Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
lächerlich, daß sie gegen Monster wie diese Krieg führten.
    Aber da war noch etwas. Etwas, das der Anblick der Daktyle in ihm auslöste, und es dauerte eine Weile, bis er selbst begriff, was es war.
    »Titch«, rief er.
    Der Quorrl stand auf und trat neben ihn.
    »Schau dir diese Daktyle einmal genau an«, forderte Skar ihn auf. Er blickte Titch nicht an, aber er spürte die Bewegung des Quorrl, und er wußte, daß sich hinter der flachen Stirn des Schuppenkriegers die gleichen Überlegungen abspielten wie hinter seiner eigenen.
    »Sie ist... sehr groß«, sagte Titch zögernd.
    Skar nickte. »Ein Gigant. Die größte Daktyle, die ich je gesehen habe. Und ich habe eine Menge gesehen.«
    Titch sah ihn verwirrt — aber vielleicht auch lauernd — an. »Was meinst du?«
    Skar zuckte mit den Achseln. »Nichts. Ich... denke nur laut nach. Ein Tier wie dieses muß ... sehr wertvoll sein.« »Vermutlich«, bestätigte Titch.
    »Man wird es nicht einfach so zum Fliegen benutzen«, fuhr Skar fort.
    »Niemand fliegt
einfach
so«, entgegnete Titch. »Nur die
Errish
fliegen.«
    »Das meine ich nicht«, widersprach Skar. »Es muß unglaublich weit fliegen können. Sieh dir diese Flügel an, Titch. Und diese Muskeln! Es muß doppelt so weit fliegen wie eine normale Daktyle.«
    »Der Weg nach Elay ist weit«, antwortete Titch. Er klang ...
    nervös?
    »Das meine ich nicht«, antwortete Skar. »Es ist...« Er sprach nicht weiter, sondern überwand seinen Widerwillen, scheuchte einen von Titchs Quorrl mit einer groben Handbewegung beiseite und bückte sich nach dem ledernen Futtersack, der wie ein künstlicher Kropf unter dem Hals des Tieres angeschnallt war. »Er ist leer«, stellte er fest, nachdem er ihn kurz abgetastet hatte. Er machte sich nicht einmal die Mühe, ihn zu öffnen. »Und?« fragte Titch.
    Skar deutete auf die Habseligkeiten der Toten, welche die Quorrl auf dem Felsen ausgebreitet hatten. »Keine Vorräte, nicht einmal ein Wasserschlauch.«
    Titch lachte humorlos. »Wasser ist nun wirklich genug hier«, gab er zu bedenken. »Und die Daktyle kann sich unterwegs Futter reißen, so viel sie will.«
    »Wenn sie versucht, sich an eine schwerbewaffnete Burg wie die unsere anzuschleichen?«: fragte Skar zweifelnd. »Kaum.« Er schüttelte entschieden den Kopf. »Diese
Errish
hat nie vorgehabt zurückzukehren«, behauptete er.
    Zu seiner Überraschung widersprach Titch nicht, sondern nickte nach einer Weile schwerfällig. »Ein Selbstmordunternehmen«, vermutete er. »Was ist so ungewöhnlich daran? Vielleicht war sie überzeugt davon, Erfolg zu haben, und wollte einfach auf die warten, die ihr folgten.«
    Titchs Worte klangen einleuchtend, aber Skar hatte in den letzten Tagen einfach zu viel gehört, was einleuchtend klang und doch falsch war. Vielleicht hatte Del ein bißchen recht gehabt mit seiner spöttischen Bemerkung, daß er es einfach nicht mehr ertrüge, eine einfache Lösung zu akzeptieren, aber diesmal irrte sich der Quorrl, das spürte er einfach. Es war, als wache er zum zweiten Mal aus einem unendlich tiefen, betäubenden Schlaf auf, und plötzlich begriff er, daß es die Burg war — ihr unheimlicher Einfluß vergiftete nicht nur ihre Seelen, er hatte ihn auch bisher daran gehindert, wirklich
logisch
nachzudenken. Aber mit einem Male, ganz plötzlich, funktionierte sein Denken wieder mit der alten, gewohnten Schärfe. Er erkannte sogar, daß es gerade umgekehrt war — er fand die Beweise für seinen Verdacht nicht, weil er danach suchte, sondern hatte den Verdacht gefunden, weil etwas in ihm die Indizien längst wahrgenommen und richtig gedeutet hatte.
    Dicht neben Titch ließ er sich ein zweites Mal in die Hocke sinken und deutete auf das Gesicht der toten
Errish.
»Sieh es dir genau an«, verlangte er.
    Titch gehorchte.
    »Dir fällt nichts auf?«
    Titch schüttelte den Kopf und sah ihn fragend an.
    »Vermutlich würde es mir auch nicht auffallen, wenn hier ein toter Quorrl läge«, sagte Skar. »Aber diese Frau ist sehr lange hier gewesen, ehe sie starb. Sie hat tagelang Durst gelitten. Sieh dir ihre Lippen an, und die Augenlider. Sie muß gehungert haben.« Er hob die Hand und deutete auf die Daktyle, ohne sich aus der Hocke zu erheben. Plötzlich war alles glasklar, so deutlich, daß er sich vergeblich fragte, warum ihm all dies vor zwei Tagen entgangen war. »Und der Vogel! Erkennst du die Spuren im Fels? Den Dung und die frischen Kratzer, und die Wunden an seinen Läufen? Er hat versucht zu

Weitere Kostenlose Bücher