Eobal (German Edition)
Kurzem haben sich gewisse Hinweise verdichtet. Ich habe ihn dann aufgesucht.«
»Das besagte letzte Treffen?«
»So ist es. Ich wollte Dhloma zur Rede stellen. Ich war … aufgebracht. Sehr wütend. Ich drohte ihm Konsequenzen an, persönliche wie auch politische. Er wiegelte ab, bestritt alles. Er bot mir an, Beweise für seine Unschuld vorzulegen. Er wirkte … ehrlich.«
Daxxel wusste, was RagaNahir meinte. Dhloma war schon immer ein perfekter Schauspieler gewesen, und ein sehr charmanter noch dazu. Seine interkulturelle Kompetenz war allgemein anerkannt. Wenn jemand einen Meraner um seinen Tentakel wickeln konnte, dann er.
»Wie ging es weiter?«
»Ich habe mein Vorhaben angekündigt, die eobalische Regierung über meine Verdachtsmomente aufzuklären, und bin gegangen. Am nächsten Tag war er tot.«
Daxxel runzelte die Stirn und dachte nach.
»Das macht die Sache in meinen Augen nicht einfacher«, sagte er schließlich. »Ein Selbstmord würde jetzt ganz gut passen, aber damit wären nicht alle Indizien erklärt. Er mag absichtlich eine Überdosis eingenommen haben, aber den Schädel hat er sich wohl kaum selbst eingeschlagen.«
»Unwahrscheinlich«, stimmte RagaNahir zu. »Und nein, das Kalifat hat auch kein Attentat auf ihn verübt.« Der Botschafter seufzte. »Mir ist klar, dass so etwas in der Vergangenheit gelegentlich vorkam. Auch heute möglicherweise noch, in Extremsituationen. Auch die Akte scheut davor ja nicht immer zurück.«
»Ich habe nichts gesagt.«
»Aber gedacht.«
»Fahren Sie fort.«
»Wir hätten nichts davon gehabt, Dhloma zu töten. Wenn er doppeltes Spiel trieb, dann verfügte er über wichtige Informationen in Sachen Perlenhandel. Es war im Interesse des Kalifats, dass er am Leben blieb.«
Daxxel neigte zustimmend den Kopf.
»Ihre Argumentation ist nachvollziehbar«, erklärte er und schloss mit einer Lüge. »Ich habe nie ernsthaft eine Involvierung des Kalifats in den Mord angenommen.«
RagaNahir ließ nicht erkennen, ob er das eine von dem anderen zu trennen vermochte. Er wurde eines Kommentars enthoben, als LedaNahir eintrat. Sie trug zwar kein edles, körperbetontes Abendkleid, sondern nur ein zweiteiliges Kostüm, wie es viele andere weibliche Humanoide auf vielen Welten im Büro trugen, aber sie war immer noch eine Augenweide. Daxxel erhob sich zu ihrer Begrüßung, sie setzte sich neben RagaNahir und akzeptierte aus seinen Händen eine Tasse Kaffee.
»Leda hier sollte bei unserem Gespräch zugegen sein. Sie ist meine Spezialbeauftragte für den Perlenhandel. Offiziell ist sie Assistentin des Geschäftsträgers, tatsächlich jedoch Mitarbeiterin des Kalifatamtes, Abteilung Äußere Angelegenheiten.«
Daxxel war beeindruckt. Sie hatte es in einem Karriereweg, der ihrem Geschlecht normalerweise versperrt blieb, sehr weit gebracht. Agentin des Kalifatamtes und damit des direkt dem Kalifen unterstellten Sicherheitsdienstes war eine hervorgehobene Position von hohem Vertrauen. Leda besaß direkten Zugang zum Hof und würde, je nach Signifikanz ihres Auftrages, persönlich dem Kalifen berichten.
Daxxel fühlte sich ein wenig klein in ihrer Gegenwart. Dass sie ihn freundlich ansah und offenbar nicht die Absicht hatte, großes Aufheben um ihre Position zu machen, änderte daran nicht viel. Das war so der Moment, in dem Daxxel sich wünschte, Zant hätte ihn begleitet.
RagaNahir stieß einige zischende und knatternde Laute aus. Die meranische Staatssprache war ein reines Kunstprodukt und von den Linguisten des Kalifats allein mit dem Ziel erschaffen worden, für Außenstehende so schwer verständlich wie möglich und praktisch unaussprechbar zu sein. Selbst die eigentlichen Meraner, das heißt die Angehörigen des Hauptvolks der Echsen, benötigten jahrelanges Lernen oder umfassende Indoktrination durch Schlaftrainer, um das hochkomplexe Sprachwerk zu beherrschen. Daxxel wusste, dass einige wenige Experten in der Akte von sich behaupteten, Hochmeranisch zumindest verstehen zu können. Für alle anderen war es ein Buch mit sieben Siegeln, das galt sogar für die Bürger der Tributarstaaten, die nominell zum Machtbereich des Kalifats gehörten. Niedermeranisch war leichter zu sprechen und Daxxel beherrschte es zumindest in groben Zügen. Was RagaNahir hier aber seiner Kollegin mitteilte, blieb für ihn völlig unverständlich. Vermutlich unterrichtete der Botschafter sie in knapper Form über den bisherigen Verlauf des Gespräches. Das Hochmeranische bot den zusätzlichen
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