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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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meinen Kopf ätzten. Das schwarze Buch rief mich wieder und flüsterte mir alte Verheißungen von vollkommener Macht zu – und einen Weg, wie ich Dillon aufhalten konnte.
    Einen Moment lang ließ die Heimtücke des Buchs jeden von uns in seiner Verzweiflung erstarren.
    »Nein!«, schrie Dillon. »Es gehört mir!« Mit wilden Schlägen trommelte er auf meine Arme und auf meine Brust ein.
    Ich sah nur seine Raserei und die übelkeiterregende Erinnerung an sein schwarzes, aufgedunsenes Hua. War das das Versprechen des Buches an mich: der dunkle Zugriff von Gan Hua und brennender Wahn? Ich hatte keine Wahl, ich musste zulassen, dass die ätzenden Worte nach meinem Verstand griffen, musste mich ihrem Wahnsinn ausliefern. Alles andere hatte versagt.
    Ringsum spritzte der Regen, vermischt mit Steinen und Schlamm, aus der Wasserwand, so als träfen uns die Niederschläge von allen Seiten wie aus gewaltigen Eimern. Ein entwurzelter Baum löste sich aus dem reißenden Strom, krachte neben Solly auf den Boden und riss ein Loch in den Matsch. Nur wenige Meter entfernt duckte sich Kygo, als ein Strauch an seinem Kopf vorbeiflog und über den überfluteten Hang hüpfte. Alles stürzte ein.
    Ich schloss die Hand um die Perlen und betete erneut zu Kinra, doch diesmal bat ich sie, das schwarze Buch zu rufen, damit es dessen dunkles Hua in meinen Geist ritzte.
    Hitze fuhr durch mich hindurch wie ein Faustschlag. Ich schwankte und brachte Dillon aus dem Gleichgewicht. Die Perlen zogen sich noch fester, pressten unsere Hände zusammen wie eine Würgeschlange und schoben dabei das Buch von seinem Handgelenk zu meinem. Bittere Galle dörrte mir Kehle und Gaumen aus, und aus meinem gequälten Heulen wurde ein mattes Winseln.
    Das Buch kam zu mir und brachte mir seine sengende Macht.
    »Nein!« Dillon warf sich auf mich. »Nein!«
    Unter seinem Gewicht ging ich in dem schlammigen Wasser in die Knie. Er landete neben mir. Wasser spritzte auf und er stemmte sich mit der Schulter gegen mich und zerrte an der Schnur. Seine Nägel gruben sich in mein Fleisch, bis es blutete, und durch das Blut konnten seine Finger leichter unter die Perlen gleiten. Ich warf mich gegen ihn, doch so konnte er nur besser zupacken. Das Buch bewegte sich. Dillon zerrte erneut an der Schnur und murmelte dabei Worte, deren Macht mir durch den Kopf hallte. Dann rissen die Perlen und er bekam das Buch frei.
    Ich schrie, als die alte Energie aus mir herausfuhr.
    Einen Moment lang sah ich blanken Triumph in seinem Gesicht. Dann fiel die wirbelnde Wasserwand tosend in sich zusammen, und Schlammfontänen stiegen auf wie ein Ring aus lauter Explosionen. Ringsum spritzten gewaltige Wassermassen in alle Richtungen und rollten in riesigen Wellen davon, die schwarz waren vor Schmutz und Trümmern. Ich sah, wie Solly und Dela in dem aufgewühlten Sturzbach verschwanden, der auf uns zuschoss. Am Waldrand erfasste eine Welle ein paar fliehende Soldaten, die in ihrer schweren Lederrüstung untergingen. Ein wieherndes Pferd verstummte, als die Woge über ihm zusammenschlug. Ich wollte Dillon zu fassen bekommen, bevor die volle Wucht uns traf, doch meine Finger streiften nur sein Hemd. Kygo schrie meinen Namen. Er war nur eine Armlänge entfernt, doch Dillon war genauso nah. Als ich mich wieder auf den Jungen stürzen wollte, schlangen sich die Perlen um seinen Unterarm und wickelten sich um den ungeschützten Schnitt des Buches. Es wusste, dass das Wasser kam.
    Die Welle traf mich wie ein kalter Vorschlaghammer, warf mich nach hinten, zog mich unter die dunkle Oberfläche und wirbelte mich herum. Ich hörte nur gurgelndes Wasser, und dass mein Herz plötzlich laut pochte, war ein klares Zeichen dafür, dass ich plötzlich keine Luft mehr bekam. Die Beine waren in den schweren Falten meines Gewands gefangen. Herumwirbelnde Steine und Zweige prasselten auf mich ein. Keine Kuft. Keine Luft . War oben noch oben? Etwas traf mich an der Schulter. Ich griff danach: ein kräftiger Ast, der im Wasser tanzte. Nach oben, bitte nach oben . Ich strampelte verzweifelt mit den Beinen, um mich aus meinem verdrehten Gewand zu befreien. Meine Brust brannte, weil ich nicht mehr Luft holen konnte. Nach oben, nach oben . Ich klammerte mich an den Ast und durchbrach keuchend die Wasseroberfläche. Als ich endlich wieder atmen konnte, klingelte es in meinem Kopf ebenso vor Erleichterung wie von dem ohrenbetäubenden Tosen der Wellen.
    Etwas zerrte an meinem Ärmel.
    »Packt den Baum.«
    Yusos schemenhaftes

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