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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auf die großen Ölkrüge, die sie dort unten aufgestellt hatten. Aber Titchs Krieger stürmten einfach weiter.
    Es war, dachte Skar schaudernd, als wollten sie das Feuer einfach mit ihren Leibern ersticken. Tief unter ihm erreichten die Krieger mit der inzwischen lichterloh brennenden Ramme das innere Tor und versuchten es aufzusprengen.
    »JETZT!«
schrie Del, so laut er konnte.
»Die Mauer!«
    Zum dritten Mal begannen die Bogensehnen zu sirren. Ein ganzer Hagel brennender Pfeile regnete auf den Hof hinab und klatschte in den schmalen, ölgefüllten Graben, den die Männer vor der äußeren Mauer ausgehoben hatten.
    Es ging rasend schnell. Zu der weißglühenden Feuerlinie auf der Mauerkrone gesellte sich eine zweite, die an ihrem Fuß nagte. Die Stützbalken, die anstelle des herausgebrochenen Mauerwerkes eingesetzt worden waren, fingen Feuer und verbrannten wie Stroh, wurden schwarz, zerbrachen unter dem Gewicht der auf ihnen lastenden Felsmassen. Die Mauer begann zu wanken. Tonnenschwere Steinbrocken brachen aus ihrer Krone und stürzten in den Hof hinab, und plötzlich begann die gesamte Wand zu zucken, schien sich wie ein lebendes Wesen zu winden und hin und her zu werfen, wie um sich noch einmal mit letzter Kraft gegen das Unvermeidliche zu wehren — und neigte sich nach innen. Sie begrub den Hof, die Flammen und jedes lebende Wesen, das sich noch dazwischen bewegt hatte, unter sich.

D as Feuer brannte eine Stunde, und für genau diese Zeitspanne kam auch der Angriff der Quorrl ins Stocken, denn die Hitze unten im Hof war so gewaltig, daß selbst die Verteidiger hinter der Brüstung der zwanzig Meter höher gelegenen Mauer zurückgetrieben wurden. Sie nutzten die Atempause, um ihre Kräfte zu regenerieren und sich neu zu formieren — die Verletzten wurden weggebracht oder an Ort und Stelle versorgt, soweit sie nur leichte Wunden davongetragen hatten, verschossene Pfeile ersetzt, zerbrochene Schwerter gegen neue ausgetauscht. Obwohl sie schreckliche Verluste erlitten hatten, war bisher doch nur ein kleiner Teil des gewaltigen Heeres unmittelbar in die Kämpfe verwickelt worden, und unter den Kriegern begann sich so etwas wie vorsichtiger Optimismus breit zu machen. Skar schätzte, daß sie bisher nicht mehr als drei-, vielleicht vierhundert Mann verloren hatten; vierhundert Mann zu viel, aber ein Nichts gegen den Blutzoll, den sie Titchs Kriegern abverlangt hatten.
    Für jeden erschlagenen Satai lagen zehn tote Quorrl unter den Trümmern des brennenden Hofes, und doppelt so viele waren verletzt und hatten sich zurückziehen müssen.
    Aber Skar wußte auch, wie sehr der kurze Triumph täuschte und wie teuer er erkauft worden war. Die Quorrl würden kein zweites Mal in eine Falle wie diese tappen; ganz davon abgesehen, daß sie gar nicht die Möglichkeit hatten, sie noch einmal aufzubauen — das Vorkastell war außer den Türmen der einzige wirklich
gebaute
Teil der titanischen Trutzburg gewesen. Der weitaus größte Teil der Festung war einfach aus dem natürlichen Gestein des Berges herausgemeißelt worden. Und selbst, wenn es anders gewesen wäre — sie konnten schlecht Stück für Stück die ganze Burg hinter sich abbrennen und darauf hoffen, daß die Quorrl fünfmal hintereinander den gleichen Fehler begingen.
    Skar sah sich mit unverblümter Sorge um. Die zweite Wehrmauer war weitaus höher und dicker als die erste, die Tore kleiner und leichter zu verteidigen, so daß sie Titchs Krieger sicher noch eine Weile würden aufhalten können. Aber hinter ihr gab es nichts mehr, um den Quorrl Einhalt zu gebieten — jenseits des Hofes, in dem gestern noch die Hunde gewesen waren, begann die eigentliche Festung — ein Labyrinth ineinandergeschachtelter Gebäude und winziger Höfe, Türme und steinerner Würfel, Gänge und Stollen, Treppenschächte und Säle, in denen sie den Angreifern praktisch ungeschützt gegenüberstehen würden. Sie hatten keine Taktik für den Fall ausgearbeitet, daß die Quorrl den Durchbruch schafften, sondern ihre gesamte Kraft darauf konzentriert, ihn so lange wie möglich hinauszuzögern und den Quorrl so teuer wie möglich zu machen. Danach war jeder Mann auf sich selbst gestellt. Der Gedanke, den letzten Kampf seines Lebens in diesen finsteren, kalten schwarzen Gängen der Burg fechten zu müssen, entsetzte Skar.
    Sein Blick tastete über die bleichen, von Erschöpfung und Furcht gezeichneten Gesichter der Männer, die rechts und links von ihm Aufstellung genommen hatten.

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