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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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der ganze Zorn und alle Wut aus ihr wich. Und es war, als ob damit auch ihre Energie schwand. Mit einem Mal fühlte sie sich entsetzlich müde.
    Aidan stand auf und ging los. In jeder Hand trug er zwei Kanister. Drei blieben für Lucy übrig. Bevor Lucy ihre Kanister überhaupt hochgehoben hatte, hatte er die Schuttfläche schon halb überquert und rief den Kindern zu, dass sie mitkommen sollten. Das Gewicht schmerzte Lucy an den Handgelenken. Sie wankte Aidan hinterher und warf ihm im Geiste Messer in den Rücken.

12. KAPITEL

    Zwei Tage graben und buddeln halfen Lucy, ihre Angst unter Kontrolle zu halten, aber ein quälendes Gefühl der Frustration nagte an ihr. Sie nahm jede Arbeit, die Grammalie Rose ihr auferlegte, an – solange sie nicht bei den anderen im Camp sein musste und sich von Aidan möglichst fernhalten konnte.
    Es war Abend und Lucy brachte die letzte Ladung Kohlköpfe ins Lager. Sie stellte den Eimer neben dem langen Tisch auf den Boden und reckte sich, um ihre verspannten Rückenmuskeln zu lockern. Aber sie hatte so lange gebückt gearbeitet, dass ihre Wirbelsäule heftig protestierte. Fast hätte Lucy vor Schmerz geschrien.
    Henry, der gerade Zwiebeln schälte, sah auf. Sein blaues Auge war inzwischen violett und gelb geworden. Tränen quollen zwischen seinen geschwollenen Augenlidern hervor. Er wischte sich mit dem Ärmel seines Shirts die Nase und lächelte Lucy zu.
    »Danke. Du hast dich ja rar gemacht in letzter Zeit.«
    Lucy setzte sich auf die Tischkante und ließ die Beine baumeln. Dabei bemerkte sie, dass ihr verstauchter Knöchelwieder angeschwollen war. »Ich bin viel auf dem Feld.« Sie wischte sich ein bisschen Erde vom Knie.
    Henry nickte verständnisvoll. »Normalerweise mache ich jede Arbeit lieber als Zwiebeln schälen. Aber es ist ein gutes Gefühl, wenn wenigstens die Hände etwas tun können.«
    Beide schwiegen einen Augenblick. Allmählich – und das beunruhigte Lucy – kam einem alles fast wieder wie normal vor. Der geschäftige Rhythmus der Tage, die man damit verbrachte, sich um Nahrung und Wasser zu kümmern, das Feuer am Brennen zu halten und die Unterschlupfe wieder aufzubauen, ließ für andere Dinge nicht viel Raum. Dennoch hatte Lucy ein schlechtes Gewissen, sobald sie an Leo und Del dachte.
    »Brauchst du Hilfe?«, bot sie an.
    »Du kannst mal nach der Suppe sehen. Wir essen an den Tischen draußen – es regnet ja gerade nicht. Grammalie Rose meint, wir brauchen einen gemeinsamen Abend.«
    Lucy nickte und trat unter der Küchenplane hervor. Überall brannten Laternen. Sie warfen wogende Schatten und erfüllten die Luft mit ihrem stinkenden Qualm. Hinter dem Great Hill versank die Sonne in einem Meer tiefroter Wolken.
    Die Leinwandsegel über dem Platz waren zurückgerollt und mit Schnüren festgebunden. Lange Tische und Bänke waren ins Freie gebracht worden und um die Feuerstelle herum aufgestellt. Aus grob zerkleinertem Holz, das man aus den umliegenden, von den Sweepern zerstörten Häusern gesammelt hatte, war ein stattliches Feuer errichtet worden. Weiteres Brennmaterial lag bereit und über den knisternden Flammen hing der große schwarze Kochtopf. Selbst von ihrem Standort aus roch Lucy den Duft von angebratenem Fleisch und Wurzelgemüse, der einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes entdeckte sie Aidan, der gerade wieder Wasser herbeibrachte. Lucy zögerte und wartete, ob er sie bemerken würde. Er erwiderte ein paar Grüße, und seine Augen schienen in ihre Richtung zu wandern, aber sie war sich nicht ganz sicher.
    Lucy beobachtete, wie er zum großen Kochtopf ging und seine Kanister absetzte. Er leerte erst einen hinein, dann den anderen. Dampf stieg in großen Schwaden auf. Auf Aidans Stirn glänzte Schweiß. Lucy atmete tief durch, setzte ein versöhnliches Lächeln auf und ging zur Feuerstelle. Doch bevor sie an seiner Seite war, hatte Aidan sich schon wieder umgedreht und verschwand über einen der Fußpfade, die sich wie ein Irrgarten um die zerstörten Häuser wanden. Lucy sah ihm nach. Er wich ihr aus! Wenn sie ihn hätte einholen können, hätte sie ihm bestimmt eins auf die Nase gegeben oder zumindest einen ordentlichen Tritt gegen das Schienbein. Sie hätte sich denken können, dass er bloß ein Maulheld war. Typen wie er wussten nicht, wie man wirklich um etwas kämpft. Und anstatt die Dinge herauszubrüllen, fraßen sie alles in sich hinein. Lucy hätte gern ihre Diskussion vom vorherigen

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