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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gesellschaft von vierzigtausend Ungeheuern.«
    »Warum bist du so bitter, Titch?« fragte Skar.
    »Bin ich das?«
    Skar nickte. Einen Moment lang lauschte er vergeblich auf den Zorn, den Titchs Worte eigentlich in ihm wachrufen sollten. Er kam nicht. Er spürte im Gegenteil nur Mitleid mit dem hünenhaften Quorrl. Er war jetzt davon überzeugt, daß Kiina recht gehabt hatte. Es
war
die Festung, die ihrer aller Denken vergiftete. »Das bist du«, antwortete er ruhig. »Du warst es, seit ich dich kennengelernt habe, aber es ist schlimmer geworden, seit wir hier sind.«
    »Vielleicht habe ich meine Gründe«, antwortete der Quorrl kurz angebunden und wollte weiterreiten, aber Skar fiel ihm mit einer raschen Bewegung in die Zügel und hielt das Pferd zurück. »Dann solltest du sie mir verraten«, sagte er.
    Der Quorrl riß ihm die Zügel aus der Hand und ritt weiter, aber nicht sehr schnell, so daß Skar schon nach ein paar Schritten wieder zu ihm aufgeschlossen hatte. »Es ist nicht sehr fair, über etwas zu schweigen, das unser aller Schicksal beeinflussen kann, Titch.«
    Titch lachte leise. »Unser Schicksal? Du leidest an einer typisch menschlichen Krankheit, Satai — du überschätzt dich. Niemand kann sein Schicksal beeinflussen. Was geschehen wird, geschieht.«
    »Warum bist du dann hier?« fragte Skar. »Du glaubst, alles wäre vorbestimmt?«
    »Ich glaube es nicht«, antwortete Titch. »Ich
weiß
es.«
    »Warum kämpfen wir dann?« bohrte Skar weiter. »Warum versuchen wir, die
Sternengeborenen
zu schlagen, wenn doch alles schon vorherbestimmt ist? Warum seid ihr nicht in euren Wäldern im Norden geblieben und habt zugesehen, wie Enwor zugrunde geht?«
    »Weil es vorherbestimmt ist«, antwortete Titch stur. »Und weil wir Krieger sind. Wir wurden als Krieger geboren.«
    Skar warf einen Blick zu dem Heer im Westen, ehe er erwiderte. »Das bin ich auch, Titch, und trotzdem —«
    Der Zornesausbruch des Quorrl kam völlig unvorbereitet; und seine Bewegung so schnell, daß Skar sie nicht einmal sah —im einen Moment war Titch noch ruhig neben ihm hergeritten, eine viel zu groß geratene, mißgestaltete Kröte, unter der das Schlachtroß winzig und verloren wirkte, und im anderen fühlte sich Skar von zwei unmenschlich starken Händen gepackt und halb aus dem Sattel gerissen. Titchs Gesicht war plötzlich sehr nahe vor ihm. Seine Augen füllten fast sein ganzes Gesichtsfeld aus. »Nein, Satai!« zischte der Quorrl, leise, aber in einem Ton, der Skar einen eiskalten Schauer der Furcht über den Rücken laufen ließ. »Das bist du nicht. Du bist zum Krieger
geworden,
aus freien Stücken oder durch Zwang, aber du hattest eine Chance. Wir nicht. Keiner dieser Vierzigtausend, die ich in den Tod zu führen habe, hatte eine Chance!«
    Skar versuchte Titchs Griff zu sprengen, aber es war sinnlos.
    Er schlug die gefalteten Hände mit aller Macht von unten gegen die Titchs, die seinen Hals gepackt hatten, aber der Quorrl zuckte nicht einmal. Skar bekam keine Luft mehr.
    Aber dann, nach einer weiteren Sekunde, ließ Titch ihn los und versetzte ihm einen Stoß, der ihn zurück und um ein Haar aus dem Sattel stürzen ließ.
    »Was meinst du damit?« fragte er verstört, nachdem er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. »Ihr seid —«
    »Krieger!« unterbrach ihn Titch, noch immer leise, und noch immer kaum weniger wütend als zuvor. Seine Augen flammten. »Wir wurden als Krieger geboren. Wir wurden als Krieger
gezeugt,
Satai. Keiner dieser Vierzigtausend ist je gefragt worden, ob er ein Leben als Krieger führen will, und keiner ist je auf die Idee gekommen, an seiner Bestimmung zu zweifeln!«
    »Als Krieger
gezeugt?«
wiederholte Skar zweifelnd. Er begriff sehr wohl, was Titch mit diesen Worten meinte, aber er weigerte sich einfach, es zu glauben. »Du meinst, ihr... ihr wißt
vor der Geburt,
was aus dem Kind wird? Ihr
zeugt
eure Krieger und Handwerker und Bauern, so, wie... wie wir sie erziehen?«
    Titch antwortete nicht, aber sein Schweigen war Antwort genug. Vielleicht mehr, als Skar überhaupt hören wollte. »Das wußte ich nicht«, gab er leise zu. »Bitte verzeih.«
    »Was weißt du überhaupt?« schnappte Titch. Seine Wut verrauchte, aber das lodernde Feuer in seinem Blick blieb; und plötzlich wurde es Skar klar, daß es gar kein Zorn war; oder wenn doch, so ein Zorn, der nicht ihm galt, oder einem der anderen Männer in der Burg oder in dem Heer dort drüben, sondern einem unbarmherzigen Schicksal, das Titch

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