Eobal (German Edition)
kommt selten vor, dass Frauen mit einer solchen Aufgabe betraut werden. Ich erhalte dadurch einen besonderen Status. Erfülle ich die Pflicht zur Zufriedenheit von ManaNahirs Linie, erwerbe ich damit so etwas wie einen Schuldentitel. Das könnte sich für mich irgendwann als sehr nützlich erweisen.«
»Andererseits habe ich den Eindruck, dass RagaNahir über all dies sehr erbost ist und Ihnen dadurch ein Gegner erwachsen ist. Ich gebe aber zu, dass ich die Feinheiten der meranischen Familienpolitik nicht begreife.«
LedaNahir versuchte sich in einem menschlichen Lächeln, wie neulich bei ihrem Abendessen. Sie hatte geübt. Es gelang ihr schon recht gut.
»RagaNahir war schon immer mein Feind.«
»Er scheint aber auch viel von Ihnen zu halten.«
»Er vermag es, zwischen Familienpolitik und dem Wohl des Kalifats zu differenzieren. Das gelingt nicht vielen Meranern und ist zweifelsohne eine Qualität besonderer Art.«
»Aber wird er sich nicht an Ihnen rächen wollen?«
»Das versucht er, seitdem ich mich geweigert habe, ihn zu heiraten.«
Daxxel öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu. Er betrat jetzt sehr brüchigen Boden. Es war keine gute Idee, dieses Thema weiterzuverfolgen.
»Gehen wir, Konsul. Der Botschafter wartet auf uns. Wir sollten seine Nähe suchen.« Wieder lächelte LedaNahir und legte eine Schuppenhand auf seinen Unterarm. »Sie gehören jetzt zur Familie, DaxxelNahir.«
Er wusste nichts zu sagen, die Berührung irritierte ihn mehr, als er zugeben wollte.
»Wir sollten zur Brücke gehen, sonst denkt Raga noch, ich würde Ihren Heiratsantrag annehmen.«
Daxxel wurde rot.
»Sie gehören jetzt zur Familie, DaxxelNahir«, wiederholte Leda und wandte sich zum Gehen. »Sie sind mein Cousin. Nach meranischen Recht dürfen Sie um meine Hand anhalten.«
Daxxel räusperte sich.
»Das würde ihn erst richtig sauer machen, Daxxel«, meinte Leda leichthin. »Das allein wäre die Sache schon wert.«
Sie zwinkerte ihm zu. Das bedeutete bei Meranern in etwa das Gleiche wie bei Menschen, nämlich alles Mögliche.
Dann ging sie voran.
Daxxel beeilte sich.
Kapitel 17
Die Randolf war ein umgebauter Frachter mit einem Durchmesser von fast 130 Metern an ihrer umfangreichsten Stelle. Von außen war das tropfenförmige Raumschiff immer noch nicht von einem Handelsschiff zu unterscheiden. Nur ein Experte bemerkte die Umbauten, von denen die allermeisten ohnehin im Inneren des metallenen Leibes verborgen lagen. Neben schweren Schutzfeldgeneratoren, deren Kapazität über die Defensiveinrichtungen eines Frachters mehrfach hinausgingen, gehörten dazu auch drei Militärtransporter im weiträumigen Hangar, jeder von ihnen schwer bewaffnet und in der Lage, je 35 Bewaffnete auf so ziemlich jeder Art von Welt abzusetzen. Dass sich hinter den verschlossenen Luken der Außenhaut außerdem noch die Armierung eines Kampfkreuzers verbarg, mit schweren Energiebatterien, Raketenwerfern und einer starr in die Nase des Schiffes eingebauten Plasmalanze hätte einen Fachmann dann auch nicht mehr weiter überrascht. Das Triebwerk beschleunigte die Randolf auf Spitzenwerte und so war dieser »Frachter« in Wirklichkeit ein formidables Kampfschiff und damit der ganze Stolz von Randolf Tesk III. Letzterer stand breitbeinig auf der Brücke des Schiffes und starrte missmutig auf den Bildschirm. Die dreidimensionale Darstellung zeigte – wohlweislich abgeblendet – die Sonnenkorona, in der sich das Söldnerschiff verborgen hielt. Der Schutz, den die Korona bot, hatte einen eklatanten Nachteil: Er störte auch massiv die aktiven und passiven Ortungseinrichtungen und machte die Randolf damit fast taub und blind. Der Blick des breitschultrigen und leicht zu Übergewicht neigenden Mannes mit dem langen, gepflegten Backenbart, der rötlich aus seiner blassen Haut hervorwallte, wanderte auch immer wieder zum Chronometer, in der Hoffnung, dass die Wartezeit bis zum Rückflug nach Eobal und zur Aufnahme seiner Männer von ihrem dortigen Einsatz endlich verstrichen wäre.
Randolf Tesk III. war nicht irgendein dahergelaufener Söldneranführer. Er wählte seine Kämpfer mit der gleichen Sorgfalt aus, die er der Pflege seiner Gesichtsbehaarung angedeihen ließ. Und er sorgte sich um sie, wenn sie seine Aufträge ausführten und dabei ihr Bestes gaben. Sie waren nicht mal eben nebenbei ersetzbar, sondern gut ausgebildet und ausgerüstet, jeder von ihnen eine wertvolle Ressource, in die Randolf Zeit und Geld investiert hatte. Trotz
Weitere Kostenlose Bücher