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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nieder und hielt die Hände über die wärmenden Flammen. Im Grunde war er ganz froh, am Feuer bleiben zu können.
    Und obwohl er es niemals — auch sich selbst gegenüber nicht —zugegeben hätte, war er ebenso froh, nicht allein sein zu müssen. »Was wirst du tun, wenn wir Elay wirklich erreichen?« fragte Herger. »Sie töten?«
    »Ja«, sagte Skar. »Und jetzt schlaf. Wir müssen morgen ausgeruht sein.«
    Herger schien noch mehr fragen zu wollen, aber er sah ein, daß Skar nicht nach reden zumute war, und so legte er sich zurück und rollte sich in seine Decke ein. Schon nach wenigen Augenblicken wurde sein Atem ruhiger; er war eingeschlafen, der Kälte und der Furcht, die mit dunklen Schatten um das Lager strich, zum Trotz. Skar betrachtete ihn nachdenklich. Es war seltsam — sie kannten sich jetzt seit elf Tagen, aber er hatte bereits ein so vertrautes Gefühl, als ritten sie schon seit Jahren zusammen. Obwohl ihm Herger so rätselhaft wie am ersten Tag geblieben war, fühlte er trotzdem so etwas wie ... Freundschaft? Nein, Freundschaft sicher nicht. Sie waren sich fremd, und sie würden sich auch immer fremd bleiben, ganz egal, wie lange sie zusammen sein würden. Und trotzdem war es eine Fremdheit, die — so absurd es klang —etwas Vertrautes hatte.
    Skar schüttelte den Kopf, zog die Decke enger um die Schultern und rückte näher ans Feuer heran. Was war nur mit ihm los? Waren das wirklich seine Gedanken? Oder war er vielleicht auch psychisch so erschöpft, daß er die Kontrolle über sich zu verlieren begann?
    Es wurde dunkler, und hinter der flackernden Linie, an der der Feuerschein den Ansturm der Nacht aufhielt, schienen sich Schemen zu bewegen, formlose Dinge, die es nicht wirklich gab, die aber deswegen nicht weniger schrecklich waren. Irgendwo dort draußen war der Wolf, vielleicht hundert Meilen entfernt, vielleicht auch nur einen Steinwurf. Sein dunkler Begleiter. Der Fluch, der auf ihm lastete, schwerer, als Herger jemals begreifen würde. Vielleicht war es einer jener Schatten, von denen er annahm, es handele sich um Einbildung, und vielleicht schlich der Wolf gerade jetzt um das Lager und suchte nach einer geeigneten Stelle für einen Angriff.
    »Bist du dort, Freund?« sagte er. Seine Worte verklangen im Wind, aber er bildete sich ein, ein schwaches Echo zu hören, verzerrt und erst nach einigen Sekunden Verzögerung einen Laut, als versuche jemand — oder etwas — mit Stimmorganen, die nicht für die menschliche Sprache geeignet waren, seine Worte nachzuahmen. Einbildung? Natürlich.
    »Du bist dort«, fuhr er fort, und wieder beantwortete der Wind seine Worte mit dem gleichen unheimlichen Klang. »Du bist dort und wartest. Du wartest, daß ich einen Fehler mache, nicht?« Er lachte leise. »Aber ich werde keinen Fehler machen, Freund«, fuhr er fort. »Ich habe dein System durchschaut. Du wirst mir nichts tun, solange ich nicht in Elay bin. Und bis dorthin ist noch ein weiter Weg.«
    »Ich hoffe, du irrst dich nicht, Skar«, sagte Herger.
    Skar zuckte zusammen und fuhr mit einer abrupten, harten Bewegung herum. Herger hatte sich halb aufgesetzt und sah ihn mit einer Mischung aus Trauer und mühsam verhohlener Sorge an.
    »Ich ... ich dachte, du würdest schlafen«, sagte Skar stockend.
    Es war ihm unangenehm, daß Herger seine Worte gehört hatte. Skar hatte sich im stillen immer über Leute amüsiert, die Selbstgespräche führten; jetzt tat er es selber.
    »Das habe ich auch«, sagte Herger. »Aber in einer Umgebung wie dieser schläft man nicht tief, weißt du?« Er lächelte, wurde übergangslos wieder ernst und setzte sich vollends auf, die Decke wie einen Mantel über Kopf und Schultern gezogen, so daß ihr Schatten sein Gesicht in zwei scharf voneinander abgegrenzte Hälfen teilte. Seine Augen lagen im Dunkeln, aber Skar spürte seinen Blick trotzdem.
    »Du hast Angst, nicht?« sagte Herger plötzlich. »Warum gibst du es nicht zu? Es tut gut.«
    Skar funkelte ihn wütend an. »Ich wüßte nicht, was dich das angeht«, sagte er ärgerlich. »Immerhin fürchte ich mich nicht vor den Geistern toter Quorrl.« Die Spitze traf nicht; Herger lächelte erneut, beugte sich vor und hielt die Hände über die Flammen. »Jeder hat seine eigenen Geister«, sagte er, ohne Skar anzusehen. »Ich die Geister der Toten, du deinen Wolf — oder was immer er sein mag. Du bist sicher, daß er dich töten wird, wie? So, wie er Tantor getötet hat.«
    Skar schwieg. Er wußte nicht, worauf

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