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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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antwortete Henry. »Wir sind leichte Beute.«
    Lautlos stimmte Lucy ihm zu.
    Grammalie Rose hob ihre Hand und unterband damit jedes weitere Argument. »Es mag sein, dass wir wirklich woanders hingehen müssen. Aber bevor nicht alle zusammengekommen sind und darüber entschieden haben, was das Beste ist, wird nichts geschehen. Sammy und Beth sind immer noch unterwegs, um zu sammeln. Sie haben in dieser Angelegenheit genauso ein Wort mitzureden.« Die Brauen waren dicht über ihren Augen zusammengezogen, sodass ihre stechenden Augen noch tiefer zu liegen schienen. Lucy fand, dass sie plötzlich noch älter aussah. Erst jetzt fiel ihr auf, wie gebeugt der Rücken der alten Frau war und wie geschwollen die Fingerknöchel auf ihren von der Arbeit geröteten Händen. Mit einem Mal hätte sie Grammalie Rose gern einen Stuhl angeboten – wenn es denn einen gegeben hätte.
    »Bis dahin«, fuhr Grammalie Rose fort, »müssen wir Nahrung heranschaffen, Wäsche waschen und die Wunden versorgen.« Sie warf einen scharfen Blick auf Aidans Stirn und auf Henrys Auge.
    Henry knurrte etwas Unverständliches.
    »Wir brauchen Wasser«, sagte Grammalie Rose. »Das ist das Allererste.«
    Aidan wirbelte herum. »Wir werden welches besorgen«, sagte er. Er sammelte ein paar große Plastikkanister auf und drückte sie Lucy in die Hände. Lucy war viel zu überrascht, um etwas sagen zu können. Aidan selbst nahm ebenfalls vierKanister und zog sie mit sich an den Rand des Platzes. Aber Lucy machte sich los und blieb stehen. Sie fand es unerträglich, dass er sie einfach so packte und mitschleppen wollte – als wenn sie ein kleines Kind wäre, das nicht allein über die Straße gehen konnte! Überrascht blieb Aidan stehen.
    »Hör mal, seitdem ich hier bin, habe ich mir vor lauter Arbeit den Arsch aufgerissen«, sagte sie. »Vielleicht habe ich einfach mal keine Lust, Wasser zu holen?«
    »Ich wollte unter vier Augen mit dir reden. Ich habe nachgedacht«, sagte Aidan.
    »Gut. Schieß los!«
    »Wenn Grammalie Rose sieht, dass wir irgendwo herumsitzen, teilt sie uns zum Latrinendienst ein. Und glaub mir, das wird dir keine Freude machen!«
    Lucy hatte den stechenden Geruch, der manchmal aus einer Reihe schmaler Leinwandverschläge am westlichen Ende des Lagers herüberwehte, bereits in die Nase bekommen.
    »Na gut«, antwortete sie gedehnt. Vielleicht würde ein bisschen Bewegung sogar ganz guttun. »Aber dieses ganze Gerede ist nervig. Warum kann nicht einfach einer eine Entscheidung treffen und die anderen richten sich danach?«
    »Du meinst, einer, der die Verantwortung trägt?« Aidan schüttelte den Kopf. »So läuft das hier nicht. Klar, Grammalie Rose ist so etwas wie die Chefin. Weil sie die Älteste ist und Erfahrung mit dem Zusammenleben in einer Gemeinschaft hat. Und Leo ...« Aidans Stimme wechselte kurz den Klang. »Leo ist einfach der geborene Anführer. Aber jeder hier zählt gleich viel. Das ist das Entscheidende.«
    »Aber macht dich das denn nicht verrückt? Ich meine, dann kann ja nie mal etwas schnell gehen!«
    »Es geht ja auch nie etwas schnell.«
    Immerhin klang er genauso genervt, wie Lucy sich fühlte.
    Sie gingen weiter. Aidan schlug einen schmalen Pfad ein, der zwischen zwei Reihen von Backsteinhäusern verlief. Die oberen Stockwerke der Häuser waren noch überwiegend intakt, aber ihre Fundamente waren eingesunken, und die Dächer beugten sich einander zu wie zwei Menschen, die sich küssen wollen. Stützkonstruktionen aus Holz drückten von beiden Seiten gegen das Mauerwerk und hielten es aufrecht. Dennoch war Lucy froh, als sie auf eine von Schutt übersäte Trümmerfläche hinaustraten, auf der ein paar Kinder mit einer Dose Fußball spielten. Als sie Aidan sahen, begrüßten sie ihn lautstark und Aidan winkte zurück. Ein grüner Gartenschlauch ringelte sich wie eine große Schlange über den Boden. Aidan drehte an der Düse, und rostfarbenes, mit Erde durchsetztes Wasser begann spuckend und stotternd zu fließen.
    »Sollen wir nicht besser frisches Wasser holen? Aus einer Quelle?«, fragte Lucy.
    »Draußen im Wald bin ich schon auf die eine oder andere Quelle gestoßen. Aber bis dorthin ist es zu weit. Das hier ist bequemer – zumindest, solange die Zisterne gefüllt ist.«
    Das Wasser wurde klarer. Aidan steckte das Schlauchende in einen der Kanister und richtete sich wieder auf.
    »So. Und wie lautet nun dein großer Plan?«, wollte Lucy wissen. Dabei kroch ihr ein Schauer über den Rücken. Herumstehen und

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