Eobal (German Edition)
…«
Nero.
Zant hatte recht. Sie hatte es geahnt.
Daxxel hätte den Hörpeiler am liebsten auf den nassen Boden geschmettert, doch dann steckte er ihn zurück in die Jackentasche. Der Nieselregen passte allmählich hervorragend zu seiner zunehmend depressiven Stimmung. Daxxel betrat das Konsulat und marschierte in sein Büro, in dem Nero mittlerweile bei Satz 34 angekommen war. Er verstummte, als Daxxel eintrat.
»War das zufriedenstellend, Exzellenz?«, fragte die Maschine.
Daxxel ließ sich hinter seinem Schreibtisch in den Sessel fallen.
»Nein«, murmelte er dann. »Das war es ganz sicher nicht.«
Kapitel 4
Es gab in Eobal-City, wie in jeder größeren Stadt, gute und weniger gute Viertel. In einer Metropole, in der die Sicherheitskräfte ihren Dienst eher nachlässig versahen, verwischten sich diese Grenzen. Die Gegend, in die Josefine Zant nun spazierte, nachdem sie sich von einer öffentlichen Transportkapsel am nahen Bahnhof hatte absetzen lassen, gehörte möglicherweise zu den weniger guten. »Möglicherweise« deswegen, weil in dieser Stadt nicht genau zu unterscheiden war, wer es nun besser oder schlechter getroffen hatte. War es besser, in einer »gehobenen« Wohngegend mit einer lustlosen Stadtpolizei gesegnet zu sein, die von jedem für alles Bestechungsgelder annahm? Oder war es schlechter, der lokalen Straßengang eine Schutzgebühr zu zahlen und dann tatsächlich, wenn sich nicht gerade Machtverschiebungen ergaben, einigermaßen in Ruhe gelassen zu werden? Josefine Zant stand im achten Dienstjahr und war in dieser Zeit auf fünf verschiedenen Planeten stationiert worden. Wie es das Schicksal so wollte, jedes Mal in Städten. Die in einem weniger guten Teil von Olympus-City auf dem Mars verbrachten Jugendjahre hatten das Ihre dazu beigetragen, dass die Frau sich in dem von schriller und überdrehter Musik aus den diversen Etablissements durchdrungenen Gewirr aus Straßen und Gassen mit der Gelassenheit und Selbstsicherheit großer Erfahrung bewegte. Ihre schmucklose, aber gut sitzende Zivilkleidung war so geschnitten, dass Taschendiebe sich schon sehr anstrengen mussten, um zum Erfolg zu kommen, außerdem betonte sie ihre kraftvolle Gestalt. Abschätzende Blicke begegneten ihr, viele aus professionellem Interesse, aber selbst nach einer Viertelstunde des Schlenderns war sie noch nicht dumm angemacht worden.
Zant kannte die Lage der Bar, die sie besuchen wollte, trotzdem näherte sie sich ihr auf großen Umwegen. Erst wollte sie ein Gefühl für diese Gegend bekommen, die Straßen kennen, nicht zuletzt, um sich im Falle des Falles effektiv absetzen zu können. Es war hektisch hier, voller Besucher, vom ahnungslosen Touristen bis zum abgehärmten Junkie, und die grellbunten Leuchtschilder und Holographien priesen so ziemlich jede nur denkbare Ware und Dienstleistung an. Die vielfache Musikbeschallung vermischte sich mit dem Geschrei Betrunkener, dem Lärm einer gelegentlichen Rauferei, dem Geschwätz der Spaziergänger und den Schritten so unterschiedlicher Völker zu einem Klangbrei, der Zant wohl vertraut war. Sie wusste, auf was sie zu achten hatte, was in all dem Auf und Ab ein bedeutsamer Ton war. Sei es das plötzliche Aufheulen einer Sirene, das helle Summen einer hochladenden Energiewaffe oder das Ächzen eines Wesens, dessen Schmerzensschrei erstickt wurde. Sirenen, so musste die Soldatin rasch feststellen, heulten hier wenige und Uniformen sah sie im Straßenbild kaum. Wer auch immer in diesem Teil der Stadt das Sagen hatte, Eobal Security jedenfalls nicht. Dafür war so mancher Schmerzensschrei zu hören, und nicht unbedingt erstickt. Es schien niemanden weiter zu stören. Josefine hielt mit der Rechten die kleine Dienstwaffe in ihrer Hosentasche. Es war eine flache Projektilpistole, die winzige Betäubungsnadeln verschoss. Das Magazin fasste sechzehn Schuss. Die Reichweite war begrenzt.
Sie hatte nach der Durchsuchung von Dhlomas Wohnung nur kurz mit Daxxel gesprochen und sich dann auf den Weg in die Stadt gemacht. Der Konsul war denkbar schlechter Laune gewesen, hatte aber erfreulicherweise nicht versucht, mögliche negative Konsequenzen aus den gewonnenen Erkenntnissen kleinzureden. Die Tatsache, dass sein Büro verwanzt war und Dhloma ihn hatte abhören können, untergrub spürbar Daxxels Motivation, sich weiter mit diesem Fall zu befassen. Zant rechnete es ihm hoch an, dass er trotz seiner deprimierten Stimmung nicht gezögert hatte, die Untersuchungen fortzusetzen. Er
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