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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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mit
seiner Wüstensandstimme und schlug ihm ins Gesicht. Die Welt explodierte. Im
Fallen trat Lee nach Ma’Haraz, aber der war schon wieder fort, riss die Tür auf
und griff erneut nach dem Jungen, der Lees Befehl nicht gefolgt war. Der zweite
Tritt war jedoch ein Treffer und der düstere Wahrsager taumelte.
    Â»Lauf endlich!«, schrie Lee den Jungen erneut an, der
nun wenigstens versuchte, davonzukrabbeln.
    Diesen Moment der Verwirrung nutzte Jacob Skinner, um
an ihnen vorbei durch die Tür zu sprinten, seine Schwester mit sich ziehend.
    Lee, der den beiden hinterherstarrte, wurde von
Ma’Haraz mit aller Wucht in die Rippen getreten. Wie betäubt griff er nach
Ma’Haraz’ Stiefel, war aber viel zu langsam. Der Wahrsager mit der Hakennase
trat erneut nach Lee, traf dessen Finger, drehte sich um und verschwand durch
die Tür.
    Etwas klirrte. Der Nachtwächter hatte sein Schwert
geworfen, mit der Spitze voran. Die Waffe landete zwischen Tür und Rahmen,
sodass die Tür nicht ins Schloss fallen konnte. Sofort sprang der Nachtwächter
über Lee hinweg und riss die Tür auf. Lee blinzelte. Er sah eine nächtliche,
von honiggelbem Licht erleuchtete Gasse, durch die die beiden Harlekine und
Ma’Haraz rannten.
    Spot sprang durch die Tür und setzte zur Verfolgung
an. Ebenso der Nachtwächter.
    Â»Steh auf!«
    Kommissar Falter stand plötzlich über Lee und zog ihn
auf die Beine. Hinter ihnen schluchzte der Junge herzzerreißend.
    Lee hörte Schritte und drehte sich um.
    Barker und Luke kamen in Begleitung einiger
Barbesucher angerannt und der Wirt nahm sich sogleich des verstörten Kindes an.
    Falter packte Lee bei den Schultern und sah ihm ins
Gesicht.
    Â»Alles in Ordnung, Junge?«
    Lee nickte benommen, aber Falter war schon durch die
Tür, bevor er antworten konnte. Der zweite Nachtwächter folgte ihm.
    Lee hielt sich für zwei Atemzüge am Türrahmen fest, um
nicht wieder umzufallen. Dann schluckte er, riss sich so gut es ging zusammen –
und verschwand ebenfalls ihm Türrahmen.

    Ma’Haraz.
    Ma’Haraz. Immer wieder nur dieser eine Gedanke, wie
ein Fluch. Der widerliche Bastard mit der Hakennase war auf der Flucht, die
Harlekine ebenfalls und Lee wollte, dass sie es bereuten. Dass Ma’Haraz es
bereute, sich in Ravinia noch einmal blicken lassen zu haben.
    Er hetzte einige Momente durch die ihm völlig
unbekannte Stadt. Hätte er sich umgesehen, wäre ihm die sandsteinfarbene Gasse
aufgefallen, die er betreten hatte. Der gelbliche
Stein, aus dem alle Gebäude ringsum errichtet waren, hoch, mit flachen
Dächern, verwitterten Ornamenten und kleinen Vordächern.
    Lee hastete unter einer
Vielzahl von Torbögen hindurch, vorbei an Säulen und Fensterbänken, Treppen
hinauf, Treppen hinab und durch enge Gassen. Manche Gassen schienen gar unter
anderen zu verlaufen, doch er achtete nicht weiter darauf.
    Schließlich traf er an
einer der vielen Kreuzungen auf Falter.
    Â»Wo sind wir hier?«, wollte Lee wissen.
    Â»Jerusalem, Altstadt«, keuchte Falter nur. »Sie haben
sich eben getrennt.«
    Â»In welche Richtung?«
    Falter deutete mit einer umfassenden Kopfbewegung an,
dass sie offenbar alle drei in unterschiedliche Gassen abgetaucht waren.
    Ohne auch nur den Funken eines vernünftigen Gedankens
zu fassen, entschied sich Lee und rannte los.
    Â»Halt, Junge. Halt!«, rief Falter ihm hinterher, aber
Lee hörte ihn schon nicht mehr. Er sprintete vorbei an Tischen und Stühlen,
Souvenirständen, die gerade abgebaut wurden, schob Touristen und Einheimische
energisch beiseite.
    Weiter vorne fluchte jemand böse und es klirrte.
    Lee hastete weiter,
drängelte sich so schnell es ging an den Menschenmassen vorbei, die immer noch die Gassen säumten.
    Dann erhaschte er einen Blick auf ihn.
    Ma’Haraz.
    Da war er tatsächlich und schob sich eilig an den
Leuten vorbei.
    Lee beschleunigte, griff im Laufen in seine
Umhängetasche und fischte nach einem Flakon.
    Ma’Haraz schlug einen Haken, und Lee rannte hinter ihm
her.
    Nun wurde es deutlich leerer. Ma’Haraz hatte ihm
vielleicht fünfzehn, zwanzig Meter voraus.
    Â»Ma’Haraz«, brüllte Lee und warf den Flakon in hohem
Bogen die Gasse hinunter.
    Der Gerufene blickte kurz über seine Schulter, doch zu
spät, der Flakon zerplatzte direkt hinter ihm auf dem Sandsteinpflaster.
    Ein Lichtgeist stieg auf – nicht so

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