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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Legis blieb lange fort, und die Kälte, die Skar bis jetzt nicht gespürt hatte, kroch erneut in seine Knochen. Es war feucht in der Höhle, feucht und klamm. In den Ritzen des Bodens hatte sich Wasser angesammelt, und hier und da schimmerte noch Eis; so wie die Quorrl und ihre Verbündeten hatte sich auch der Winter unter die Erde verkrochen und trotzte hier noch dem Ansturm des Frühlings.
    Endlich kam die
Errish
zurück. Sie war nicht mehr allein — in ihrer Begleitung befand sich ein Quorrl — nicht Mork, aber ein Krieger, der ihm an Größe und Kraft kaum nachstand.
    »Du bist Skar?« begann er übergangslos.
    Skar nickte. Das Wesen war zwei Schritte vor ihm stehengeblieben und überragte ihn um eine Haupteslänge. Aber es war nur groß, nicht gewaltig wie Mork. Kein Gegner.
    »Ich bin Trosen«, fuhr der Quorrl in akzentfreiem Tekanda fort. »Solange du hier bist, werde ich mich um dich kümmern.« »Wie aufmerksam«, sagte Skar spöttisch. »Einen Quorrl nur für mich allein — wie komme ich zu der Ehre?«
    Legis warf ihm einen warnenden Blick zu, den Skar aber bewußt ignorierte.
    »Ob es eine Ehre wird, muß sich noch erweisen«, knurrte Trosen. »Und wenn, dann wird es vielleicht ein äußerst kurzes Vergnügen — für dich, Satai.« Er lächelte und entblößte dabei eine Doppelreihe messerscharfer Raubtierzähne, die dem zivilisierten Klang seiner Worte sofort wieder entgegenwirkten. »Dein Schwert«, forderte er.
    Skar wich einen halben Schritt zurück, als der Quorrl die Hand ausstreckte. Die beiden Krieger hinter ihm traten näher; er spürte die Bewegung, ohne sie sehen zu müssen.
    »Bitte, Skar«, sagte Legis. »Sei vernünftig. Wir sind nicht deine Feinde, aber niemand tritt Laynanya bewaffnet gegenüber. Auch unsere Gäste nicht.«
    Skar überlegte einen Moment. Er fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, sich von seinem
Tschekal
zu trennen, aber immerhin kam er als Bittsteller hierher, und er gewann nichts, wenn er auf dieser unsinnigen Geste des Stolzes bestand.
    Mit einem ergebenen Seufzen zog er das Schwert aus dem Gürtel und reichte es Tosen — mit der Spitze voran, so daß der Quorrl nur vorsichtig zugreifen konnte, wenn er sich nicht an der rasiermesserscharfen Doppelschneide die Hand aufreißen wollte. Der Quorrl quittierte die kaum verhohlene Provokation mit einem ärgerlichen Knurren, nahm das
Tschekal
jedoch ohne weiteren Kommentar an sich und schob es achtlos unter seinen Gürtel. »Komm.«
    Sie betraten einen steinernen Tunnel. Die Decke war so niedrig, daß die Quorrl das Haupt neigen mußten, um sich nicht anzustoßen. Das Licht der Fackeln blieb hinter ihnen zurück, aber vor ihnen leuchtete ein zweiter, trübroter Lichtfleck. Seine Umgebung erinnerte Skar auf fatale Weise an die unterirdische Festung von Tuan, in der Vela ihn gefangengesetzt hatte, nur daß die Gänge hier nicht von Menschenhand, sondern von einer viel einfallsreicheren Natur geschaffen worden waren. Vielleicht waren diese Höhlen Vorbild für die Dämonenfestung in Tuan gewesen.
    Es wurde kälter. Ein scharfer Luftzug wehte ihnen in die Gesichter und verriet Skar, daß die Höhle mindestens noch einen weiteren Eingang haben mußte. Mit dem Wind kam der Geruch brennender Fackeln und gebratenen Fleisches. Skar fiel plötzlich wieder ein, wie hungrig er war. Es war jetzt der vierte Tag, den er schon hungerte. Sein Magen knurrte hörbar.
    Legis, die neben ihm ging, unterdrückte ein Lächeln. »Es wird nicht lange dauern«, sagte sie halblaut. »Du bekommst zu essen, sobald du mit Laynanya gesprochen hast. Unsere Küche wird dir zusagen. Sie ist einfach, aber gut.«
    Skar antwortete nicht. Er spürte, daß Legis es nur gut meinte, aber er war nicht in der Laune, Konversation zu treiben. Sein Magen hatte sich vier Tage geduldet — er würde auch noch eine weitere Stunde warten.
    Trosen blieb stehen, als sie das Ende des Ganges erreicht hatten. Vor ihnen lag wieder eine kuppelförmige Höhle, auch sie war erhellt von vielen Fackeln und erfüllt von einer Kälte, die den prasselnden Flammen an den Wänden hohnzusprechen schien.
    Der Stollen endete nicht ebenerdig — sie standen auf einem breiten, steinernen Sims, der die Höhle in halber Höhe umlief und einen freien Blick über den gesamten Innenraum gestattete. Als sie weitergingen, hatte Skar ausreichend Gelegenheit, sich umzusehen. Die Höhle war groß, hatte vielleicht einen Radius von dreihundert Schritten

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