Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Drachen verloren. Viele wurden von ihren Tieren getötet, bis wir begriffen, daß aus unseren Drachen wieder wilde Bestien geworden waren, andere fielen den Angriffen ihrer eigenen Schwestern zum Opfer. Wäre der Satai nicht erschienen, von dem Anschi dir erzählt hat, wären wir vielleicht alle gestorben. Er lehrte uns zu kämpfen und zu überleben.«
    »Und ihr habt euch die ganze Zeit draußen in der Wüste verborgen?« fragte Skar erstaunt.
    »Und immer auf der Flucht«, fügte Yul bitter hinzu. »Aber schließlich hörten wir, daß der
Wächter
besiegt war. Du mußt wissen, wir hatten Freunde in Elay. Verbündete, die uns manchmal Nachrichten zukommen ließen oder eine Warnung. Wir brachen auf, um in die Stadt zurückzukehren. An diesem Ort hier legten wir unsere letzte Rast ein.« Sie lachte bitter. »Um uns zu
säubern.
Um unsere Wunden zu versorgen und saubere Kleider anzulegen, damit wir nicht wie die Bettler zurückkehrten.«
    »Es hat euch das Leben gerettet«, sagte Skar.
    »Wahrscheinlich«, sagte Yul. »Nein, sicher. Wären wir weiter geritten...« Sie stockte. Ihr Blick richtete sich wieder auf jene imaginäre Stelle weit draußen auf dem Meer, und plötzlich wurde ihre Stimme noch leiser, so daß Skar sich anstrengen mußte, um ihre Worte überhaupt zu verstehen. »Es begann dort draußen, Skar. Ich habe es
gesehen.«
    »Was?« fragte Skar.
    »Der Sturm«, antwortete Yul. »Der Staub, der Elay vernichtete. Ich stand hier, hier wo wir jetzt sind, und es begann dort, irgendwo hinter dem Horizont.« Sie hob den Stock und deutete zitternd mit dem polierten Holz nach Westen. »Auf einer jener kleinen Inseln, die dort liegen. Licht. Ein böses, weißes Licht, wie ich es nie zuvor im Leben gesehen habe. Es war, als wäre die Sonne auf die Erde herabgefallen.«
    »Ein Licht?« wiederholte Skar zweifelnd. »Die
Margoi
hat nichts von einem Licht erzählt.«
    »Vielleicht haben sie es nicht bemerkt«, antwortete Yul. »Elay stand in Flammen, vergiß das nicht. Sie kämpften. Vielleicht haben sie es gesehen, aber nicht gewußt, was es bedeutete. Aber ich sah es und wußte, daß es das Ende war.«
    »Und... dann?« fragte Skar, als Yul nicht weitersprach, sondern nur aus blicklosen, weit aufgerissenen Augen nach Westen starrte. »Das Licht verlosch, aber eine Stunde später begann der Sturm.
    Und mit ihm kam der tödliche Staub, der Elay zerstörte. Du hast gesehen, was er getan hat. Es
muß
aufhören, Skar. Bevor ganz En-wor untergeht.«
    Es war nicht allein das, was sie aussprach, was Skar abermals frösteln ließ. Yuls mehr zu sich selbst als an Skars Adresse gerichtete Worte hatten plötzlich etwas von einer Prophezeiung, einer düsteren, unheilschwangeren, aber unausweichlichen Prophezeiung. Skar antwortete nicht, obgleich er wußte, daß die
Errish
allein sein Schweigen als Zustimmung werten würde.
    Einzig, um sich auf andere Gedanken zu bringen, deutete er auf den Pferch hinter dem Palisadenzaun. »Diese Kreaturen«, sagte er. »Was ist das? Ich habe nie zuvor Wesen wie diese gesehen.«
    »Du warst auch noch nie im Tal der Drachen«, antwortete Yul. »Oder?«
    Skar verneinte. Jetzt, im hellen, beinahe schattenlosen Licht der Mittagssonne, konnte er die so sonderbar menschenähnlich aussehenden Geschöpfe weit besser erkennen als gestern nacht, aber die Helligkeit des Tages nahm ihnen nichts von ihrem unheimlichen Äußeren. Ganz im Gegenteil. Die Kreaturen — Skar weigerte sich selbst in Gedanken, sie
Drachen
zu nennen, obgleich sie es zweifellos waren; aber alles in ihm sträubte sich dagegen, diese häßlichen, mörderischen Dinger mit den stolzen Riesenechsen zu vergleichen, auf denen die
Errish
ritten — hatten tatsächlich etwas Menschenähnliches; schon weil sie sich aufrecht gehend auf den Hinterfüßen fortbewegten und ihre Vorderbeine zu kleinen, klauenbewehrten Ärmchen verkümmert waren —
klein
allerdings nur im Vergleich mit den muskelbepackten Hinterläufen, die so stark wie Skars Oberkörper waren. Ein langer, gepanzerter Schwanz half ihnen offensichtlich dabei, das Gleichgewicht bei dieser für ihre Gattung ungewöhnlichen Art der Fortbewegung zu halten; ihre Füße waren groß und dreizehig wie die von Vögeln und mußten zu entsetzlichen Waffen werden, wenn sie sie im Kampf einsetzten. Das Häßlichste an den Tyrr aber war der Schädel, der unverhältnismäßig groß für den Rest des Körpers war und nur aus Maul und Zähnen zu bestehen schien. Die Tyrr waren zwischen sechs und

Weitere Kostenlose Bücher