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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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bloß Piorino.
    Piorinos Anweisungen waren
scharf und deutlich. Und eine von ihnen hatte zum Inhalt gehabt, dass außer
Geneva McNamar, die sich ja bereits in Epicordia befand, kein weiterer
Nachtwächter die Welt unter Ravinia zu betreten hatte.
    Lord Hester hatte versucht, dagegen zu argumentieren,
zu verhandeln. Doch die Kampfkraft der Nachtwächter und ihre Fähigkeiten in
Bezug auf Schatten und Dunkelheit waren auf beiden
Seiten die ausschlaggebenden Punkte gewesen. Piorino verbat sich die
Anwesenheit irgendeiner Exekutive, außer der dem Mondvolk eigenen, strikt. Denn
schließlich ginge es hier um ein Problem, das eben in erster Linie Epicordia
betraf.
    Lord Hester stand auf und strich seinen Gehrock glatt.
    Â»Nein, Lara«, betonte er noch einmal. »Ich möchte nicht kämpfen. Aber ich fürchte, mir bleibt keine
andere Wahl.«

11. Kapitel, das nicht nach Plan verläuft.
    If there’s no one beside you
When your soul embarks
I follow you into the dark.
    Â Benjamin Gibbard
    â€“ Szenenwechsel.
    Wer kann schon behaupten, er habe
ein absolut reines Gewissen?
    Natürlich, es gibt jene, von denen
man sagt, sie hätten überhaupt keines. Sie seien völlig skrupellos, ausschließlich
auf sich selbst fokussiert.
    Die Außenwahrnehmung Jaspers
entsprach genau diesem Bild, und er pflegte es gewissenhaft, um genau diesen
Eindruck zu wahren. Und natürlich war auch ein Körnchen Wahrheit daran. Die
Selbstzentriertheit war wahrscheinlich der bemerkenswerteste Teil von Jaspers
Charakter.
    Nun saß er in einem alten, aber
sehr teuren Ledersessel und wartete. Neben sich einen Leinensack mit
Spiegelscherben und den Blick auf einen noch intakten Spiegel in der Ecke eines
großen, saalähnlichen Raumes gerichtet.
    In erster Linie wollte er Rache
nehmen. Er hatte den Wagen nach Saint Malo zurückgefahren und für die zu viel
gefahrenen Kilometer bezahlt. Danach war er in die nächstbeste unbelebte Gasse
geschlendert und durch eine Tür nach London zurückgekehrt.
    Er wusste nun mehr oder weniger
genug.
    Roland Winter und die Sturmbringer.
Große Namen. Umso größer würde auch ihr Fall werden.
    Jasper hatte erst eine wage Idee
gehabt, doch langsam, ganz langsam hatte sie schließlich begonnen, Form
anzunehmen in seinem Kopf. Er kombinierte dabei so sauber, wie es ihm eben
erlaubt war:
    Es gab Dinge, die Luigi Lippi
offensichtlich wissen musste: Durch einen Spiegel sah man, was ein anderer
Spiegel zeigte und andersherum. Zwischen diesen beiden Orten gab es eine Verbindung,
die zu betreten recht einfach war, wenn man einmal den Trick kannte.
    Lippi musste den Trick also
herausgefunden haben und wusste nun, was es mit manchen von Jaspers Spiegeln
auf sich hatte. Und er hatte sich dies zunutze gemacht, um das Material der
Sturmbringer nach Epicordia zu schleusen. Das war unangenehm.
    Und daraus folgerte Jasper, was
Lippi möglicherweise nicht wusste: Lippi hatte Angst, dass Jasper ihm auf die
Schliche kommen konnte. Aber immerhin war Lippi Kunde bei ihm und der Kunde war
König. Woher sollte Lippi also wissen, dass es für Jasper absolut tabu war, die
Spiegel seiner Klientel als Durchgänge zu benutzen? Allein die Geschäftsehre
verbot Jasper dies. Doch hatte wohl Lippi Jaspers Spiegel zerstört, um
sicherzugehen.
    Aber Jasper wusste noch mehr.
Immerhin war er Spiegelmacher. So wusste er zum Beispiel auch, wie man die
Durchgänge zwischen den Spiegeln manipulierte. Als er damals seine
Glasbläserlehre beim alten Morinho angetreten hatte, war beiden schnell klar
geworden, dass Jasper ein besonderes Faible für alles besaß, was Licht
reflektierte. Insbesondere für Spiegel. Die ganz besonderen Eigenschaften von
Spiegeln zu verändern war Jasper ebenso möglich, wie ein Schlüsselmacher seine
Schlüssel manipulieren konnte. Neben einigen Utensilien mit einem Bezug zum
gewünschten Ergebnis brauchte es als eine der Hauptzutaten vor allem einen
starken Willen.
    Was Lippi höchstwahrscheinlich
ebenfalls nicht wusste, war, dass Jasper an seinen freien Tagen nicht in der
einfachen Wohnung über seinem Laden im Temple District Londons zu residieren
pflegte. Für Luxusartikel, die den eigenen Status symbolisierten, hatte Jasper
eine ausnehmende Schwäche. Und zu diesen Luxusartikeln gehörte
selbstverständlich auch eine Eigentumswohnung an einem ganz besonderen Ort: Am
Central Park in Manhattan, New York. Einer einzigen

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