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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und in die schwarze Höhlung seines Leibes hinabblicken. Er schüttelte den Kopf und vertrieb das Bild, aber etwas blieb zurück. Die Gewißheit, daß es keinen Zufall gab: Diese Insel war mehr als ein lebloser Eis- und Steinklotz in der Weite des Meeres. Was immer es war, das den Dronte beseelte, es war auch hier. Und er hatte das Gefühl, der Lösung des Rätsels sehr nahe zu sein.
    Der Wind schlug ihm wie eine eisige Faust ins Gesicht, als er das Ende des Stollens erreichte und aus dem Berg heraustrat. Hinter im drängten Del und Helth ins Freie.
    Sie waren auf der anderen Seite der Berge. Unter ihren Füßen lag ein schmaler, felsiger Sims, der durch eine Laune der Natur vollkommen eisfrei geblieben war, davor fiel der Fels steil und beinahe senkrecht sechzig, siebzig Fuß weit in die Tiefe. Der diesseitige Teil des Landes mußte tiefer liegen als die Ebene.
    Skar versuchte vergeblich, Einzelheiten seiner Umgebung zu erkennen. Vor und unter ihnen sah er Dinge, formlose zerfranste Schatten, grau und weiß und mit dem Eis der Ebene verschmolzen. Er konnte nicht sagen, ob es Eis oder Felsen oder vielleicht auch die Überreste von Gebäuden waren, ähnlich dem, in welchem sie draußen auf der Ebene übernachtet hatten. Der Himmel war jetzt grau, nicht mehr schwarz, aber es war jener flüchtige Teil der Dämmerung, in dem sich Nacht und Morgengrauen die Waage hielten und der Blick noch weniger weit reichte als im Sternenlicht.
    »Was ist das, Skar?« murmelte Del.
    Skar starrte weiter auf die endlose, mit formlosen Umrissen übersäte Ebene hinab. »Unser Ziel«, murmelte er. »Der Ort, an dem uns der Dronte haben wollte, Del. Er — oder wer oder was immer ihn lenkt.« Mühsam riß er sich von dem bizarren Anblick los, drehte sich halb um und ließ sich auf die Knie sinken. Der Boden war eisfrei, aber der Fels unter seinen Fingern war hart wie Stahl; selbst bei Tageslicht hätte er nicht die geringste Spur gefunden.
    Zur Linken führten weitere Stufen in die Tiefe, bereits halb zerschmolzen und abgeschmirgelt von der Wut des Sturmes und — wie jene im Inneren des Berges — ein wenig zu hoch und zu breit, um wirklich bequem darauf gehen zu können.
    Helth wollte an ihm vorbei und die Stufen hinabgehen, aber Skar hielt ihn zurück.
    »Das ist sinnlos, Helth«, sagte er. »Wer immer die Errish hier herausgeschafft hat, ist längst fort.« Er seufzte. Sein Blick irrte nach Westen. Der schwarze Buckel des Gebirges verlor sich schon nach wenigen Dutzend Schritten in den Schatten der weichenden Nacht. Aber er mußte ihn auch nicht sehen, um zu wissen, daß der Dronte wartete, irgendwo dort draußen. Er — oder das, was aus ihm herausgekrochen war.
    »Gehen wir zurück«, entschied er. »Es wird bald hell. Wenn die Sonne aufgeht, finden wir vielleicht Spuren.«
    Helth widersprach nicht. Er wirkte sichtlich erleichtert, als sie sich umwandten und zu den wartenden Freiseglern in die Höhle zurückgingen.

I n der Höhle herrschte bedrücktes Schweigen, als sie zu den Freiseglern zurückkehrten. Ein halbes Dutzend von ihnen hatte Skars Befehl befolgt und den Durchgang freigehalten, aber die anderen drängten sich in einem kleinen Bereich unmittelbar vor dem Ausgang des steinernen Gewölbes zusammen. Sie fürchteten sich, dem hinteren Teil der Höhle zu nahe zu kommen, und wahrscheinlich fürchteten sie sich auch ebenso vor ihm; vor ihm und Del, vielleicht auch vor Helth.
    Skar verstand gut, was in den Männern vorging. Er war nicht der einzige, der den Atem des Dronte spürte, das körperlose, unheimliche Ding, das ihnen vom See her gefolgt war und geduldig auf den Moment lauerte an dem es zuschlagen konnte. Im Grunde bewunderte er die Männer der SHAROKAAN sogar — sie waren Seeleute, Männer zwar, welche die harte Welt des offenen Meeres und all ihre Gefahren kannten, aber der Feind, mit dem sie hier konfrontiert wurden, war kein normaler Gegner. Er war verschlagen und todbringend, aber das war es nicht, was diese Männer bis auf den Grund ihrer Seelen erschreckte. Die Meere Enwors waren auch voller Gefahren und unbekannter, tödlicher Geheimnisse, und jeder einzelne von ihnen hatte sein Leben sicher schon ein Dutzend Mal gegen Piraten und Kaperschiffe verteidigen müssen; vielleicht auch gegen Ungeheuer, die Del und er sich nicht einmal vorzustellen vermochten. Aber dies hier war etwas anderes. Hätten sie einem Gegner aus Fleisch und Blut gegenübergestanden, würde sich Skar im Kreis dieser schweigsamen, harten

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