter den Satai noch einige wenige
Errish
geben, erzählt man sich. Ob da etwas dran ist, weiß ich natürlich nicht.«
    Und so, wie sie es sagte, war es ihr auch egal. Sie starrte die ganze Zeit über ins Feuer und vermied es, auch nur einen einzigen Blick in seine Richtung zu werfen.
    »Was hast du morgen vor?«, fragte sie in das Prasseln der Flammen hinein.
    »Ich werde mich auf den Weg zu Marna machen«, sagte er.
    »Und du erwartest, dass ich dich begleite?«
    »Ja. Nein. Ich weiß nicht.« Skar fingerte in seinem Waffengurt aus gegerbter Reptilienhaut herum, in den er Esannas Messer hatte verschwinden lassen und legte es neben ihr auf den Boden. »Hier«, sagte er. »Du wirst es brauchen, fürchte ich. So oder so.«
    Sie warf ihm einen raschen Seitenblick zu. »Du vertraust mir?«
    »Ja.« Diesmal blieb er bei der einfachen Antwort.
    »Warum? Nur weil du mich geküsst hast?«
    »Nein.« Skar legte den Kopf in den Nacken und starrte in die verrußte Höhlendecke hinauf. Mit einem Mal merkte er, wie müde er war. Müde und zerschlagen, als hätte er eine fürchterliche Anstrengung hinter sich. Aber das war es ja auch gewesen: Der Kampf gegen die Quorrl, der Aufstieg bei Nacht und Nebel, der ihn mit instinktiver Zielsicherheit hierher geführt hatte und schließlich diese quälenden Visionen (oder was sonst immer es gewesen war) und die Auseinandersetzung mit Esanna.
    »Warum dann?«, hakte sie nach, nachdem sie das Messer wieder unter ihrem Gewand hatte verschwinden lassen.
    »Weil es jetzt keinen Sinn mehr haben würde, wenn du mich als deinen Feind betrachten würdest«, sagte Skar. »Nicht, nachdem du begriffen hast, dass unsere Begegnung kein Zufall war und dass wir eine gemeinsame Aufgabe zu erfüllen haben.«
    Esanna stocherte weiter in der mittlerweile bereits entfachten Glut herum, bis Funken stoben. In dem flackernden Licht wirkte ihr bleiches Gesicht fast so durchscheinend wie das einer der teuren bemalten Glaspuppen, wie sie vor einer Ewigkeit von reisenden Händlern auf dem Markt von Besh an die Töchter reicher Häuser verkauft worden waren. Es war etwas Unnatürliches an ihr, fand Skar in diesen Sekunden, etwas, dass so gar nicht zu einem ungehobelten Haufen verrückter Digger passte.
    »Ich glaube, du siehst irgendjemanden

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