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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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mich am Vorabend ja auf diesem Weg besucht?
    Bei diesem Gedanken zog ich die Hand zurück und dabei entglitt mir die Tafel. Ich fasste reflexartig nach, doch ich griff ins Leere und sie fiel in den Bach und trieb gegen eine Schlickbank. Ich wollte hinterherstürzen, doch mein Rock, der mir an den Knien klebte, behinderte mich, und als ich endlich nach der Tafel greifen konnte, hatte die Strömung sie schon von der Stelle weggespült, wo sie gelegen hatte, und mitgerissen.
    Ich rappelte mich auf und hetzte über das nasse Gras am Ufer entlang. Noch hielt ein kleiner Damm aus Zweigen und Schlamm die Tafel auf, doch das Wasser drohte sie durch das nachgebende Hindernis hindurchzudrücken.
    Ich blieb stehen.
    Vielleicht sollte ich die Tafel lieber forttreiben lassen? Sollte der Bach Kinras Verrat doch davontragen. So konnte ich eine ihrer Türen zur irdischen Welt für immer schließen.
    Doch sie war meine Geschichte. Mein Erbe. Ein Bindeglied zu meiner Familie.
    Die Tafel trieb in einen sich weitenden Durchbruch.
    Hastig streifte ich die Sandalen ab, öffnete mit einem Ruck das Zugband meines Rocks, zog auch ihn aus und stürzte mich in den Bach. Kaltes Wasser klatschte mir gegen Schienbeine, Knie und Oberschenkel und verwandelte meinen Atem in ein pfeifendes Keuchen. Unterhemd und Gewand legten sich wie ein schweres Gewicht um mich und die Enden meiner seidenen Schärpe tanzten um meine Taille wie rote Karpfen. Die Tafel glitt ein wenig weiter und blieb dann noch einmal in dem zusehends nachgebenden Damm stecken. Ich watete darauf zu und die Strömung drückte gegen meine Beine. Die Steine unter meinen Füßen rutschten weg, sodass ich mich kaum auf den Beinen halten konnte und mir die Haut zerkratzte.
    Die Reste des kleinen Damms lösten sich in einem Wirbel aus Zweigen und Ablagerungen auf. Die Tafel verschwand und tauchte wieder auf. Hastig griff ich danach, erwischte aber nur Wasser und mein Hieb ließ die Tafel erneut untergehen. Hatte ich sie verloren? Mit zum Zupacken bereiten Händen konzentrierte ich mich auf den schwindelerregenden Strudel. Eine Armlänge entfernt schoss die Tafel an die Oberfläche. Ich machte einen Satz. Als sich meine Finger um das Andenken schlossen, glitt ich aus und knallte mit den Knien auf das steinige Flussbett. Wieder traf mich das eiskalte Wasser, diesmal bis zur Brust. Doch ich hielt die Tafel fest.
    Schwankend kam ich auf die Beine. Meine Jagd den Bach hinunter hatte mich auf Höhe der Pferdetränke gebracht. Ich kletterte ans Ufer, und aus meinem Gewand und meinem Unterhemd rann mir das Wasser die abgeschürften Beine hinab. Kalter Schlamm quoll zwischen meinen Zehen hoch.
    Ich wischte einen Schlammfleck von der Tafel. Kinra war ein Teil von mir; ihre Totentafel wegzuwerfen, würde nichts ändern an meinem Erbe. Und auch nichts an der Last ihres Verrats. Ich fuhr mit der Hand über die durchnässte Schärpe und tastete nach dem Beutel: Auch Charras Tafel war sicher. Mit einem erleichterten Seufzer zog ich den tropfnassen Beutel hervor, schüttelte das Wasser ab und schob das Andenken an Kinra wieder hinein.
    »Eona?«
    Ich fuhr herum. Dela stand am Waldrand.
    »Ist alles in Ordnung mit Euch?«
    »Bestens.« Ich milderte meine knappe Antwort mit einem schnellen Winken und humpelte dorthin zurück, wo ich Rock und Sandalen gelassen hatte.
    »Seine Majestät will, dass wir uns sammeln. Wir ziehen bald weiter.« Dela kam über den feuchten Boden heran und hob dabei die Füße, als trüge sie Seidenpantoffeln und nicht derbe Kaufmannssandalen. Sie schnalzte mit der Zunge. »Ihr seid ja völlig durchnässt.«
    Wir drehten uns um, da wir jemanden kommen hörten. Ein Stück entfernt trat Vida aus dem Wald und hielt inne, als sie unseren prüfenden Blick bemerkte. Selbst aus einigem Abstand sah ich, dass sie rot geweinte Augen hatte.
    »Vida«, fragte Dela, »haben wir trockene Sachen für Lady Eona?«
    »Wir haben nur das, was wir am Leib tragen«, gab das Mädchen zurück.
    »Dann tausch mit ihr die Kleider, bis sie trocken sind.«
    Vida reckte das Kinn.
    »Nein«, fuhr ich dazwischen. »Das ist nicht nötig. Die trocknen ziemlich schnell.« Das stimmte nicht – in diesen feuchten Monsuntagen trocknete nichts schnell –, doch ich wollte nicht, dass Vidas Feindseligkeit noch größer wurde.
    Dela tat meinen Einspruch ab. »Ihr könnt so nicht auf einem Pferd mit dem Kaiser reiten. Sonst wird er auch noch nass.«
    Gegen diesen Einwand ließ sich nichts vorbringen. Bald stand ich in

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