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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fügte sie mit einem Blick auf Mork, der ihrer Unterhaltung mit unbewegtem Gesicht folgte und immer wieder nervös zu den Echsen hinüberstarrte, hinzu.
    »Und ihr redet mit ihnen?«
    »Nein.« Legis atmete hörbar ein. »Es ist kein Reden. Es ist...«
    Sie brach ab, starrte einen Herzschlag lang zu Boden und schüttelte den Kopf. »Ich müßte euch töten«, sagte sie plötzlich. »Niemand darf dieses Geheimnis kennen. Kein Quorrl und kein Satai, niemand, der nicht der Kaste der
Errish
angehört.«
    »Vielleicht müßtest du das«, sagte Mork ungerührt. »Aber du hättest uns auch dafür töten müssen, daß wir überhaupt hierhergekommen sind. Und wenn wir versagen, spielt es ohnehin keine Rolle mehr, ob euer großes Geheimnis gelüfet ist oder nicht.
    Dann wird es nämlich bald keine Satai und Quorrl mehr geben.
    Und auch keine
Errish.«
    »Ich kann euch nicht erklären, was es ist«, sagte Legis leise.
    »Wir wachsen zusammen mit unseren Echsen auf, und wenn sie sterben, dann sterben auch wir. Es ist, als wären wir eins — ein Wesen in mehreren Körpern. Ihr Schmerz ist unser Schmerz, und unsere Empfindungen sind ihre. Sie ...« Ihre Stimme versagte. Plötzlich und ohne Warnung begann sie zu weinen; ein krampfhaftes, mühsam zurückgehaltenes Schluchzen zuerst, das nach Sekunden von hemmungslos fließenden Tränen abgelöst wurde.
    »Du hast recht, Skar«, schluchzte sie. »Aber du ... du weißt nicht, was es bedeutet.« Sie verbarg das Gesicht in den Händen. Ihre Schultern zuckten. »Er ist hier«, sagte sie. »Irgendwo dort vorne. Ich ... kann ihn spüren.«
    »Wer ist
hier?« fragte Mork betont.
    »Cariot«, antwortete Legis. Sie sah auf, schluchzte noch einmal und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, um die Tränen fortzuwischen. Der Moment der Schwäche war vorüber, und sie hatte sich wieder in der Gewalt. »Mein Drache«, fügte sie erklärend hinzu. »Er ist irgendwo hier, bei den anderen. Ich fühle ihn. Aber er ist nicht mehr der, der er war.«
    »Die gleichen Worte, die du über die Margoi gesagt hast«, meinte Skar. »Nicht sie hat sich verändert, sondern ihr Tier. Wie deines. Sie kann eure Gedanken nicht unter ihren Willen zwingen, aber die der Drachen. Und die meisten von euch merken es nicht einmal. Wie viele waren es, die mit euch geflohen sind?«
    »Dreißig«, antwortete Legis stockend. »Wenig mehr als zwanzig kamen lebend draußen in der Wüste an.«
    »Dreißig von wie vielen? Dreihundert?«
    Legis verneinte. »Es gibt nicht mehr viele
Errish,
Skar. Das Volk der Drachen stirbt, und mit ihm die
Errish.
Als wir flohen, waren hundert von uns hier.«
    »Und die dreißig besten mußten fliehen«, sagte Skar nachdenklich. »Die, die ihr hätten gefährlich werden können.«
    »Nicht die besten, Skar«, widersprach Legis leise. »Ich war nie eine wirklich
gute Errish.«
Sie lächelte traurig. »Ich habe es niemals wirklich geschafft, mit Cariots Geist zu verschmelzen, nicht wirklich. Wir waren niemals
wirklich
eins. Und auch die anderen nicht. Es war eher ... andersherum. Die guten, die wirklich
guten Errish
verfielen ihr zuerst. Unsere Macht ist die Macht über die Drachen, du hast recht. Aber es ist auch unser Fluch. Ich wollte es nicht wahrhaben, keiner von uns wollte es wissen, und wir haben die Wahrheit verleugnet, aber gerade unsere Stärke war es, die Vela den Weg ebnete.«
    »Und Laynanya?«
    »Oh, sie ist mächtig — ich habe die Wahrheit gesagt, als wir über sie sprachen. Aber ihr Drache ist alt und wird bald sterben, und seine Gedanken sind nicht mehr klar.«
    Die Erklärung befriedigte Skar ganz und gar nicht, aber er drang nicht weiter in Legis. Die
Errish
wirkte äußerlich jetzt wieder gefaßt, aber er wußte, daß dieser Eindruck täuschen konnte. Die
Errish
stand unter einem ungeheuren seelischen Druck, einem Druck, unter dem die meisten anderen Menschen bereits zerbrochen wären, und schon ein einziges unbedachtes Wort konnte den endgültigen Zusammenbruch herbeiführen.
    Auch Mork schien zu spüren, was in der
Errish
vorging. Er warf Skar einen raschen, warnenden Blick zu, räusperte sich übertrieben und deutete mit einer Kopfbewegung in die Höhle hinein. »Gibt es einen Weg dort hindurch?« fragte er. »Einen, auf dem uns die Drachen nicht entdecken?«
    Legis schüttelte den Kopf. »Nein. Wir müssen es riskieren. Aber wir haben eine Chance. Sie sehen nicht sehr gut. Wenn wir ihnen nicht zu nahe kommen, so daß sie uns nicht wittern können, und wir keinen

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