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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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du dich dann daran erinnerst, daß du mir dein Leben schuldest, Satai.«
    Etwas schien in ihm zu zerbrechen, als er diese Worte aussprach. Das Flackern in Dels Augen erlosch, und für einen Moment war alles, was Skar in seinem Blick las, Verblüffung und ungläubiges Staunen. Dann machte der Ausdruck einem anderem Platz, etwas, das Skar mehr traf als alles, was vorher geschehn war.
    »Ich ... werde es tun, Skar«, sagte er stockend. Er riß Skar den Zügel aus der Hand, stieß dem Tier rücksichtslos die Sporen in den Leib und preschte los, gefolgt von seinen vier Begleitern.
    Skar sah ihm nicht nach. Lange, bevor Del die jenseitige Grenze der Lichtung erreichte und zwischen den ersten Bäumen verschwand, drehte Skar sich um und ging zu seiner Hütte zurück.
    Der Schmerz, auf den er wartete, kam nicht, und dort, wo Trauer sein sollte, schien nur Leere zu sein, als hätte der Hieb, den er erhalten hatte, selbst dieses Gefühl abgetötet. Gebückt trat er durch den Eingang seiner Hütte, wankte zu seinem Lager und ließ sich schwer auf die Knie fallen. Er versuchte zu denken, an irgend etwas Sinnloses zu denken, nur um die Leere hinter seiner Stirn zu vertreiben, aber es ging nicht.
    Es dauerte lange, bis er merkte, daß er nicht mehr allein war.
    Ein Schatten war ihm gefolgt und hatte sich lautlos neben der Tür niedergelassen. Er wußte, daß es El-tra war.
    »Warum hast du das getan?« fragte der Sumpfmann.
    »Was?«
    El-tra machte eine Geste in die Richtung, in der Del verschwunden war. »Deine letzten Worte, Skar. Ich habe sie gehört, doch ich verstehe sie nicht.«
    Skar lächelte bitter. »Es hätte wenig Sinn, sie dir erklären zu wollen, El-tra«, sagte er.
    »Du weißt, daß er dich dafür verachten wird.«
    Skar nickte. »Vielleicht war es das, was ich wollte, Bruder. Es war ... leichter für ihn, so.«
    El-tra schwieg eine Weile. »Leichter ...« wiederholte er. »Du sprichst in seltsamen Ton von einem Mann, der dich töten wird, wenn du ihm die Gelegenheit dazu gibst.«
    »Vielleicht wird er es tun«, bestätigte Skar. »Aber ihn trifft keine Schuld daran. Sowenig wie dich oder mich oder irgendeinen. Vielleicht...« Er stockte, ballte hilflos die Fäuste und sprach mit veränderter Stimme weiter: »Verzeih, El-tra. Ich fürchte, ich rede einen ganz schönen Blödsinn daher.«
    »Es macht nichts, Bruder. Ich weiß, was du fühlst. Auch ich habe einen Bruder verloren, vergiß das nicht.«
    Einen Bruder ... War Del ein Bruder für ihn gewesen? Wohl kaum. Manchmal, vor allem in den ersten Jahren, die sie zusammen gewesen waren, hatte er sich fast wie ein Vater gefühlt, aber dieses Gefühl war bald erloschen und hatte etwas anderem, viel Komplizierterem Platz gemacht, etwas, über das er eigentlich bis heute nicht wirklich nachgedacht hatte. Selbst als er in Velas Gefangenschaft gewesen und mit Del geredet hatte, hatte er es noch nicht wirklich geglaubt. Ja, er hatte etwas verloren, aber er hätte in diesem Moment nicht sagen können, was. Nur das Gefühl des Verlustes war da. Es war da, und es war groß, und es war schrecklich.
    »Vielleicht ist es besser, wenn ich dich jetzt allein lasse«, murmelte El-tra.
    Skar hörte es nicht einmal.
    G owenna kehrte nach Mitternacht ins Lager zurück. Skar hatte den Rest des Tages in seiner Unterkunft verbracht und war nur einmal aufgestanden, als Kor-tel hereinkam und die Verbände an seinen Beinen wechselte. Er hatte die Wunden gesehen, die der gläserne Tod geschlagen hatte — unzählige schmale, wie mit dünnen Dolchen gezogene Schnitte, die teilweise bis auf den Knochen gingen — aber der Anblick hatte ihn kaum berührt; der Schmerz in seinem Inneren war schlimmer. Lange nach Sonnenuntergang war er eingeschlafen, und es war —anders, als er erwartet hatte — ein tiefer und traumloser Schlaf gewesen, als wäre sein Geist selbst zum Träumen zu erschöpft, erschöpft von dem Kampf, der in seinem Inneren stattgefunden hatte.
    Donnernder Hufschlag weckte ihn. Er fuhr auf, für einen Moment desorientiert und hilflos. Durch die dünnen Wände der Hütte drangen aufgeregte Stimmen: das Organ Gowennas, aber auch Worte in der kehligen schnellen Sprache der Sumpfleute, dazwischen das unruhige Stampfen von Pferden und das Klirren von Geschirr.
    Er stand auf, warf sich die Decke, unter der er geschlafen hatte, wie einen Mantel um die Schultern und verließ die Hütte.
    Die Lichtung war vom Schein zahlreicher Fackeln erhellt. Skar schätzte, daß etwa dreißig bis

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