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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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blitzte unter den schräg einfallenden Strahlen der Sonne wie ein gefangener Lichtstrahl. Auf dem Haupt des Riesen saß ein wulstiger, stachelbewehrter Helm, aber das Gesichtsvisier war hochgeschoben, und Skar bildete sich trotz der Entfernung ein, seine Züge zu erkennen. Sein rechter Arm war bandagiert und hing in einer Schlinge.
    »Nun?« fragte Tantor, nachdem Skar eine Zeitlang stumm zu der Gestalt hinabgestarrt hatte. »Du lachst ja gar nicht mehr? Wo bleibt dein Humor, Satai?«
    Skars Bewegung war zu schnell, als daß selbst Tantor noch hätte reagieren können. Er fuhr im Sattel herum, riß den Zwerg mit einer spielerischen Geste hoch und hielt ihn mit ausgestreckten Armen in der Luft. »Ich habe noch mehr davon, als du glaubst«, knurrte er. »Zum Beispiel fände ich es ungeheuer komisch, dich jetzt einfach loszulassen.«
    Tantor begann zu kreischen. Unter seinen strampelnden Beinen lag ein fast hundert Fuß tiefer Abgrund. Wenn Skar ihn losließ, würde er mit Sicherheit von der Rampe fallen und in die Tiefe stürzen.
    »Hör auf!« keuchte er. »Du bist irre!«
    Skar lachte, setzte den Zwerg mit einem schmerzhaften Ruck in den Sattel zurück und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter, der ihn um ein Haar wieder vom Rücken seines Tieres geschleudert hätte. Mit einem neuerlichen, verzweifelten Kreischen krallte sich der Zwerg in der Mähne des Pferdes fest, angelte mit den Füßen nach den Steigbügeln und richtete sich mühsam auf.
    »Dir werden die Scherze schon noch vergehen, Skar«, giftete er. »Rascher, als du glaubst. Warte, bis du dem Drachen gegenüberstehst.«
    Skar ignorierte ihn und sah weiter zu Del hinab. Der junge Satai stand reglos wie eine Statue am Fuß der Rampe und erwartete ihr Näherkommen. In Skar krampfte sich irgend etwas zusammen, ein Gefühl, als würde eine Stahlfeder gespannt, mit jedem Schritt, den sie näher kamen, mehr. Er hatte gewußt, was ihn erwartete, und er hatte geglaubt, darauf vorbereitet zu sein. Aber wie so oft war es eine Sache, über einen Schrecken nachzudenken, und eine andere, eine ganz andere, mit ihm konfrontiert zu werden.
    Seine Attacke auf Tantor war nichts als eine Reaktion darauf gewesen, ein stummer optischer Schrei der Hilflosigkeit und Wut. Es kostete ihn unendliche Mühe, seinen Blick von der Gestalt am Fuß der Rampe zu lösen und sich im Sattel herumzudrehen. Er hatte während des gesamten Rittes wenig mehr als einen flüchtigen Blick auf Gowenna oder die beiden Sumpfleute erhäschen können, und selbst jetzt noch ritt zwischen ihm und Gowenna fast ein Dutzend Krieger. Er konnte Gowennas Gesicht nicht erkennen, aber er sah, daß sie müde und weit nach vorn gebeugt im Sattel hockte und offenbar alle Mühe hatte, sich überhaupt noch aufrechtzuhalten.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte Tantor, als er seinen Blick bemerkte. »Ihr geschieht nichts. Und auch diesen beiden Schlammfressern nichts — solange du vernünftig bist und tust, was man von dir verlangt, versteht sich.«
    Skar drehte sich wieder herum, sah zuerst Tantor, dann Del, und dann wieder den Zwerg an. Er sprach kein Wort, aber etwas in seinem Blick brachte Tantor dazu, sein Pferd ein wenig weiter zur Seite zu lenken, obgleich er dadurch dem Abgrund bedrohlich nahe kam.
    Sie erreichten den Fuß der Rampe, und die Krieger, die bisher vor und hinter Skar geritten waren, bildeten einen weit auseinandergezogenen Kreis um ihn herum. Gowenna und El-tra blieben weiter im Hintergrund.
    In Skars Mund machte sich ein übler Geschmack breit. Er war plötzlich ruhig, ganz ruhig, aber es war keine entspannende Ruhe, sondern jene angespannte Gelassenheit, die ihn normalerweise vor einem Kampf überkam — seine Nerven schienen wie Stahlsaiten zum Zerreißen angespannt, und er sah plötzlich jedes noch so winzige Detail seiner Umgebung mit übernatürlicher Klarheit.
    Die Reihe der Reiter vor ihm teilte sich, und Del trat, flankiert von seinen vier Begleitern, in den Kreis.
    Mit raschen Schritten näherte er sich Skar, blieb dicht vor ihm stehen und machte eine Bewegung mit der Linken. »Steig ab.«
    Skar fuhr beim Klang seiner Stimme zusammen, als hätte er einen Schlag erhalten. Sein Blick saugte sich an Dels Gesicht fest, und was er sah, war schlimmer als alles, was er erwartet hatte. »Del«, keuchte er stockend, »du —«
    »Steig ab, Skar«, unterbrach ihn Del hart. »Reden können wir später. Vela erwartet dich.«
    Skar blieb noch sekundenlang reglos sitzen, ehe er —

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