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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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diese Tiere empfand. Ihre
rechte Handfläche kribbelte unangenehm.
    Der gesamte Boden des Tunnels vor ihnen glich einer
einzigen Schrotthalde. Erste Jubelrufe wurden laut.
    Laras pochender Puls flachte etwas ab. Doch das
Wummern blieb. Ein wenig wie ein böses Rauschen in den Ohren, das man nicht so
einfach los wird.
    Und langsam, ganz langsam
setzten Lord Hester und Fernando Bastiani mit Geneva an ihrer Seite einen
Schritt vor den anderen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Umsichtig
staksten sie über den Trümmerhaufen, beschienen vom diffusen Licht der
leuchtenden Steine an den Wänden. Nichts geschah ihnen,
die Gottesanbeterinnen blieben tot und so bedeuteten sie ihren erleichterten
Verbündeten, ihnen zu folgen.
    Erst jetzt wurde das Aufatmen deutlich, das die
Familienmitglieder des Mondvolkes anscheinend doch empfanden, nun da die
Gottesanbeterinnen aus dem Weg geräumt waren. Doch ein ungutes Gefühl hielt
sich hartnäckig in Laras Magengegend.
    Und es sollte sich bestätigen.
    Denn so war das Schicksal nun einmal. Nichts, aber
auch gar nichts wurde einem einfach und ohne Anstrengung zu Füßen gelegt.
    Doch Lara hätte sich gewünscht, dass in diesem Fall
alle Beteiligten unverletzt aus der Sache hervorgegangen wären – aber natürlich
steckte in Wahrheit etwas Großes, Perfides dahinter. Etwas, das sie alle überraschte,
ein Plan, schauerlich und niederträchtig, der in diesen Momenten aufzugehen
schien. Denn sie waren alle genau dort, wo sie sein sollten.
    Das Wummern und Stampfen war schließlich lauter
geworden, mit jedem Meter, den sie sich weiter in die tiefsten Tiefen des
Felsgesteins unter Ravinia vorgewagt hatten. Mittlerweile war die Erleichterung
einer erneuten Anspannung gewichen, denn immer mehr Leute um Lara herum hörten,
was sie hörte. Und als sie schließlich zur Quelle des Geräusches kamen, konnte
man beinahe sein eigenes Wort nicht mehr verstehen.
    Ein kleiner Durchgang, der leicht schräg nach unten
führte, war das letzte Teilstück ihres Weges, den sie zurücklegten. Und der
Durchgang führte sie in eine große Höhle, in der sich ihnen das wahre Ausmaß
der Katastrophe eröffnete.

    Manchmal trifft einen die Erkenntnis wie ein
Schlag.
    Auf einmal war es Lara völlig offensichtlich, wie es
möglich gewesen war, Hunderte, vielleicht Tausende mechanische Tiere zu
erschaffen. Natürlich konnte eine einzige Person, ein einzelner Mechaniken das
kaum bewerkstelligen. Außer er kannte einen Trick.
    Die Höhle, die sie
betraten, sah aus wie eine Mischung aus Fabrikhalle und dem Uhrenturm von
Ravinia. Überall befanden sich Maschinen. Große Maschinen.
Gerüste und Rampen führten auf und ab,
bildeten Brücken und Durchgänge. Fließbänder schafften mechanische Teile von
einem Ort zum nächsten. Ein monströses Konstrukt aus Magie und Maschine war dieser Raum. Und mit den ersten Blicken, die
Lara zwischen ihren Vorderleuten erhaschen konnte, war weder die Anordnung zu
erkennen noch ein Ende der Mechaniken zu sehen.
    Nur eines erkannte die Mechanikerseele der jungen Frau
mit dem bernsteinfarbenen Haar sofort. Dies war die ultimative Lösung, um die
Welt mit einer Flut von Mechaniken zu verseuchen, wenn man wollte: Riesige
Mechaniken waren das hier. Ein wenig wie lebendige Monster. Und nur zu einem
Zweck errichtet: Noch mehr Mechaniken zu bauen. Tausende Räder und Achsen
drehten sich, Förderbänder liefen, überall bewegten sich Hebebühnen und Greifarme.
Es wirkte, als wären sie in einem ultrakomplexen Winkel des Uhrenturms von
Ravinia gelandet.
    Schwaden aus Dampf und irgendwelchen sicherlich
ungesunden Abgasen hingen wie schillernde Nebelfetzen zwischen den komplexen
Aufbauten. Es roch beißend, nach Öl, nach Rost und nach Schleifmaschinen. Die
eingesetzte Energie machte es zudem unerträglich warm in dieser Höhle.
    Sie standen im Zentrum des Wummerns und Stampfens und
für einen Augenblick vergaß Lara den Ernst ihrer Situation und ihr
Mechanikerherz machte einen wilden Sprung.
    Magische Maschinen
erschufen sich ganz von selbst. So war es tatsächlich möglich, eine Armee von
mechanischen Gottesanbeterinnen zu schaffen – und wer wusste schon, was noch?
Eine effektive Massenproduktion des Grauens. Lara und ihre
Freunde (selbst der geniale Tom) waren bei all ihrem Nachgrübeln nicht auf diese Lösung gekommen. Dem Ganzen wohnte ein
gewisser

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