Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter
Prediger brauchen«, antwortete Skar.
»Hilfe? Wobei?«
»Das geht dich nichts an«, erwiderte Skar grob. »Ich kam zu ihnen, und sie versprachen mir zu helfen.«
»Einfach so?« Enwass' Augen wurden schmal. »Die Gesichtslosen Prediger helfen niemandem ohne Gegenleistung.«
»Dann haben sie bei mir eben eine Ausnahme gemacht«, erwiderte Skar gereizt. »Ich ging zu ihnen, weil ich gehört hatte, daß sie Zauberer seien. Und ich brauchte die Hilfe eines Zauberers.« »Du glaubst an Zauberei?«
»Nein«, antwortete Skar. »Aber sie.«
Enwass starrte ihn an, blinzelte — und lachte leise. »Eine gute Antwort«, sagte er. »Erzähle weiter.«
»Es gibt nichts weiter zu erzählen«, erwiderte Skar. »Sie gaben mir einen Trank und sagten, ich würde schlafen. Lange schlafen. Sie sagten nicht«, fügte er hinzu, »daß es
so
lange sein würde.« »Wie lange?«
»Woher soll ich das wissen?« fauchte Skar. »Als ich erwachte, war der Tempel leer. Hätte ich nicht Syrr und den Jungen getroffen, wäre ich vermutlich dort unten verhungert.«
Enwass nickte. »Es ist ein Wunder, daß du überhaupt noch lebst, Skar«, sagte er. »Die Prediger sind fortgegangen — vor mehr als zwei Wochen.«
»Weißt du, wohin?« fragte Skar.
Zu seiner Überraschung antwortete Enwass sogar, wenn auch anders, als er gehofft hatte. Er seufzte, schüttelte den Kopf und zuckte gleichzeitig die Achseln. »Wohin alle gehen«, sagte er. »Nach Süden. Nach Bayfour, Lora oder Malab. In die freien Länder.«
»Die freien Länder...« Skar wiederholte den Begriff nachdenklich. »Ich... erinnere mich. Syrr sprach davon. Die anderen Länder...?«
»Sind besetzt«, führte Enwass den Satz zu Ende. »Von den Quorrl und deinen Satai-Freunden, Skar. Kohon, das Drachenland, Kohon-West, Tuan, ein Teil von Ikne...« Er seufzte abermals. »Der Winter hat sie aufgehalten. Wäre er nicht gekommen, gäbe es auch sie vielleicht nicht mehr.«
»Cosh«, murmelte Skar. »Was ist mit Cosh?«
»Die Sümpfe?« Enwass schüttelte den Kopf. Seine Stimme wurde bitter. »Die Sumpfleute waren die ersten, die zu den Quorrl überliefen. Noch vor den Satai.«
Es fiel Skar schwer, zu schweigen. Enwass' Worte bestätigten nur, was er gefürchtet hatte — aber es war unmöglich. Er war froh, als Enwass weitersprach und seine Aufmerksamkeit beanspruchte.
»Wir werden dich mitnehmen«, sagte er zögernd. »Was nicht heißt, daß ich dir glaube. Der Krieg ist vor einem halben Jahr ausgebrochen. Das bedeutet, daß du sechs Monate lang geschlafen haben mußt. Ich habe nie davon gehört, daß ein Mensch ein halbes Jahr lang schläft. Andererseits... die Gesichtslosen Prediger
sind
Zauberer, auch wenn du nicht an Zauberei glaubst. Wir werden sie fragen, ob deine Geschichte stimmt.«
»Du weißt, wo sie sind?«
»Wir werden sie finden«, sagte Enwass überzeugt. »Oder einen anderen, der die Wahrheit ergründet.«
»Warum hilfst du mir, wenn du mir nicht glaubst?« fragte Skar verwirrt.
»Weil ich kein Mörder bin«, erwiderte Enwass. »Ich habe getötet und werden weiter töten, um mein Leben zu retten, Skar. Aber dich zurückzulassen, bedeutet deinen Tod. Die Quorrl werden wiederkommen.« Er lächelte flüchtig, als er Skars Überraschung bemerkte. »Das Mädchen hat uns alles erzählt«, sagte er, »Einer der Quorrl ist entkommen. Es ist ein weiter Weg bis zu ihrem Heerlager, aber sie sind rachsüchtig. Zweifellos sind sie jetzt bereits auf dem Weg zurück, um sich an dir zu rächen. Von den Satai ganz zu schweigen — sie schätzen es nicht, wenn einer von ihnen getötet wird.«
»Wenn das so ist, bin ich wohl eher eine Gefahr für euch, als eine Hilfe«, sagte Skar, aber Enwass fegte seine Worte mit einer bewußt beiläufigen Bewegung zur Seite.
»Wir haben keine Angst vor einer Bande fischgesichtiger Quorrl«, sagte er. »Und wir reisen noch heute weiter, sobald die Sonne untergegangen ist. Die Quorrl können frühestens in einem Tag hier sein. Bis dahin sind wir fort.«
»Sie werden meinen Spuren folgen. Und euren.«
»Wir hinterlassen keine«, behauptete Enwass. Er seufzte.
»Genug jetzt. Du wirst uns begleiten — oder sterben. Oder uns begleiten und später sterben, solltest du mich belogen haben. Bist du hungrig?«
Skar nickte. »Sehr. Aber wieso —«
»Später«, unterbrach ihn Enwass mit erhobener Stimme, »ist Zeit genug zum Reden.« Er stand auf. »Ruh' dich aus. Ich schicke das Mädchen mit einer heißen Suppe zu dir. Du kannst im Bett
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