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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Herbstregen wahrzunehmen, der es war.
Eisig kalt und von Sprühregen durchsetzt, und doch konnte man sich immer auf
den warmen Platz vor dem Kamin freuen, denn man kam unweigerlich nach Hause.
Doch heute wurde Lara an diesen Herbstregen erinnert, denn so, wie der
Herbstregen manchmal in ihr Leben hineinwehte, so wehte sie jetzt ins Leben
eines jungen Mannes mit sonderbaren Augen.
    Sonderbar traf es vielleicht am ehesten, denn
Patrick Davenports Augen hatten verschiedene Farben. Das
eine war braun, oktoberbraun wie Herbstlaub, während das andere wie ein
tiefblauer See war. Auch sonst hatte die Erscheinung des Schreibers etwas ganz
Eigentümliches – zumindest empfand Lara es
so. Er war vielleicht ein paar Jahre älter als die beiden jungen Frauen,
trug ein helles Leinenhemd und eine Cordhose, hatte braunes, halblanges und
völlig zerzaustes Haar. Von drinnen drangen die Klänge von Led Zeppelins Your Time Is Gonna Come nach draußen, was in Lara sogleich
eine beruhigende Grundsympathie weckte. Er hörte definitiv die richtige Musik!
    Â»Hallo Robina«, begrüßte er das Mondmädchen mit einer
Umarmung. Er war sichtlich freudig überrascht.
    Â»Patrick Davenport«, reichte er Lara die Hand, während
sein verschiedenfarbiger Blick ihren kastanienbraunen Augen zum ersten Mal
traf.
    Â»Lara McLane«, nahm sie die Begrüßung freundlich an.
    Ãœberrascht zog der junge
Schreiber seine Augenbrauen nach oben.
    Â» Die Lara McLane?«, fragte
er.
    Â»Welche ist denn die Lara
McLane?«
    Â»Na ja … die Lara McLane, von der man sich seit
einiger Zeit allerlei Geschichten erzählt.«
    Â»Was sind denn allerlei Geschichten?«, hakte Lara
nach. Eigentlich mochte sie diese merkwürdige Halbberühmtheit nicht, die sie in
Ravinia erlangt hatte. Sie konnte sich denken, was Patrick Davenport gleich von
sich geben würde: Tochter des berühmten Mechaniker-Ehepaares McLane, lange Zeit
hatte niemand von ihrer Existenz gewusst, dann war sie in die Stadt gekommen
und hatte auch gleich knöcheltief im erneuten Aufstand um Roland Winter
gesteckt.
    Â»Eigentlich ist es auch gar nicht so wichtig«, meinte
Patrick Davenport jedoch bloß. »Ich kenne dich ja auch noch gar nicht. Aber
bitte, kommt doch rein!«
    Er scheuchte sie ins Innere seiner Laube.
    Â»Was treibt euch denn überhaupt her?«
    Â»Die Familie, Patrick«, meinte Robina bloß und
verdrehte dabei die Augen.
    Â»So schlimm?«, wollte der Schreiber wissen und
bedeutete ihnen, auf einer alten, durchgesessenen Couch Platz zu nehmen.
    Lara sah sich um. Luxuriös war das Domizil des
Schreibers wirklich nicht. Eine kleine Hütte – oder so etwas Ähnliches – in der
sich ein Bett, ein Schreibtisch samt Stuhl, eine improvisierte Küchenzeile mit
einer Herdplatte und einer Kaffeemaschine
sowie eine Couch befanden. Aus einem Gettoblaster erklang immer noch das
erste Album von Led Zeppelin.
    Das Faszinierendste im Raum jedoch hing an der Wand
direkt über dem Bett. Es sah aus wie ein Fenster in einem Bilderrahmen. Es mochte auch etwa so groß sein wie ein
größeres Gemälde. Dahinter war eindeutig der Marktplatz von Ravinia zu
erkennen, der nun beinahe völlig dunkel und bloß von altmodischen
Straßenlaternen erleuchtet dalag. Es wirkte so echt, so lebhaft, dass Lara
beinahe nicht –
    Â»Alles in Ordnung, Lara?«
    Abrupt fuhr Lara aus ihren Gedanken hoch.
    Â»Ich … O ja, klar. Natürlich.«
    Â»Ist etwas mit dem Spiegel?«
    Â»Spiegel?«
    Lara sah genauer hin – natürlich, was sie hier sah,
war ein Spiegel. Ein magischer Spiegel aus Ravinia.
    Â»Hm, ich habe noch nie zuvor einen gesehen.«
    Â»Dafür sitzt deine Frisur aber ziemlich gut«,
amüsierte Robina sich.
    Â»Sehr witzig. Ich meine einen magischen Spiegel. Er ist … wie ein Fenster.«
    Â»Mein Fenster nach Ravinia«, stimmte Patrick ihr zu.
»Es stimmt schon, so häufig sind sie nun auch wieder nicht, dass man sie alle
naselang zu sehen bekäme. Zumal ich natürlich auch gestehen muss, dass es der
größte ist, den ich selbst kenne.
    Â»Woher hast du ihn?«
    Â»Er gehörte meinem Vater. Und nach seinem Tod haben
mein Bruder und ich die besonderen Dinge aus seinem Haushalt untereinander aufgeteilt. Den Spiegel konnte ich ganz gut
gebrauchen, da er mich jeden Tag daran erinnert, wo ich eigentlich hingehöre.«
    Wo er

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