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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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waren nur als winzige schwarze Punkte zu erkennen: ein Schwarm von dreißig, vielleicht fünfzig der großen Aasfresser, die lautlos und mit Bewegungen, die durch die große Entfernung täuschend langsam und träge wirkten, vor der Sonne kreisten.
    Skar nahm die Hand herunter, senkte den Blick und versuchte den Weg, den der Fluß nahm, in Gedanken zu verlängern. Wenn sein Verlauf sich nicht radikal änderte, dann mußten die Geier ungefähr über der Stelle kreisen, an der die Furt war.
    Skar zügelte sein Pferd und wartete, bis Herger herangekommen war. »Was hältst du davon?« fragte er.
    Herger zuckte mit den Achseln. »Wo Geier sind, ist meistens auch Aas zu finden«, murmelte er unsicher.
    »Vielleicht ein totes Tier?«
    Herger unterdrückte ein Lachen. »Sei kein Narr, Skar«, sagte er. »Das ist ein halbes Hundert Aasfresser — und sie kreisen über der Furt. Dort vorne hat eine Schlacht stattgefunden.«:
    Skar biß sich nachdenklich auf die Unterlippe. Sie waren so lange durch menschenleeres Gebiet geritten, daß er schon zu vergessen begann, daß in diesem Land Krieg herrschte. Und sie mochten nicht die einzigen sein, denen daran gelegen war, besiedelte Landstriche zu meiden.
    »Quorrl?«
    Herger machte eine Bewegung, die eine Mischung aus Kopfnik-ken und Achselzucken war. »Wer sonst? Die Hauptmacht wurde zerschlagen, aber es sind viele entkommen ...« Er zögerte, griff plötzlich in die Tasche und förderte einen kleinen, kupfernen Gegenstand zutage. »Das habe ich gefunden«, sagte er, »vorhin, als wir am Fluß waren.«
    Skar beugte sich neugierig im Sattel vor. Auf Hergers Handfläche blinkte eine winzige, roh aus Kupfer gearbeitete Spange, ein schmuckloses Ding, wie man es braucht, um die verschiedenen Teile einer Rüstung zusammenzuhalten.
    »Sie stammt von einem Quorrl«, sagte Herger.
    »Woher weißt du das?«
    Herger zuckte die Achseln. »Wenn jemand weiß, wie Quorrl-Ausrüstungen aussehen, dann ich.«
    »Das ist keine Antwort«, knurrte Skar.
    Herger seufzte. »Also gut, wenn du darauf bestehst — ich habe vor zwei Wochen eine ganze Partie von diesem Kram angekauft —
    Waffen, Rüstungen ... was man eben so auf einem Schlachtfeld findet. Quorrl-Waffen, um genau zu sein. Und die hier« — er hielt die Spange demonstrativ hoch, so daß sich das Licht der Sonne auf dem blinkenden Metall brach — »stammt von einem Quorrl.
    Und sie hat noch nicht sehr lange im Schlamm gelegen.«
    Skar überlegte einen Moment. Die Geier vor dem Horizont kamen ihm mit einem Mal drohend vor; eine erste, stumme Warnung, nicht weiterzugehen.
    »Warum hast du nichts davon gesagt?«
    Herger steckte die Spange wieder ein und ließ sein Pferd weitertraben. »Vielleicht wollte ich dich nicht beunruhigen«, sagte er ausweichend. »Im Ernst — ich dachte mir nichts dabei.«
    Skar knurrte. »Und dabei denkst du dir wohl auch nichts, wie?« fragte er mit einer Geste zum Horizont.
    »Doch«, murmelte Herger. »Daß nämlich eine Bande marodierender Quorrl genau das ist, was uns jetzt noch fehlt.«
    Skar runzelte die Stirn, schluckte aber die scharfe Entgegnung hinunter, die ihm auf der Zunge lag. Bis zur Furt waren es noch Stunden. Vielleicht würden sie sie erst nach Dunkelwerden erreichen, und es hatte keinen Sinn, sich jetzt in wilden Vermutungen zu ergehen.
    Trotzdem ritten sie jetzt wieder dicht nebeneinander. Der Nebel wich langsam wieder zum Fluß zurück, aber die Sicht wurde nicht besser — es blieb ein feiner, rauchiger Dunst, in dem alles, was weiter als dreißig oder vierzig Schritte entfernt war, zu verschwimmen begann. Und die Temperaturen fielen weiter. Herger hielt nach einer Weile an, stieg aus dem Sattel und nahm die Decke herab, um sie wie einen zweiten Mantel über die Schulter zu werfen. Seine Hände waren steif vor Kälte, und die eisige Luft ließ seinen Atem zu kleinen, rhythmischen Dampfwölkchen vor dem Gesicht kondensieren. Skar sah schweigend zu, wie er wieder auf sein Pferd stieg und mit klammen Fingern nach den Zügeln tastete. In der Mähne seines Pferdes glitzerte Eis, und die Luft roch jetzt durchdringend nach Schnee.
    Er zog den Mantel enger um die Schultern zusammen und drehte das Gesicht aus dem Wind. Sein Pferd schnaubte unruhig, und das Echo der Hufschläge des Tieres klang plötzlich anders, als der Boden, über den sie ritten, mit einem Mal hart gefroren war.
    Herger hielt abermals an, kaum daß sie hundert Meter weitergeritten waren. Sein Blick tastete über den Himmel,

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