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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Lederstreifen zu binden.
    Er führte die Bewegung niemals zu Ende.
    Skar sah alles mit entsetzlicher Klarheit, und obwohl er es
erwartet
hatte, entsetzte ihn das Geschehen so sehr, daß er sekundenlang wie erstarrt dastand. Es war mehr als nur ein Zufall, daß er überlebte.
    Ein weiterer, ungeheuerlicher Stoß traf die Burgmauern, so hart, daß der Mann, der ihn hatte fesseln wollen, mit einem überraschten Keuchen vor ihm auf die Knie herabfiel. Der Fels unter ihren Füßen bebte, und für einen Moment war es, als winde sich die gesamte Festung wie in einem Krampf. Aber es war kein weiterer Anprall der gigantischen Ramme gewesen; das Tor war längst geborsten, und fünfzig Meter unter ihnen strömten bereits die ersten Quorrl ins Innere der Festung. Es war ein Stoß, der die Festung von
innen heraus
erschütterte, die letzte, fürchterliche Anstrengung, mit der sich die Bestie endgültig befreite. Nur ein paar Zoll neben dem Satai platzte die Wand auf. Eine dünne, handgroße Steinplatte löste sich und zerbarst, noch bevor sie auf dem Boden aufschlagen konnte,
aber dahinter war kein Stein!
Dem Satai blieb nicht einmal Zeit, einen Schrei auszustoßen.
    Ein Bündel haardünner schwarzer peitschender Fäden zuckte aus der Mauer, klatschte in sein Gesicht und hüllte es ein wie eine tausendfingrige Hand. Der Krieger wurde zu Boden und mit entsetzlicher Wucht gegen die Mauer gerissen, und fast in der gleichen Sekunde platzte der Stein auch an einem Dutzend anderer Stellen auf, schwarze, peitschende Arme griffen wie blinde Schlangen in die Luft, tasteten nach Skar und dem zweiten Satai, der ihn hielt, ringelten sich um dessen Beine und Arme und begannen mit ungeheuerlicher Kraft zu zerren.
    Skar reagierte blind. Er ließ sich einfach nach hinten fallen, spürte, wie einer der dünnen Fäden, die sich um seine Knie gewickelt hatten, riß und die anderen ihn mit brutaler Kraft wieder auf die Mauer zuzuziehen trachteten, und holte blitzschnell seine Waffe aus dem Gürtel. Die Klinge zerschnitt das noch dünne, schwarze Gewebe, das sich an ihm festgesaugt hatte, aber fast sofort griffen neue dünne Ärmchen nach ihm. Er sprang zurück, hieb blindlings um sich und spürte, wie der Boden unter seinen Füßen zu knistern begann. Die oberschenkeldicken Balken des Wehrganges wölbten sich, schlugen Blasen wie flüssiger Teer, und plötzlich quollen Millionen und Abermillionen mikroskopisch feiner zuckender schwarzer Fäden zwischen ihren Ritzen hervor. Das Wandstück, das den Satai verschlungen hatte, zerbrach endgültig, und heraus kam etwas, das an eine absurde schwarze Hand mit viel zu vielen Fingern erinnerte und sich rasend schnell auszubreiten begann. Mit einem Male gellten überall auf dem Wehrgang Schreie auf, Schmerzens- und Angstschreie, in die sich das Krachen berstenden Steines und das Knirschen auseinanderbrechender Balken mischte. Schon bevor er herumfuhr, wußte er, was er sehen würde.
    Aber er hatte nicht geahnt,
wie
schlimm es war.
    Die gesamte Mauerkrone war zu schwarzem würgendem Leben erwacht. Das
Netz
war überall, und es wuchs mit irrsinniger Geschwindigkeit. Ein Teil des Wehrganges schien wie unter einem Wust sich windenden, ineinandergeknäulten schwarzen Wurzelwerkes verschwunden zu sein, stachelige schwarze Bälle, die sich hin und her bewegten und alles verschlangen, was sich ihnen in den Weg stellte. Dutzende von Kriegern hatten sich bereits unrettbar in das zuckende schwarze Netz verstrickt; manche schreiend vor Angst und noch um sich schlagend, andere bereits reglos, tot oder ohne Besinnung, und schon zu einem Teil des gewaltigen Monstrums geworden, das sich unaufhaltsam weiter ausbreitete.
    Etwas berührte seinen Fuß. Skar schrak zusammen, sah ein dünnes schwarzes Gewebe an seinem Bein emporkriechen und schlug blitzschnell mit dem Schwert zu; die Klinge durchtrennte das haarfeine Gespinst, aber aus dem Balken, auf dem er stand, quollen neue Fäden, krochen aufeinander zu und verknäulten sich, schienen dabei zu wachsen, dicker und widerstandsfähiger zu werden. Der Anblick war auf eine morbide Art so faszinierend, daß Skar um ein Haar die Gefahr vergessen hätte, die er bedeutete. Erst im letzten Moment prallte er zurück, wirbelte herum und versuchte, die Treppe zu erreichen.
    Er machte nur einen Schritt. Del und er waren kaum zwanzig Fuß vom Treppengang entfernt gewesen, aber wo sich noch vor Augenblicken die schmale, steil in den Hof hinabführende Treppe befunden hatte, wogte und zitterte

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