ePub: Der letzte Zauberlehrling
ein Bußgeld in unbestimmter Höhe oder Erzwingungshaft gegen Sie verhängt werden können.
Hochachtungsvoll,
André Brossard
Ich legte das Schreiben auf den Tisch. »Was hat das zu bedeuten?«
»Man verbietet mir das Zaubern«, sagte Prometheus. »Ich hätte es mir denken können. Pompignac duldet keine Konkurrenz.«
»Aber dürfen sie das denn einfach so machen?«
»Nun, das Gesetz scheint auf ihrer Seite zu stehen, wie du siehst. Aber das ist unerheblich. Was Pompignac will, das setzt er auch durch. Und wenn es dafür keine gesetzlichen Grundlagen gibt, dann sorgt er dafür, dass sie geschaffen werden.«
»Heißt das, Sie halten sich an das Verbot?«
Es dauerte eine Weile, bis er antwortete, und seine Stimme klang schneidend. »Du bist ein noch größerer Dummkopf, als ich angenommen habe. Ob ich mich an die Verordnung halte oder nicht, ist unerheblich. Es gibt nur einen Weg, wie sie sicherstellen können, dass ich nicht mehr zaubere.«
»Sie meinen ... man wird Sie verhaften?«
» Natürlich wird man das. Die Frage ist nur, wann.«
»Aber ist das legal?«
»Was schert das die Regierung? Sie werden schon einen Weg finden. Denunzianten gibt es überall.«
Ich hatte auf einmal wackelige Knie und ließ mich auf einen Stuhl sinken. Wenn das, was Prometheus vermutete, stimmte, dann würde ich bald auch diese Bleibe verlieren. Denn wie sollten Samira, Lothar und ich ohne ihn überleben? Falls man uns nicht auch gleich festnahm. Aber vielleicht sah der Alte das ja auch zu pessimistisch.
Er richtete sich mit einer Entschiedenheit auf, die mich an ihm überraschte. »Es bleibt nur ein Weg«, sagte er. »Wir müssen ihnen zuvorkommen und untertauchen.«
Ich glaubte, mich verhört zu haben. »Untertauchen? Aber warum denn? Wenn Sie diese Erklärung unterschreiben, dann wird man Sie doch bestimmt in Ruhe lassen.«
»Pah!«, rief er und stieß mich zurück. »Du hast doch nur Angst um deinen Ausbildungsplatz! Ein schöner Zauberlehrling bist du! Lässt deinen Meister und deine Freunde in der Stunde der Not allein!«
»Aber das ist nicht wahr!«, protestierte ich. »Wir sollten nur nicht übereilt handeln!«
»Wir haben bereits viel zu lange gewartet«, rief Prometheus. »Außerdem müsste dir klar sein, dass ich, wenn ich das Zaubern wirklich aufgebe, auch dich nicht weiter ausbilden kann.«
»Das können Sie auch nicht, wenn Sie vor der Polizei auf der Flucht sind.«
»Aber dann bin ich wenigstens mein eigener Herr.«
»Das sind Sie doch schon lange nicht mehr«, fuhr es aus mir heraus.
Sein Kopf fuhr herum und seine Augen glühten vor Zorn. »Was willst du damit sagen?«
Jetzt gab es kein Zurück mehr. »Das, was sowieso jeder weiß: Sie sind ein Sklave des Alkohols.«
Ich rechnete mit einem Wutausbruch, einer Zurechtweisung, irgendeiner heftigen Reaktion. Aber nichts dergleichen geschah. Der Alte drehte sich wortlos um und verschwand in seinem Zimmer.
Ich benötigte einen Moment, um meine Benommenheit abzuschütteln. Dann war mir klar, was ich zu tun hatte. Hoffentlich waren Agnetha und Papillon noch nicht nach Hause gegangen!
Ich verließ das Haus und rannte, so schnell ich konnte, zum Café zurück.
V IERTER M ONOLOG DES D ÄMONS T HRLX, DER UNTER DEM N AMEN L OTHAR BEKANNT IST
Ich fand es bemerkenswert, dass der Kleine dem Alten endlich mal die Meinung gesagt hatte. Das entsprach so gar nicht seiner Art und ich konnte mir das lediglich mit seiner Verwirrung über die neue Situation erklären. Oder hatte er insgeheim schon einen Entschluss gefasst und scherte sich nicht mehr darum, ob sein Meister ihn rauswarf? Das musste ich unbedingt herausbekommen.
Ich hatte die Aufregung von meinem Platz in der Küche aus verfolgt. Die plötzliche Entscheidung des Alten, in den Untergrund zu gehen, kam meinen Plänen überhaupt nicht entgegen. Ich wollte den Kleinen noch zurückhalten, aber er war schneller verschwunden als ich »Mirren« sagen konnte. Also blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten.
Es dauerte eine halbe Stunde, dann tauchte er wieder auf. In seiner Begleitung befanden sich diese Agnetha, die mit dem Alten bereits Verschwörungspläne ausgeheckt hatte, sowie ein Junge, der mir auf Anhieb nicht gefiel. Er sah zwar freundlich aus, mit Lachfalten um die Augen, aber ich spürte, dass für jemanden wie mich mit ihm nicht gut Kirschen essen war.
Der Kleine reichte ihnen den Brief, der noch immer auf dem Tisch lag. Nachdem Agnetha ihn gelesen hatte, wobei ihr der andere Junge über die
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