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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die sie Titch hinstellte. Der Quorrl blickte sie eine Sekunde lang verwirrt an, ehe er begriff und die Hände in das Wasser tauchte, um das Blut abzuwaschen. Skar sah ihm mit wachsender Ungeduld zu, aber er beherrschte sich weiter. Es war besser, den Quorrl reden zu lassen, als ihn zu fragen.
    »Bist du hungrig?« fragte Kiina. Sie hatten ausreichend Vorräte in dem Haus gefunden, das nur wenige Schritte vom Tor entfernt lag; gerade weit genug, daß sie die Schreie des Quorrl nicht hören konnten. So arm die Ortschaft gewesen war, schienen ihre Bewohner keinen Hunger gelitten zu haben: die Vorratskammern waren voll, und der Speiseplan der Quorrl schien nicht halb so eintönig gewesen zu sein, wie der Anblick ihres öden Landes vermuten ließ.
    Titch schüttelte den Kopf, nickte aber nach einer Sekunde doch und ließ sich erschöpft am Tisch nieder, während Kiina ging, um Brot und kaltes Fleisch zu holen.
    Sie brachte drei Teller mit als sie zurückkam, und sie verbrachten die nächste Viertelstunde damit, schweigend zu essen. Skar war sehr hungrig, und die ersten Bissen, die er herunterschlang, schürten diesen Hunger eher, als ihn zu befriedigen. Er mußte sich beherrschen, um nicht Brot und Fleisch in sich hineinzustopfen, ohne auf Benehmen und Anstand zu achten. Sein Blick suchte immer wieder Titchs Hände. Der Quorrl hatte das Blut seines Rassegenossen vollständig abgewaschen, aber Skar glaubte es trotzdem noch zu sehen. Er verscheuchte den Gedanken.
    »Sie gehörten zur Tempelwache«, sagte Titch unvermittelt.
    Skar sah von seinem Teller auf und beherrschte sich im letzten Moment, Titch zu fragen, von welchem Tempel er redete. Der Quorrl starrte ins Leere. Er hatte längst aufgehört zu essen, aber seine Raubtierzähne mahlten immer noch. »Sie sind vor zwei Tagen gekommen. Einen Tag, nachdem wir…«
    »Den Ssirhaa getötet haben«, fügte Skar hinzu, als Titch nicht weitersprach.
    »Das kann ein Zufall sein«, vermutete Kiina.
    »Ja. Oder auch nicht.« Skar ließ das Stück Brot sinken, an dem er gekaut hatte, und sah Titch gleichermaßen aufmerksam wie fordernd an. Er hatte plötzlich keine Lust mehr, Rücksicht zu nehmen. Zwischen Kiina und Titch war seit seinem Erwachen am frühen Morgen eine Vertrautheit, die ihn freuen sollte, aber das Gegenteil bewirkte. Die beiden waren noch lange nicht zu Freunden geworden, aber es war etwas zwischen ihnen, das Skar ausschloß. Er war eifersüchtig.
    »Zu welcher Tempelwache?« fragte er. »Und warum haben sie das hier getan? Was haben die Leute in diesem Dorf verbrochen, daß sie so hart bestraft wurden?«
    »Und von wem?« fügte Kiina hinzu.
    »Getan?« Titch schloß für Sekunden die Augen. Seine Hände schlossen sich so fest um die Tischkante, daß das zollstarke Holz knirschte. Es waren nicht
irgendwelche
Quorrl, die in diesem Dorf erschlagen worden waren, erinnerte sich Skar. Es war Titchs Familie gewesen. Seine Freunde.
    »Getan? Sie haben…» Er brach abermals ab, suchte sichtbar nach den richtigen Worten und fuhr mit einem bitteren Lächeln und direkt an Skar gewandt fort: »Sie waren menschlich, Satai.
    Sie haben Flüchtlingen Unterschlupf gewährt. Männer, die sie hätten ausliefern müssen. Männern wie mir.«
    Skar verstand nicht gleich. Titch war der letzte Überlebende der kleinen Quorrl-Armee, mit der sie aufgebrochen waren. Alle anderen waren bei der Schlacht gegen den
Dronte
getötet worden; oder später von Anschis Drachenreiterinnen.
    »Ich bin nicht der einzige Überlebende des Heeres«, antwortete Titch. »Es gibt… einige, die den Befehl mißachtet haben und zurückgekommen sind.«
    »Welchen Befehl?« fragte Kiina verwirrt.
    Titch blickte sie an; schwieg.
    »Zu sterben«, sagte Skar leise.
    Kiina erschrak nicht einmal — und wie auch? Sie wußte es ja nicht. Vielleicht waren Skar und Del die einzigen Menschen auf diesem ganzen Planeten, die wußten, daß die Quorrl ihnen ein Heer von Toten geschickt hatten. Er sah Titch an, und der Quorrl gab ihm mit einem kaum angedeuteten Kopfnicken die Erlaubnis, weiter zu sprechen.
    »Die Quorrl hatten den Befehl, zu sterben«, wiederholte er, leise, mit mühsam beherrschter Stimme und einem Gefühl des Mitschuldig-Seins, das er selbst nicht ganz verstand.
    »Zu sterben? Du meinst, sie…« Kiina sog hörbar die Luft ein und starrte erst Skar, dann den Quorrl voller Unglauben an. »Ihr solltet…
Selbstmord
begehen?«
    »Nein«, antwortete Titch. »Das falsche Wort, Mensch. Wir sind schon tot. Kein

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