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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kristall zu bestehen, und als Skars Pferd einmal versehentlich auf einen der kniehohen Büsche trat, zersprangen die Blätter wie poröses Glas und zerfielen zu pulverigem, glitzerndem Staub. Skar wandte sich an einen seiner Bewacher und erkundigte sich nach den Kristallgewächsen, bekam jedoch nur ein Kopfschütteln zur Antwort. Aber die Zahl und Größe der Kristallgewächse nahm zu, je weiter sie nach Süden kamen, und schließlich waren es keine kleinen vereinzelten Büsche mehr, sondern gewaltige, baumgroße Ansammlungen schimmernder Glasdolche und —speere.
    Ist es Zufall, dachte Skar, daß hier alles zu Glas und glitzernder Starre gefroren ist? Oder haben die Götter diesen Effekt beabsichtigt, um ihnen irgend etwas, irgend etwas, das sie vielleicht niemals begreifen würden, zu sagen?
    Er fand keine Antwort auf diese Frage, wie auf so viele andere nicht, und nach einer Weile vergaß er sie wieder. Sie ritten nicht sehr schnell, aber stetig, nach Süden und wichen nur einmal kurz von ihrem eingeschlagenen Kurs ab, um einem mächtigen, undurchdringlich erscheinenden Wald der blitzenden Kristallbäume auszuweichen. Erst lange, nachdem die Sonne den Zenit überschritten hatte, tauchte ein Schatten vor ihnen am Horizont auf, wuchs langsam zu einem dunklen See aus Grau und Schwarz und gelegentlich aufblitzenden Lichtreflexen heran.
    Skar fuhr aus dem erschöpfen, schon halb schlafenden Dämmerzustand hoch, in den er im Lauf des Nachmittages verfallen war, als Tantor neben ihm aufauchte. Der Zwerg hatte sein rotes Cape gegen eine entsprechend kleinere Ausgabe der schwarzen Lederharnische ausgetauscht und unterschied sich nun nur noch in Größe und Statur von seinen Kriegern. »Wir sind da«, sagte er. »Denke daran, was ich dir gesagt habe.«
    Skar sah neugierig nach vorn. Er hatte mit einer Festung gerechnet, einer zerfallenen Stadt oder einer Ansammlung gewaltiger, geborstener Türme, aber vor ihm lag ein gähnender Krater, ein rundes, wie ausgestanzt wirkendes Loch in der glitzernden Panzerhaut Tuans, wo der Boden über einen Hohlraum zusammengebrochen und so einen fast hundert Manneslängen messenden Schacht gebildet hatte. Seine Ränder waren scharf, wie abgeschnitten, und eine schräge, gut zehn Fuß messende Rampe führte in einer weit gezogenen Spirale bis zu seinem Grund hinab. Skar sah weder Wächter noch irgendein anderes Anzeichen von Leben, aber die Wände des Kraters, der sich nach unten verjüngte und in einem gewaltigen Schuttberg endete, waren mit zahllosen Öffnungen und Eingängen übersät; ein unterirdisches Labyrinth, ein gewaltiger Ameisenbau, in dem sich eine ganze Armee verbergen konnte, ohne daß man eine Spur von ihr entdeckt hätte. »Irgendwie paßt das zu dem Bild, das ich von euch habe«, murmelte er, während er neben Tantor in die Tiefe ritt. Der Wind blieb über ihnen zurück, und es wurde merklich wärmer. Ein schwacher Geruch von Alter und Verfall wehte zu ihnen empor. »Ein Rattenloch.«
    Tantor lachte leise. »Hüte deine Zunge, Satai«, sagte er amüsiert. »Sonst könnte es sein, daß dich die Ratten auffressen.«
    Skar schnitt eine Grimasse, schwieg aber. Er wußte nicht, ob er Tantor vertrauen konnte. All das, was der Zwerg ihm erzählt hatte, konnte wahr sein — es konnte aber auch ein weiterer Trick sein, um sein Vertrauen zu erschleichen.
    »Was machst du eigentlich, wenn ich Vela von unserem kleinen Gespräch erzähle?« fragte er so leise, daß nur Tantor und nicht die vor und hinter ihnen reitenden Krieger die Worte verstehen konnten.
    Tantor schwieg einen Moment. »Ich werde es leugnen, denke ich«, sagte er dann. »Obwohl es mir wohl nicht viel nutzen würde. Aber dir auch nicht. Und nun schweig. Auch diese Wände haben Ohren.«
    »Wo?« fragte Skar mit einem demonstrativen Rundblick.
    Tantor warf ihm einen wütenden Blick zu. »Dein Sinn für Humor ist manchmal recht eigentartig, Satai«, murmelte er. »Sieh hinunter auf den Grund des Kraters. Vielleicht dämpft das deinen Übermut ein wenig.«
    Skar gehorchte. Im ersten Moment erkannte er nichts außer Bergen von Schutt und zerborstenem Fels, durchsetzt mit einem Diadem glitzernder Glasnester. Dann erkannte er, was Tantor ihm hatte zeigen wollen: Am Fuße der Rampe, flankiert von vier von Velas Kriegern, stand eine Gestalt, ein sieben Fuß großer, breitschultriger Hüne, gekleidet in einen bodenlangen schwarzen Umhang, knielange Hosen und einen knapp sitzenden Lederharnisch. Das Tschekal an seiner Seite

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