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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gegen ihren Willen gezeugt wurde — aber es ist ein unschuldiges Wesen, Skar. Wir haben nicht das Recht, ihm sein Leben zu nehmen, bevor es begonnen hat.« Es war ein eingelernter Text, irgendeine Strophe aus irgendeinem ihrer komplizierten Gesetze, die sie vor Jahrzehnten vielleicht einmal auswendig gelernt hatte und herunterbetete, ohne wirklich noch darüber nachzudenken; das spürte Skar. Aber es war auch Wahrheit darin, und er widersprach nicht, obwohl ihm die Entgegnung auf der Zunge lag.
    Er war beinahe froh, als hinter ihnen schwere, stampfende Schritte laut wurden und Morks Erscheinen ihr Gespräch unter-brach. Der Quorrl trug noch immer Rüstung und Waffen, hatte sich aber — wie sie alle — zusätzlich in einen nachtschwarzen, dünnen Mantel gehüllt. Das Kleidungsstück schien die düstere Ausstrahlung, die von seinem Reptiliengesicht ausging, noch zu unterstreichen.
    »Wir sind bereit«, sagte er übergangslos. »Die Sonne geht unter, und der Weg nach Elay ist weit.«
    Legis nickte. »Gut. Die Tiere sind gefüttert?«
    Mork lächelte knapp und neigte in einer spöttisch übertriebenen Verbeugung das Haupt. »Selbstverständlich, Ehrwürdige Frau«, sagte er. »Aber ich würde vorschlagen, daß wir nicht noch mehr Zeit mit Reden verschwenden, sondern jetzt aufbrechen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, gab er einem seiner Männer einen Wink und rief ein Wort in seiner dunklen, gutturalen Sprache. Skar sah sich unwillkürlich nach Herger um. Der Hehler war hinter dem Eingang stehengeblieben; zu weit, als daß Skar sein Gesicht erkennen konnte. Aber er war nervös. Nervös und ängstlicher, als er zugeben wollte. Und auch Skar selbst erging es kaum anders, aber er konnte sich wenigstens einreden, daß es die Vögel und der Gedanke an den stundenlangen Flug durch die Nacht waren, die ihm Unbehagen bereiteten.
    Er straffe sich, fuhr in einer nervösen, überflüssigen Geste glättend über seinen Mantel und wandte sich an den Quorrl. »Können die Tiere das Gewicht von zwei Menschen eine so weite Strecke tragen?«
    »Nein«, sagte Mork ungerührt. »Wir werfen euch unterwegs ab, wenn die Last zu groß wird.« Er bleckte in einer erschreckenden Imitation eines menschlichen Grinsens sein Raubtiergebiß und deutete mit der Linken zum Ausgang. »Wir warten auf euch.« Er wandte sich ab und wollte gehen, aber Skar hielt ihn grob am Arm zurück. »Ich bin nicht Herger«, sagte er wütend. »Du kannst deine Scherze mit ihm treiben, wenn es dir beliebt, aber nicht mit mir. Also?«
    Mork starrte ihn einen Augenblick wortlos an, riß plötzlich seinen Arm los und legte die Linke auf den Schwertgriff.
    »Die Daktylen tragen euer Gewicht, Skar« grollte er. »Und wir werden Reservetiere mitnehmen — für den Rückweg. Ist deine Frage damit beantwortet?« Legis berührte Skar am Arm und warf ihm einen warnenden Blick zu, aber er ignorierte sie.
    »Nein«, sagte er. »Es sei denn, du sagst mir endlich, was ich von dir zu halten habe, Quorrl. Ich reise nicht gern mit Männern, von denen ich nicht weiß, ob sie Verbündete oder Feinde sind.«
    »Das eine schließt das andere nicht aus, oder?« entgegnete Mork. »Aber ich will dir deine Frage beantworten, Satai: Ich bin ein Quorrl, und du bist ein Mensch. Menschen haben meinen Stamm ausgelöscht, und Menschen haben mein Volk unterdrückt, solange ich denken kann. Erwartest du Zuneigung von mir?«
    »Und trotzdem kämpfst du jetzt gemeinsam mit Menschen —«
»Gegen
Menschen«, fiel ihm Mork erregt ins Wort. »Auch der Löwe und die Antilope flüchten gemeinsam, wenn die Steppe brennt, erinnerst du dich? Wir werden beide bedroht, aber das macht uns nicht zu Brüdern. Ich habe mit angesehen, wie mein Vater und mein Weib erschlagen wurden, von Menschen, Skar.
    Ihr haltet uns für Tiere und werft uns Brutalität vor, aber ich habe Dinge mit ansehen müssen, die kein Tier einem anderen antun würde, Dinge, die Männer deines Volkes getan haben, Satai.« Er schwieg einen Moment, atmete hörbar ein und krampfe die Hand noch fester um den Schwertgriff. Sein Atem ging schneller, und Skar konnte fühlen, wie erregt der riesige Quorrl war, auch wenn er sich alle Mühe gab, beherrscht zu wirken.
    »Ich glaube nicht, daß es dir oder mir nutzt, wenn wir uns jetzt gegenseitig Vorwürfe machen. Auch ich habe Greuel gesehen, die von Quorrl begangen wurden.«
    »Wer hat mehr getötet, Skar?« fragte ihn Mork. »Quorrl Satai oder Satai Quorrl?« Er schnaubte. »Du wolltest wissen, was

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