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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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erinnerte ich mich, wie er das erste Mal in meinen Geist eingedrungen war. Das war während der Königsmonsun-Prüfung gewesen. Damals hatte er nicht nur meine Macht übernommen, sondern auch meinen Körper. Dieses Mal dagegen hatte er weder das eine noch das andere versucht. Vielleicht hatte Ido sich wirklich gewandelt. Und doch würde ich auf diese Wandlung nicht setzen, denn sein ganzes Wesen war zu sehr von Dunkelheit durchwoben. Vermutlich versuchte er, mir ein Gefühl der Verpflichtung aufzuzwingen, das mich dazu bringen sollte, ihn aus Sethons Klauen zu retten. Glaubte er wirklich, ich würde mein Leben aufs Spiel setzen, um den Mann zu befreien, der meinen Meister und die anderen Drachenaugen getötet hatte?
    »Laon, schwärme mit deinen Männern nach Süden aus.« Das war Haddos Stimme und sie kam von vorn. »Sen, du gehst mit deinen Leuten nach Norden. Denk daran, dass es keine Prämie gibt, falls das junge Drachenauge irgendwie verletzt wird. Bei den anderen ist es dem Kaiser egal. Die kannst du auch tot bringen.«
    Ich hörte, wie Vida leise nach Luft schnappte. Als ich sie ansah, starrte sie kreidebleich zur Plane hinauf. Ihr Blick huschte – ein flüchtiges Eingeständnis ihrer Angst – zu mir, ehe sie die Schultern straffte und unsere Habseligkeiten weiter in die Reisekörbe packte.
    Unter dem Ärmel streichelte ich das Buch mit der Kette aus Wächterperlen und betete zu Kinra: Schütze uns . Die Edelsteine schoben sich klickend zusammen, doch diesmal tröstete mich ihre feste Umarmung nicht.

3
    E s war dunkel, als unser Wagen im Hof des Dorfgasthauses von Laosang mit einem Ruck zum Stehen kam. Durch das plötzliche Aufhören des Gerumpels konnten wir die anderen Geräusche nur umso besser hören: Haddo, der seinen Männern befahl, ein Lager aufzuschlagen; das Gebrüll unserer hungrigen Ochsen; das Scheppern von Töpfen aus der Küche. Ein weiches gelbes Licht drang durch die Plane, sodass wir im Wageninneren einiges erkennen konnten. Vida hatte sich aufrecht zwischen zwei großen Reisekörben eingekeilt. Ihr bleiches Gesicht war leer vor Erschöpfung. Den ganzen Tag über hatten mich unser langsames, schwankendes Vorankommen und die auf die Plane prasselnden Regenschauer immer wieder kurz in einen unruhigen Schlaf gewiegt. Vida dagegen hatte darauf bestanden, die ganze Zeit wach zu bleiben. Ich rieb mir die Augen und war seltsam verwirrt über ihren Gleichmut.
    Die Vorderluke glitt auf und Dela spähte herein.
    »Ich besorge uns ein Zimmer, Frau.« In jede Falte ihres Gesichts hatte sich dunkler Staub eingenistet, der an die gemalten Linien einer Opernmaske erinnerte. »Du, Vida, kümmerst dich um deine Herrin, und dann hilfst du Solly, den Wagen zu putzen und für morgen herzurichten.«
    Ein guter Plan, zumal die meisten von Haddos Männern in der nächsten Stunde mit eigenen Angelegenheiten beschäftigt sein würden. Wir blickten uns in die Augen und gestanden uns wortlos das Risiko ein.
    »Euer Umhang, Herrin«, sagte Vida mit gezwungener Heiterkeit und gab mir das Kleidungsstück. »Ihr müsst Euch gut einwickeln gegen die Nachtluft.«
    Dela wartete auf mich, als ich aus dem Wagen kletterte. Getreu ihrer Rolle als Ehemann, bot sie mir ihre Hand, doch ich sank an ihre Brust und sie runzelte besorgt die Stirn.
    »Alles in Ordnung?«, flüsterte sie mir ins Ohr und stützte mich.
    »Das liegt nur an dem ständigen Schwanken des Wagens«, erwiderte ich. Dann stieg mir der Duft von Fleisch und köstlicher Bratensoße in die Nase und mein leerer Magen zog sich knurrend zusammen. Die Übelkeit war verflogen. »Bei den Göttern, hab ich einen Hunger!«
    Der herrliche Geruch kam aus der Schänke des Gasthauses auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes. Das zweistöckige Gebäude bildete eine Seite des großen gepflasterten Geländes, auf dem acht solche Wagen wie der unsere bequem nebeneinander und hintereinander Platz gehabt hätten. Vor der Schänke standen nasse Tische und Bänke in drei Reihen, alle leer. Rote Lampions hingen unter den Dachvorsprüngen, und im Erdgeschoss waren die Fensterläden geöffnet, um die kühle Abendluft hineinzulassen. Ein paar Gäste hockten drinnen an langen Tischen und aßen.
    Es zog mich zu den verlockenden Speisen, doch Dela blieb fest.
    »Wir können nicht da drin essen«, sagte sie.
    Natürlich: Ein reiches Kaufmannspaar würde ein eigenes Zimmer mieten, besonders auf Pilgerfahrt. Ich ließ mich wieder gegen Dela sinken.
    Ein untersetzter Mann, den das gestreifte

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