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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Gesicht. Ich streckte die Hand nach dem Hauptmann aus, und seine kalte Hand packte die meine und zog mich auf einen kräftigen Baumstamm.
    »Festhalten«, schrie er und schlang den Arm um mich.
    Wir wirbelten kurz in einem mächtigen Strudel herum und landeten dann wieder in der wild den Hang herabrauschenden Sturzflut. Unter der aufgewühlten Wasseroberfläche glitten taumelnd bleiche Umrisse vorbei. Körper, deren um sich schlagende Glieder mich streiften. Ein kleines Stück von uns entfernt schwamm ein Pferd und kämpfte darum, den Kopf über der trüben, reißenden Strömung zu halten. Als unser Stamm sich mit einem anderen verhakte, schwang er herum und ganz kurz sah ich, wie Dillon sich an den Baum klammerte, während das schwarze Buch an ihm hochkletterte wie eine Ratte. Dann wickelten die Perlen sich um einen Ast und zogen den Jungen heraus.
    Doch schon löste sich unser behelfsmäßiges Floß wieder und Yuso und ich wirbelten abermals in einem todbringenden Sturz den Berg hinunter.

9
    Y uso packte mich fester und drückte mich gegen den Stamm, während wir unerbittlich auf die Kante des Abhangs zutrieben. Die Flut hatte alles mitgerissen und die Erde in Schlamm verwandelt, der sich nun über die Kante ergoss.
    » Wir schießen darüber! « , schrie Yuso. »Nicht loslassen!«
    Wir streiften Strauchspitzen und glitten über einen Damm aus fauligen Abfällen. Kurz sahen wir den Abgrund vor uns, der unten von einer Kaskade aus Schmutz verdunkelt wurde. Dann stürzten wir abwärts und schwerer Schlamm regnete auf uns nieder, während wir in die Tiefe rasten.
    Ich schrie und merkte, dass ich an der glitschigen Rinde abrutschte. Ich schmeckte und roch nur noch Dreck. Yuso löste sich von mir. Ich glitt vorwärts und tastete verzweifelt nach einem sicheren Halt. Dann rissen seine Arme mich von dem Baum los und wir stürzten zusammen in die Tiefe, während sein Schrei mir in den Ohren gellte.
    Wir stießen irgendwo dagegen und bei dem Aufprall wurden wir getrennt. Blind rollte und rollte ich dahin und mein Gewand wickelte sich um meine Beine wie ein klebriges Gewicht. Ich knallte gegen etwas Hartes und bei dem jähen Ruck fuhr ein brennender Schmerz durch meinen Rücken. Um mich her klatschte es laut und ich hörte mich stoßweise atmen. Ich spuckte Dreck aus, rieb mir die Augen und blinzelte, bis ich die Umgebung wieder verschwommen sehen konnte.
    Ein Hügel aus Schlamm nahebei verdichtete sich zur Form eines toten Pferdes. Daneben lag ein ertrunkener Soldat, der sein Ji noch im Tod umklammert hielt. Ich setzte mich auf – zu schnell, sodass mir schwindlig wurde – und schrak vor dem starren, glasigen Blick der beiden Wesen zurück. Kalter Schlamm quoll zwischen meinen Zehen hoch. Ich hatte meine Sandalen verloren.
    »Lady Eona? Ist alles in Ordnung mit Euch?«
    Das war Yusos Stimme. Ich fuhr herum. Er war nur ein kleines Stück entfernt bis zur Brust in einem tiefen Schlammloch begraben. Er hatte nur einen Arm frei und hielt ihn ungeschickt hoch. Hinter ihm regnete Schlamm über die Kante – daher das klatschende Geräusch. Es wurde immer lauter und schneller.
    Ich bewegte mich auf ihn zu. »Seid Ihr verletzt?«
    »Bleibt stehen! Ich weiß nicht, wie groß das Loch ist.«
    »Seid Ihr verletzt? Schafft Ihr es da heraus?«
    Er musste heraus – schließlich wollte ich nicht allein sein in all der Zerstörung. Soweit ich wusste, waren Yuso und ich die einzigen Überlebenden. Ich wünschte kurz, Ryko hätte mich gerettet. Lebte der Insulaner überhaupt noch?
    Ich drängte die aufkommende Panik zurück. War Kygo noch am Leben? Und Dela? Ich wusste auch nicht, ob Ido es überlebt hatte, dass Dillon ihm seine Macht abgesogen hatte. Wahrscheinlich schon – sonst hätten die zehn beraubten Drachen mich sicher zerissen.
    »Ich bin unverletzt, aber ich sinke bei jeder Bewegung tiefer ein«, sagte Yuso. »Und es gibt nichts, woran ich mich herausziehen könnte.«
    Ich kam noch einen Schritt näher.
    »Nicht!« Bei der Kraftanstrengung seines Aufschreis sank er noch ein Stück tiefer im Schlamm ein.
    Ich erstarrte und hielt den Atem an, während der Schlamm ihm nun schon bis unter die Achseln reichte. »Gut, ich komme nicht näher. Aber wir müssen einen Weg finden, Euch da rauszuholen. Die Kante gibt bestimmt bald nach« – ich sah zu dem dauernd herunterschwappenden Schlamm hinauf – »und sie soll Euch nicht unter sich begraben.«
    Ganz langsam legte er den Kopf in den Nacken und lachte dann leise und verzweifelt.

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