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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ausmachen.«
    Kiina setzte zu einer wütenden Antwort an, fuhr dann aber wortlos herum und stürmte einfach in die Dunkelheit hinein. Skar folgte ihr mit einem gemurmelten Fluch. Sie
war
Gowennas Tochter, daran gab es gar keinen Zweifel. Schade, daß sie nicht auch die Besonnenheit ihrer Mutter geerbt hatte.
    Er holte sie ein, riß sie mit einer etwas zu groben Bewegung an der Schulter zurück und machte eine wedelnde Geste mit der freien Hand. »Und wohin jetzt? Diese verdammten Höhlen sind so groß, daß du Elay fünfmal darin unterbringen kannst. Willst du blindlings herumsuchen?«
    Kiina riß sich los. Aber plötzlich geschah etwas Seltsames: Der Trotz auf ihren Zügen erlosch und machte Verlegenheit Platz. Vielleicht hatte sie gemerkt, daß Skars Zorn nicht gespielt war. Vielleicht ging es ihr auch so wie Skar, und diese Höhlen machten ihr angst.
    »Es gibt einen Saal, nicht weit von hier«, sagte sie. »Er ist für den Drachen der
Margoi
reserviert, und ihre engsten Vertrauten.
    Wenn es Überlebende gibt, dann dort.«
    Skar resignierte. Er wußte, daß er Kiina nicht eher hier herausbekommen würde, bis sie sich mit eigenen Augen von dem überzeugt hatte, was sie im Grunde beide schon lange wußten: daß diese Höhlen so leer und tot waren wie die Stadt, die über ihnen erbaut war.
    Was Kiina mit
nicht sehr weit von hier
bezeichnet hatte, erwies sich als eine Strecke von zwei Meilen, für die sie auf dem unebenen Boden eine gute Stunde brauchten. Sie durchwateten einen unterirdischen, eiskalten Fluß, der nur knietief war, aber reißend, und einmal stürzte Kiina und verletzte sich an der Schläfe, als sie eine steil aufragende Halde aus Schutt und spitzen Lavabrocken überkletterten. Skars Mitleid hielt sich in Grenzen — er hatte Kiina jede nur denkbare Möglichkeit gegeben, umzukehren, aber sie war noch in einem Alter, aus dem man eben nur aus Schaden klug wurde, nicht aus Worten. Doch er registrierte mit einer Mischung aus Sorge und grimmiger Befriedigung, daß sich ihre Kräfte wirklich dem Ende entgegenneigten. Als sie endlich den Durchgang zu der Höhle erreichten, von der Kiina gesprochen hatte, wankte sie vor Erschöpfung. Skar fragte sich, ob sie den Rückweg schaffen würde. Zur Not würde er sie tragen müssen, obwohl er —Und dann sah er etwas, was ihn alle Gedanken an den Rückweg und Kiinas Zustand schlagartig vergessen ließ.
    Es war sehr dunkel hier unten. Die Schwärze schien das Licht ihrer halb heruntergebrannten Fackeln aufzusaugen wie ein körperloser Schwamm, aber der zuckende rote Schein reichte trotzdem aus, Skar erkennen zu lassen, daß der Eingang zur Drachenhöhle nicht leer war.
    Er war groß — halb so hoch wie die Stadttore Elays und zu perfekt gerundet, um trotz der hervorspringenden Kanten und Grate natürlichen Ursprungs zu sein. Und etwas versperrte ihn. Ein Netz. Ein schwarzes Gewebe aus fingerdicken Strängen, zu einer Spirale gedreht wie das Netz einer gigantischen Spinne und mit einem riesigen, klumpigen Zentrum, aus dessen Mitte ein Dutzend kleiner, böser Augen auf Kiina und ihn herabstarrten...
    Kiina schrie auf und taumelte zurück, und auch Skars Herz machte einen erschrockenen Sprung und hämmerte schneller und mit schmerzhafter Kraft weiter. Seine Hand zuckte instinktiv zum Gürtel und riß das
Tschekal
hervor, gleichzeitig trat er einen halben Schritt zurück und spreizte die Beine, um festen Stand für den Fall eines Angriffes zu haben, alles in einer einzigen, fließenden, unglaublich schnellen Bewegung, die fast gegen seinen Willen ablief und noch ehe ihm klar wurde, wie lächerlich das Satai-Schwert gegen die
Sternenbestie
im Zentrum des Netzes wirkte.
    Vor allem, da sie tot war.
    Verblüfft ließ er das Schwert sinken und hob statt dessen die Fackel höher. Der zuckende Lichtschein floß wie blutiges Wasser an den ineinandergeknoteten Strängen des Netzes hinauf, erreichte den aufgedunsenen Balg des Monsters und brach sich in seinen erloschenen Augen wie in funkelnden Diamanten. Gräßliche Fänge, halb geöffnet, als wolle das Ungeheuer selbst im Tode noch zubeißen, grinsten ihn an. Auf der schwarzen Haut, die wie steinhartes zerbrochenes Leder war, hatten sich Tropfen einer wasserklaren Flüssigkeit gesammelt, die in regelmäßigen Abständen zu Boden fielen und sich dicht vor Skars Füßen zu einer schimmernden Pfütze gesammelt hatten. Einer der zahllosen, mit entsetzlichen Klauen bewehrten Schlangenarme des Monsters pendelte leicht hin und her,

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