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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mich verstehst und nicht antworten kannst, dann gib mir ein Zeichen.«
    Wieder vergingen Sekunden, in denen sich der Blick des Quorrl in den Skars zu bohren schien. Dann schloß er ganz langsam die Augen; die Andeutung eines Nickens, zu dem ihm die Kraft fehlte.
    »Er versteht mich!« sagte Skar überrascht. »Er spricht unsere Sprache.«
    Herger antwortete nicht, aber sein Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an. Seine Rechte glitt nervös zum Gürtel und fingerte am Griff des Schwertes herum.
    Skar wandte sich wieder an den Quorrl. »Hör mir zu«, sagte er. »Wir sind nicht deine Feinde. Wir haben dich auf dem Schlachtfeld gefunden und mitgenommen, aber wir gehören nicht zu denen, die deine Leute umgebracht haben. Verstehst du das?«
    »Ich ... weiß ...«
    Skar fuhr überrascht zusammen. Die Lippen des Quorrl hatten sich kaum bewegt, und die Worte waren unter seinem rasselnden Atem kaum zu verstehen.
    »Die Männer, die euch überfallen haben, sind auch unsere Feinde«, fuhr Skar nach einem Moment fort. »Wir haben dich zu deinem eigenen Schutz gebunden.«
    Der Quorrl antwortete nicht mehr; die beiden Worte schienen seine gesamte Kraft aufgebraucht zu haben. Aber Skar war jetzt sicher, daß das Wesen ihn verstand.
    »Hör mir zu«, fuhr er fort. »Ich verlange nicht, daß du antwortest, aber du mußt mir glauben, daß wir dir nicht schaden wollen. Kannst du uns sagen, in welche Richtung die Dämonen gezogen sind?«
    Der Quorrl schloß die Augen.
    »Du wirst ihm doch nicht glauben ?« fragte Herger erschrocken.
    »Diese Wesen sind unsere Feinde, Skar. Er wird uns mit Freuden ins Verderben reiten lassen.«
    Skar brachte ihn mit einer verärgerten Handbewegung zum verstummen. »Wohin sind sie geritten?« fuhr er fort. »Nach Süden?«
    Der Quorrl reagierte nicht.
    »Dann nach Norden, in Richtung Elay?«
    »Ihr müßt... Rebellen gehen ...«, flüsterte der Quorrl. »Norden ... ihr ... Menschen und ...« Er stockte, rang mit einem schrecklichen, rasselnden Geräusch nach Atem und versuchte den Kopf zu heben. Sein Blick begann sich wieder zu verschleiern. »Nicht nur ... wir«, stöhnte er. »Rebellen ... wir ... kämpfen ... zus ...
Errish...«
    »Was redet er da?« fragte Herger.
    »Still!« zischte Skar. Er trat näher an den Quorrl heran, berührte ihn an der Schulter und beugte sich so tief über ihn, daß sein Ohr fast den Mund des Wesens berührte. Aber der Quorrl sprach nicht mehr. Seine Augen waren wieder geschlossen, und nach wenigen Sekunden beruhigte sich sein Atem. Er hatte erneut das Bewußtsein verloren.
    Skar richtete sich kopfschüttelnd auf, trat enttäuscht zurück und lockerte nach kurzem Zögern die Lederriemen, mit denen der Krieger gebunden war.
    »Was hat er gesagt?« fragte Herger erneut.
    Skar ging zu seinem Pferd und schwang sich in den Sattel, ehe er antwortete. »Du hast ihn doch verstanden, oder?«
    Herger nickte. »Verstanden schon — aber nicht begriffen. Was redet er da von Rebellen?«
    Skar deutete nach Norden. »Reiten wir dorthin, Herger. Dann erfahren wir sicher, was er gemeint hat.«
    »Du bist verrückt, Skar«, entfuhr es Herger. »Du willst auf die Fieberphantasien eines Quorrl hören?«
    Skar nickte unbeeindruckt. »Es waren keine Fieberphantasien, Herger. Er hat ganz genau gewußt, was er sagte.«
    »Das glaube ich«, sagte Herger grimmig. Er musterte den Quorrl mit einem feindseligen Blick und deutete nach Norden. »Und ich kann dir auch sagen, was wir dort finden werden: eine Horde blutrünstiger Quorrl, die darauf warten, daß wir ihnen in die Speerspitzen rennen. Rebellen!« Er lachte. »Die einzigen Rebellen, die wir finden werden, sind Quorrl, die gegen den Rest der Welt kämpfen.«
    »Vielleicht«, murmelte Skar.
    »Nicht vielleicht«, widersprach Herger aufgebracht, »sondern garantiert. Du wirst dieser Bestie doch nicht glauben?«
    Skar schwieg einen Augenblick. Rebellen ... der Gedanke klang phantastisch, und Skar konnte Hergers Schrecken verstehen — aber auf der anderen Seite ergab der Gedanke auch Sinn. Warum sonst sollte Vela ihre Leibgarde ausgeschickt haben, nur um eine Handvoll Quorrl zu vernichten?
    Herger schien seine Gedanken zu erraten. »Du bist verrückt, Skar«, keuchte er. »Selbst wenn er die Wahrheit gesprochen hat, ist es heller Wahnsinn.«
    Ja, dachte Skar, das war es wohl. Nicht einmal der größte Narr würde den Worten eines sterbenden Quorrl glauben, geschweige denn ein Satai.
    Er sah auf, lächelte dünn und deutete nach Norden.

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