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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der Wand fest. Langsam, Handbreit um Handbreit, schob er sich von der Leiter und den hinaufstürmenden Quorrl weg, auf den Turm und das schmale, verschlossene Fenster zu, das er darin gesehen hatte. Skar dankte im stillen allen Göttern, daß sie keine Zeit mehr gefunden hatten, sie zuzumauern.
    Der Weg war nicht einmal sehr weit, und die Angst gab ihm zusätzliche Kraft, so daß er kaum fünf Minuten brauchte, die zwanzig Meter zu überwinden. Die Mauer war unebener, als es von oben ausgesehen hatte, und seine Finger- und Zehenspitzen fanden ausreichend Halt; unter normalen Umständen wäre eine solche Klettertour für einen geschickten Mann wie ihn nicht einmal besonders gefährlich gewesen. Aber die Umstände waren nicht normal.
    Die Quorrl, die unter ihm die Wand hinaufstiegen, kamen beunruhigend schnell näher, und auch unten im Hof hatte man die einsame Gestalt erblickt, die sich waagerecht an der Wand entlangschob. Pfeile sirrten zu ihm hinauf. Die meisten verfehlten ihn, aber zweimal rettete ihn nur sein lederner Harnisch davor, einfach heruntergeschossen zu werden wie eine Tontaube auf dem Schießstand. Aus den Augenwinkeln sah er, wie die Quorrl eine weitere Sturmleiter herbeischleppten und darangingen, sie unmittelbar unter dem Fenster gegen die Wand zu lehnen.
    Skar verdoppelte seine Anstrengungen, wobei er immer wieder nach oben blickte, darauf gefaßt, einen Teppich schwarzer peitschender Fäden die Wand hinunterfließen zu sehen. Aber das Netz rührte sich nicht. Skar begriff mit einem Gefühl eisigen Entsetzens, daß es eine
denkende
Kraft war, die es lenkte. Es wartete auf die Opfer, die freiwillig zu ihm hinaufgestiegen kamen, statt sich durch die Jagd auf einen einzelnen Mann zu verraten.
    Die Leiter krachte unmittelbar neben ihm gegen die Wand, ihr oberes Ende nur noch eine halbe Armeslänge von der Fensterbrüstung entfernt. Als Skar in die Tiefe sah, begannen zwei, drei, vier, fünf Quorrl dicht hintereinander die Sprossen hinaufzuturnen. Er kletterte schneller. Als der vorderste Quorrl die Leiter zur Hälfte überwunden hatte, fand er festen Halt an den groben Sprossen, schwang sich hinauf und überwand den letzten Meter zum Fenster mit einer einzigen, kraftvollen Bewegung.
    Beinahe wäre es seine letzte gewesen.
    Das Fensterglas zerbarst. Die fingerbreite Klinge eines
Tschekal
erschien inmitten eines Hagels kleiner bunter Glassplitter, stach nach seinem Gesicht und zuckte im allerletzten Moment zurück. Skar fluchte, schlug den Rest der Scheibe mit dem gepanzerten linken Arm ein und zog sich mit einem erschöpften Keuchen ganz durch das Fenster.
    Er hörte einen überraschten Ausruf. Eine Hand griff nach ihm, aber er war schneller von selbst auf den Füßen, als sie ihn hochziehen konnte.
    »Ihr?« fragte der Satai, der ihn um ein Haar niedergestochen hätte, aufs höchste überrascht. Seine Augen waren weit vor Schrecken. »Aber wie —?«
    Skar schnitt ihm mit einer hastigen Bewegung das Wort ab.
    »Raus hier!« drängte er. »Schnell! Bevor es hier ist!«
    Der Satai blinzelte verwirrt. Er war nicht allein. Insgesamt waren es vier Mann, welche die kleine Kammer besetzten —genug, um das winzige Fenster allein gegen eine Armee zu verteidigen, und ganz offensichtlich begriff er Skars Befehl nicht. Wie konnte er auch?
    »Flieht!« rief Skar ihnen noch einmal zu. »Ich spreche nicht von den Quorrl! Versucht irgendwie aus der Festung herauszukommen!«
    Einer der Männer reagierte sofort — er fuhr herum und stürzte auf den Gang hinaus, noch ehe Skar vollends zu Ende gesprochen hatte, aber die drei anderen starrten ihn einfach nur weiter blöde an, so daß Skar schließlich einem von ihnen einfach einen Stoß versetzte, der ihn rücklings durch die Tür trieb.
    »Raus hier!« brüllte er noch einmal. »Das ist ein Befehl.
    Verlaßt die Festung! Die Quorrl werden euch nichts tun, sagt das allen.
Schnell!«
    Er war der letzte, der den Raum verließ, und als er die Tür zuzog, erscholl hinter ihm ein scharrendes Geräusch, das bewies, daß seine Verfolger nicht mehr weit waren. Trotzdem blieb er einen winzigen Moment lang stehen und sah sich um. Er wußte, wo er war, aber er war so in Panik, daß ihm der richtige Weg zum Thronsaal nicht mehr einfiel. Kiina. Er mußte Kiina retten, irgendwie.
    Etwas krachte von innen gegen die Tür. Inmitten des splitternden Eichenholzes erschien die Klinge einer quorrlschen Kriegsaxt, und Skar rannte blindlings los.
    Er erreichte das Ende des Ganges, hörte

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