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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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genialer Gedanke inne, der von Lara unweigerlich Respekt
einforderte. Egal, wohin sie schaute, immer neue Dinge erschlossen sich ihr.
Sie ahnte, welche Metalle und Legierungen für welche Funktionen gebraucht
wurden, warum manche Maschinen schnell und manche langsam arbeiteten. Was sie
hier erblickte, war einfach unglaublich – als befänden sie sich im Bauch einer
riesigen Maschine selbst.
    Doch der Moment des
Staunens, der auch all ihre übrigen Begleiter erfasst hatte, verging
schlagartig, als ihnen bewusst wurde, dass zwischen den einzelnen Abschnitten
der gewaltigen Maschinerie tatsächlich auch deren Produkte hockten. Unzählbar viele Gottesanbeterinnen, große und kleine,
beobachteten sie unverhohlen. Lauernd. Tödlich gefährlich.
    Auf ein Kommando, das niemand gehört hatte, hielt die
gesamte Maschinerie inne. Das stetige Wummern und Rascheln erstarb vollkommen,
nichts regte sich mehr, kein noch so kleines Zahnrad.
    Ãœber den Rändern und Kanten der Maschinen und Gebilde
blickten Hunderte – vielleicht Tausende – Gottesanbeterinnen auf sie herab.
    Alles in dieser Höhle signalisierte ihnen: Ihr seid sehenden Auges in die Falle getappt . Und jedem um
Lara herum war dies ganz genau bewusst. Egal, wie viel Sand sie auch dabeihaben
mochten, sie sahen sich einer Übermacht gegenüber, der sie nicht im Ansatz
gewachsen waren.
    Lara hatte diese Stille schon einmal erlebt. In einem
alten Haus in Böhmen. Das war jetzt vielleicht die letzte einer Reihe von
Vermutungen, die sie in den vergangenen Tagen angestellt hatten, um doch nur zu
ein und demselben Ergebnis zu kommen: Das war Ruben Goldsteins Werk. Alles in
dieser Höhle trug so klar seine Handschrift wie ein mit Unterschrift, Siegel
und Absender markierter Brief. Es gab keine Zweifel mehr.
    Patrick ergriff wieder ihre Hand, drückte sie sachte,
aber bestimmt. Was immer jetzt kommen mochte, signalisierte er ihr, er war da.
    Geneva schob sich dicht an sie heran. Sie hatte ihr
schlankes Schwert aus dem Köcher auf ihrem Rücken gezogen und die
rasiermesserscharfe Klinge schmiegte sich flach an ihren Körper – noch.
    Die Angst um ihre Freunde, um ihre Liebgewonnenen, die
sich zuvor nicht hatte einstellen wollen – da war sie. Sie traf Lara beinahe
wie ein Schlag und verursachte so etwas wie eine schlimme Übelkeit in ihr.
Etwas, wogegen sie sich nicht zu wehren imstande war.
    Die Zuversicht schwand mit einem Mal.
    Das Schlimmste jedoch war, dass selbst Lord Hester vor
ihnen zu stocken schien. Zwar bemühte sich der Rabenlord ansonsten, so
undurchschaubar wie möglich zu sein, doch jetzt konnte man in seinem Gesicht
und seiner Körperhaltung lesen wie in einem offenen Buch. Er machte ihnen
keinen Mut damit.
    Dann endete die Stille mit einem Paukenschlag.
    Alles, was sich hier
bewegen konnte, stürzte sich auf die Neuankömmlinge. Schwärme von
Gottesanbeterinnen erhoben sich auf schimmernden Flügeln und stürzten auf sie
herab, bereit, mit ihren scharfzackigen Fangarmen alles in Fetzen zu schneiden,
was vor ihnen lag.
    Lord Hester antwortete mit
Rabenfedern, die aus seinen Ärmeln den Tieren entgegenströmten. Sie verfingen
sich in Getrieben und in Gelenken, ließen die übergroßen Heuschrecken gelähmt
und zerstört zu Boden stürzen.
    Es war beachtlich, wie viele Gottesanbeterinnen Lord
Hester alleine auf diese Weise zur Strecke brachte. Doch der Strom
nachfolgender Mechaniken ebbte nicht ab. Die Unruhe um Lara herum war
unerträglich. Es waren viel zu viele Tiere, die angriffen.
    Bald durchbrachen die ersten Lord Hesters Ströme aus
Rabenfedern.
    Sandsäckchen wurden geworfen und hatten dieselbe
verheerende Wirkung unter den Gottesanbeterinnen wie schon Minuten zuvor in den
Tunneln. Um sie herum fielen mechanische Tiere zu Boden wie erstickte Fliegen
und bedeckten ihn langsam aber sicher.
    Der Lärm, der sich aus dem Zirpen der
Gottesanbeterinnen, dem Donnern der Maschinen und den fürchterlichen Geräuschen
der Schlacht ergab, war ohrenbetäubend. Wie auf einem Bahnsteig, an dem rechts
und links riesige Güterzüge in hoher Geschwindigkeit vorbeirauschten.
    Da war der Krieg. Der Kampf, die Schlacht, die alles
anders machen sollte. Laras Instinkte schienen zu erwachen, ihre Sinne schienen
schärfer zu werden. Sie nahm unendlich viele Details auf einmal war.
    Der ehemalige Soldat sollte recht behalten: Der Krieg
trifft einen wie ein Schlag und macht

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