Enwor 4 - Der steinerne Wolf
fuhr sie nach einer Weile fort. »Vielleicht hast du recht, und ich habe gewonnen. Leicht war es nicht.« Sie seufzte, fuhr sich mit einer unbewußten Geste durch das Haar und beugte sich vor. »Du hast dich geschlagen, wie es eines Satai würdig ist«, sagte sie. »Es gab eine Zeit, da habe ich ernsthaft daran gezweifelt, dich besiegen zu können. Weißt du das?«
»Was willst du von mir?« fragte Skar. Die Worte fielen ihm schwer. Er wollte nicht mehr kämpfen. Warum tötete sie ihn nicht endlich?
»Was ich von dir will?« Vela sah ihn nachdenklich an. Sie war noch immer eine sehr schöne Frau, aber etwas in ihrem Gesicht hatte sich verändert. Als Laynanya hatte sie einmal zu ihm gesagt, daß Vela nicht mehr diejenige war, die er kennengelernt hatte; daß der Stein der Macht ihre Seele verändert hatte, und diese Worte entsprachen der Wahrheit. Er konnte die Veränderung sehen, obwohl jede Linie ihres Gesichtes gleichgeblieben war. Ein vager Schmerz hatte sich in ihre Züge gegraben, eine schwer zu beschreibende, fast unheimliche Verschiebung ins Negative, Böse. »Vielleicht nur mit dir reden. Dir meinen Respekt zollen, wenn du so willst.«
»Respekt?« Skar hätte fast gelacht. »Es ist billig, sich einem Besiegten gegenüber großzügig zu zeigen, Vela«, sagte er. »Und ich will deine Großherzigkeit nicht. Wir haben gekämpf, und du hast mich geschlagen.«
»Nicht
wir
haben gekämpf«:, widersprach Vela. Sie griff unter ihren Umhang und zog eine dünne Kette aus silbernem Sternenstahl zwischen ihren Brüsten hervor. Am Ende der Kette hing der Stein von Combat. »Du hast gegen den gekämpf, Skar«, sagte sie betont. »Du und dieses Ding, ihr habt euch ein Duell geliefert, und ich war nicht viel mehr als eine Zuschauerin.« Sie löste den Stein von der Kette, legte ihn vor sich auf den Tisch und blickte einen Herzschlag lang nachdenklich auf die schräg geschliffenen Facetten. Das Feuer des Steines brach sich in ihren Pupillen und füllte sie mit lodernder Glut. »Es war ein Kampf, den kein normaler Sterblicher hätte gewinnen können, Skar. Ich wollte dich nicht verspotten — meine Worte waren ehrlich gemeint.« Sie sah auf.
»Ich habe es nicht mehr nötig, dich zu belügen. Es tut mir jetzt noch leid, daß du mein Angebot abgelehnt hast. Ich hätte einen Mann wie dich an meiner Seite gebrauchen können.«
Sie schwieg einen Moment und schien auf eine Antwort zu warten, aber Skar starrte sie nur an. Schließlich hob sie seufzend die Schultern, befestigte den Stein wieder an seiner Kette und verbarg ihn erneut unter dem Mantel. »Es ist nicht leicht für eine Frau, allein zu sein«, fuhr sie fort. »Und ich bin allein.« Wieder sah sie ihn an, und in ihren Augen glomm ein seltsamer Ausdruck auf, etwas, das Skar schaudern ließ, obwohl er nicht sagen konnte, was es war. »Ich habe dir einmal gesagt, ich könnte dich zwingen, mich zu lieben, Skar«, sagte sie, »und es war mein Ernst. Aber ich werde es nicht tun. Selbst jetzt nicht.«
»So wie du Del gezwungen hast?«
Mit einem Mal wirkte sie traurig. »Ich habe ihn nicht gezwungen, Skar«, sagte sie. »Was er tat, tat er freiwillig. Und der Vorwurf in deinen Worten ist ungerecht. Du hast ihn mir genommen.
Ich weiß, daß du mich für seinen Tod verantwortlich machst, aber in Wirklichkeit bist du es, den die Schuld trifft. Er wäre noch am Leben, wenn du ihn damals nicht entführt hättest. Aber das ist jetzt vorbei«, fuhr sie mit veränderter Stimme fort. »Es hat wenig Zweck, über Dinge zu jammern, die geschehen sind. Und Del ist nicht tot. Er lebt. Die Sumpfleute haben ihr Versprechen gehalten und ihn wieder zum Leben erweckt.«
Skar schüttelte den Kopf. »Der Mann, der er einmal gewesen ist, lebt nicht mehr«, sagte er. »Du weißt das so gut wie ich. Weder du noch ich werden den Mann wiedersehen, den wir einmal« — er zögerte und sprach das Wort mit schmerzhafter Betonung aus —»geliebt haben. Es gibt ihn nicht mehr.«
»Ich glaube, du unterschätzt die Macht Coshs«, widersprach Vela. »Nicht einmal ich wäre den Sumpfzauberern gewachsen gewesen. Ich hätte die Schlacht verloren, wenn sie mich damals zum Kampf gezwungen hätten.«
Skar schürzte abfällig die Lippen. »Was sagtest du gerade? Es hat keinen Zweck, über Dinge zu reden, die vorbei sind?«
Zu seiner Überraschung lachte Vela. »Du hast recht, Skar«, meinte sie. »Reden wir über Dinge, die sein werden — es wird dich interessieren, wie es Gowenna und ihren
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