Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter
erschrocken an und rettete sich in ein verlegenes Lächeln. »Ich... weiß es nicht, Herr«, sagte er. »Man hat mir nur aufgetragen, Euch zu suchen und herzubringen. Aber er wird kommen«, fügte er hastig hinzu.
»Und das da?« Skar deutete auf den reich gedeckten Tisch.
»Für wen ist das?«
»Ich weiß nicht«, wiederholte der Diener. »Drask pflegt immer gut zu essen. Und... und gerne in Gesellschaft.«:
Ja, dachte Skar finster. Er konnte sich gut vorstellen, was kommen würde: Wahrscheinlich würde er das Vergnügen haben, den Vormittag in Gesellschaft irgendwelcher Generäle oder Heerführer zu verbringen, die ihn blöde anglotzten und darauf warteten, daß er weise mit dem Kopf nickte und ihnen mit acht oder zehn knappen Worten eine Verteidigungsstrategie unterbreitete, mit der sie die Quorrl innerhalb einer Woche in ihre Eiswälder zurücktrieben. Skar hatte plötzlich gute Lust, den Tisch umzuwerfen. Aber natürlich tat er es nicht.
»Es ist gut«, sagte er. »Du kannst gehen.«
Der Diener lief hinaus, noch ehe er ausgesprochen hatte. Skar spürte, wie froh er war, aus seiner Nähe verschwinden zu können. Sein Verhalten ärgerte ihn, aber er konnte es verstehen. Er hätte kaum anders reagiert, an seiner Stelle, hätte er sich unversehens einem Mann gegenübergesehen, dessen Brüder seit fünf Jahren versuchten, die Welt zu erobern.
Da es im Moment nichts anderes gab, was er tun konnte, setzte er sich, goß sich einen Becher Wein ein und nippte vorsichtig daran. Er war süß und sehr schwer, und Skar nahm sich vor, nicht zu viel davon zu trinken. Er hatte sich noch längst nicht richtig erholt und mußte einen klaren Kopf behalten.
Aber er blieb nicht lange allein. Schon nach wenigen Augenblicken hörte er Schritte draußen auf dem Gang, dann wurde die Tür aufgestoßen, und der Diener kam zurück. Er war nicht mehr allein. In seiner Begleitung befanden sich Syrr und ihr Bruder. Skar stand auf, musterte die beiden verwirrt und sah den Diener an. »Was —«
»Drask hat es befohlen, Herr«, sagte der Diener hastig, und eindeutig im Tonfall einer Verteidigung. »Er... er sagte, die beiden hier sollten zu Euch gebracht werden. Er sagte, Ihr würdet ihre Gesellschaft schätzen.«
»Das... stimmt«, antwortete Skar automatisch. »Es ist gut. Du kannst gehen.«
Diesmal lief der Diener fast noch schneller aus dem Raum als beim erstenmal. Skar blickte ihm kopfschüttelnd nach, dann wandte er sich an Syrr. »Was ist mit den anderen?« fragte er. »Mit Enwass und seiner Familie? Sind sie in Ordnung?«
Talin starrte ihn nur wortlos an, während auf Syrrs Gesicht ein fast verletzter Ausdruck erschien. Wahrscheinlich war sie enttäuscht, daß Skar so wenig Freude über ihr unverhofftes Wiedersehen zeigte. Nun — genau das sollte sie schließlich sein.
»Sie... sind gesund«, antwortete sie schließlich. »Gorrn hat sie ins Lager bringen lassen, aber Drask selbst hat ihm noch einmal befohlen, sie gut zu behandeln. Ich war dabei.« Und plötzlich war ihre Selbstbeherrschung dahin. Mit einem halblauten Schrei stürmte sie auf Skar zu, warf sich an seine Brust und umklammerte ihn so fest, daß es beinahe weh tat. »Oh, Skar«, schluchzte sie. »Ich bin so froh, dich wiederzusehen. Ich... ich hatte solche Angst, daß sie dir etwas antun!«
Skar löste ihre Hände mit sanfter Gewalt, schob sie erst auf Armeslänge von sich und dann auf einen Stuhl. »Mir ist nichts geschehen«, sagte er betont knapp. »Wie du siehst, geht es mir sogar sehr gut. Aber was tut ihr hier?«
Syrrs Augen wurden groß. »Aber... aber ich dachte, du...«
»Ich?« Skar schnaubte. »Ich habe nichts damit zu schaffen. Ich habe dir schon einmal gesagt, daß ich weder dich noch deinen Bruder noch sonst irgendeine Familie brauche!«
Syrr war verletzt, aber das berührte ihn nicht. Verdammt, er hatte mehr als genug eigene Probleme und weder die Lust noch die Kraft, sich mit einer erst halb erwachsenen Waise und ihrem verhaltensgestörten Bruder abzugeben. Was dachte sich dieser Drask?!
»Ich dachte mir, es würde dir Freude bereiten, ein bekanntes Gesicht zu sehen, Skar«, antwortete eine Stimme von der Tür aus.
Skar fuhr herum und erkannte Drask, der unbemerkt eingetreten war. Zorn flammte in ihm auf.
»Und ich dachte, du hättest versprochen, es nicht mehr zu tun!« fauchte er.
Drask machte eine schuldbewußte Handbewegung. »Verzeih, Skar«, sagte er. »Alte Gewohnheiten legt man nicht so schnell ab. Wenn du willst, lasse ich
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