Enwor 4 - Der steinerne Wolf
sprühte vor Haß.
Während Legis mit einem qualvollen Wimmern in die Knie brach, zog der Quorrl seine eigene Waffe aus der Scheide und nahm eine gebückte, sprungbereite Kampfhaltung ein. »Du also auch«, grollte er. »Ihr habt das geplant, nicht? Du hast mit ihr gemeinsame Sache gemacht!«
»Sei vernünftig«, antwortete Skar. »Ich verstehe —«
»Nichts verstehst du«, unterbrach ihn Mork. »Aber
ich
verstehe jetzt, Satai. Ihr habt das von Anfang an geplant, du und diese Hexe. Aber wenn ich schon sterbe, dann gemeinsam mit euch.« Er sprang vor, mit einer Geschmeidigkeit, die Skar diesem Koloß niemals zugetraut hätte. Sein Schwert hackte nach Skars Kopf, verfehlte ihn um Millimeter und schlug Funken aus dem Fels. Skar drehte sich blitzschnell zur Seite, ließ den Quorrl über sein ausgestrecktes Bein stolpern und schlug ihm den Schwertknauf in den Rücken. Mork schrie, taumelte, von seinem eigenen ungestümen Schwung getragen, noch einige Schritte weiter und brach in die Knie.
Aber auch Skar war gestürzt. Der Ansturm des Giganten hatte ihn zu Boden geschleudert. Sein Bein war taub, und als er sich aufraffte, konnte er nur mit Mühe einen Schmerzenslaut unterdrük-ken. Einen zweiten Angriff dieser Art würde er nicht überleben. Mork war kein normaler Gegner. Skars Erfahrung aus unzähligen Arenakämpfen nutzte ihm hier nicht viel. Der Quorrl war eine lebende Kampfmaschine, ein Gebirge aus Fleisch und Muskeln, gegen das Skars ausgefeilte Kampfechnik beinahe nutzlos war.
»Hör auf, Mork«, sagte er keuchend. »Ich will dich nicht töten.« Aber er würde es müssen. Mork war kein Gegner, den er kampfunfähig machen konnte. Wenn Mork das nächste Mal angriff, würde einer von ihnen sterben.
»Hör auf«, sagte Skar noch einmal.
Mork knurrte, wechselte das Schwert blitzschnell von der rechten in die linke Hand und stürmte mit gesenktem Schädel heran. Skar wartete, bis der Quorrl ganz knapp vor ihm war, federte blitzschnell hoch und setzte mit einem halben Salto über den Schuppenkrieger hinweg. Sein Schwert beschrieb eine komplizierte Bahn, traf Mork mit der ganzen gewaltigen Wucht des Sprunges und trennte ihm den Kopf von den Schultern. Der Quorrl stürmte noch ein paar Schritte weiter, brach langsam und beinahe widerwillig in die Knie und sackte dann wie eine haltlose Gliederpuppe in sich zusammen.
Skar ließ schweratmend sein Schwert sinken. In seinen Ohren rauschte das Blut, und hinter seiner Stirn wurde ein hysterisches, lautloses Lachen laut. Ein Gefühl des Irrsinns schoß aus seiner Seele empor und überflutete seine Gedanken.
Erst als ihn Legis an der Schulter berührte, klärten sich seine Gedanken wieder. Er sah auf, blickte in ihr bleiches, erschrockenes Gesicht und wollte etwas sagen. Aber seine Kehle war zugeschnürt, so daß er nur ein unartikuliertes Stöhnen hervorbrachte. »Du hattest keine andere Wahl, Skar«, sagte Legis sanft. Sie schien seine Gedanken zu erraten. »Er war nicht mehr bei Sinnen. Er hätte uns beide getötet, wenn du nicht ihn getötet hättest.« Vielleicht wäre es besser gewesen, dachte Skar. Aber er sagte nichts.
»Wir müssen weiter«, fuhr Legis fort. »Der Aufgang ist dort drüben. Komm jetzt.« Sie deutete in die Dunkelheit vor sich und setzte sich in Bewegung. Skar folgte ihr.
Als sie die Deckung der Felsen verließen, glaubte Skar einen schwarzen, zottigen Schatten hinter sich zu erkennen.
D er Aufgang, von dem Legis gesprochen hatte, war eine steile, kaum zwei Fuß breite Treppe, die an der Außenseite eines der mächtigen Stützpfeiler emporführte. Sie brauchten fast eine Stunde, bis sie sie erreichten. Legis führte ihn auf einem scheinbar sinnlosen Zickzack-Kurs durch die Höhle, jede Deckung und jedes Versteck, das sich ihnen unterwegs bot, ausnutzend. Zwei- oder dreimal kam eine der gewaltigen Raubechsen in ihre Nähe, aber sie hatten Glück — vielleicht war auch der
Errish
doch noch mehr von ihrer einstigen Macht geblieben, als sie bisher zugegeben hatte, und sie lenkte die Tiere ab; Skar schien es ein paarmal, als rede sie mit den Bestien, während sie stumm und wie in Trance dastand und aus weit geöffneten, starren Augen in die Dunkelheit hineinblickte. Er fragte nicht danach, und auch Legis sprach kaum ein Wort, ehe sie die Treppe erreichten.
Legis keuchte vor Erschöpfung, als sie neben dem gewaltigen Granitpfeiler anlangten. Mit einem erleichterten Seufzer ließ sie sich gegen den rauhen Stein sinken, hob die Hände und fuhr sich
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