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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Stiefel eines Soldaten, der hinter dem vergoldeten Stuhl Wache stand, und den mit Perlen und Diamanten besetzten Saum von Sethons langer Robe. Ich schluckte und die Angst knisterte in meinen Ohren. Vida neben mir hatte die Hände so fest im Schoß gefaltet, dass ihre Fingerknöchel durch die gespannte Haut zu sehen waren.
    »Komm her, Päonie«, sagte Sethon.
    Mein ganzer Körper wurde zu einem Herzschlag und ich spürte und hörte nur das vibrierende Trommeln meiner Furcht.
    »Sofort!«
    Ich taumelte die beiden Stufen bis vor den falschen Kaiser hinauf und sank wieder auf die Knie. Die goldenen Blumen an meiner Haarnadel läuteten wie winzige Glöckchen, als ich den Kopf senkte, und ich umklammerte den Hals der Laute noch fester. Wenn ich doch statt des Instruments nur Kinras Schwerter dabeihätte! Durch die Wimpern hindurch sah ich, wie auf einen knappen Wink von ihm hin vier Bedienstete den Tisch vor ihm geschmeidig und geschwind vom Podest schafften. Sethon lehnte sich in seinem geschnitzten und vergoldeten Stuhl zurück. Wie massig sein Kriegerkörper war! Dann stemmte er sich aus seinem Stuhl und stand hoch aufragend vor mir.
    »Schau hoch. Ich will dein Gesicht sehen.«
    Er stand so dicht bei mir, dass ich die feinen Goldfadenstiche sah, mit denen die Edelsteine an die Robe genäht waren, und dass ich die Kräuter roch, mit denen die Seide parfümiert war. Ich durfte nicht mehr länger zögern. Langsam hob ich den Kopf und blickte auf die mit Intarsien aus Jade verzierte Holzvertäfelung hinter ihm. Dennoch nahm ich seine Züge aus den Augenwinkeln wahr: eine seltsam ins Narbige und Grausame spielende Variante der Gussform, die auch Kygo und den alten Kaiser hervorgebracht hatte.
    »Du darfst mich ansehen«, sagte er.
    Und so blickte ich dem Mann in die Augen, der alle töten wollte, die ich liebte, und der mich versklaven wollte. Und in seinem ungerührten Starren lag ein finsteres Wiedererkennen, das mich bis ins Innerste frösteln ließ. Er nahm mein Kinn in seine schwielige Hand.
    »Sind wir uns nicht schon mal begegnet?«
    Entsann er sich, dass Lord Eon schon so vor ihm gekniet und ihn um Hilfe angefleht hatte? Ich blinzelte und betete, er möge diese Erinnerung nicht in meinen Augen sehen.
    Es gelang mir, in gemessenem Ton zu erwidern: »Diese Ehre hatte ich noch nicht, Majestät.«
    Er musterte mich mit zur Seite geneigtem Kopf, presste seinen Daumen auf meine Wange und wischte die Schminke von meinem verletzten Kiefer. Bei dem groben Druck zuckte ich zusammen. Seine Miene bekam kurz etwas Eifriges, so als hätte er aus den Augenwinkeln den Schwanz einer Schlange im Gras aufblitzen sehen.
    »Es war schon jemand vor mir da«, sagte er und drehte sich zu Haio. »Habt Ihr das Fleisch für mich weich geklopft, mein Bruder?«
    »Nein«, erwiderte Haio, während die Männer auf ihren Plätzen unbehaglich lachten. Er hob die Hände. »Sie ist direkt von ihrem Haus zu Euch gekommen, Bruder. Ich würde nicht einmal im Traum …«
    Sethon gebot ihm mit einer Handbewegung, zu schweigen, und tätschelte mir den Kiefer. »Tja, beschädigte Ware muss man nicht mehr pfleglich behandeln.« Er ließ mich los. »Ich danke für Euer Geschenk, Großlord Haio«, sagte er förmlich.
    Haio verbeugte sich. »Es ist mir eine Ehre, Euch erfreut zu haben, Majestät.«
    Sethon winkte den beiden Eunuchen, die uns zum Podest geleitet hatten. »Bringt sie und die andere in meine Gemächer.« Auf eine weitere Handbewegung hin trat einer von den Soldaten vor, die hinter seinem Stuhl standen. »Bewach sie«, befahl er. Dann lächelte er auf mich herab. »Wir werden bald allein sein, kleine beschädigte Päonie.«
    Mit der Fingerspitze fuhr er mir erneut über den Kiefer und drückte dann genau auf die Wunde. Ich zuckte zusammen, doch ich wagte nicht, den Kopf einzuziehen. Sein dünnes Lächeln wurde breiter. »Sagt mir«, fragte er die Männer an den beiden Tischen unter sich, »wer war das noch mal, der geschrieben hat, der wahre Duft einer Blume lasse sich erst finden, wenn sie zerstoßen ist?«
    »Der große Dichter Cho, Majestät«, rief jemand unter erneutem Gelächter.
    »Ja«, erwiderte Sethon, »und den wahren Worten unserer Dichter müssen wir stets folgen.«
    Die beiden Diener traten herauf und stellten sich neben mich. Nur aus Gewohnheit schaffte ich es, mich zu verbeugen, und nur der blinde Drang, so weit wie möglich von Sethon wegzukommen, brachte mich auf die Beine.
    Ich wich zurück und bittere Galle brannte mir im

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