ePub: Der letzte Zauberlehrling
bevor. Ich musste nur verhindern, dass irgendwer die laufenden Entwicklungen so knapp vor dem Ziel noch torpedierte.
Der Kleine seufzte ein weiteres Mal. Da er immer noch nichts sagte, beschloss ich, das Gespräch zu eröffnen. »Willst du dich etwa an diesem hirnverbrannten Vorhaben beteiligen?«, fragte ich.
»Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob es wirklich so hirnverbrannt ist«, erwiderte er und blickte mir herausfordernd in die Augen.
»Natürlich ist es das! Wie sollen drei oder vier Leute erfolgreich gegen die Regierung vorgehen? Das ist ein Ding der Unmöglichkeit!«
»Das hat man vom Überwinden der Dimensionssperre auch gesagt. Und jetzt auf einmal scheint es doch zu gehen.«
»Das weißt du doch ebenso wenig wie Prometheus. Oder Pompignac. Wenn du mich fragst, dann ist das alles nur ein großes Getöse ohne viel Substanz.«
»Du glaubst also nicht, dass der Überzauber funktioniert?«
»Er wird schon irgendwie funktionieren, nur nicht als Dimensionskorridor. Daran beißen sich unsere Wissenschaftler bis heute die Zähne aus. Wieso sollte Pompignac das gelingen? Zumal alles, was in den Zaubersprüchen steckt, letztlich auf meinen Informationen beruht.«
»Genau das stimmt mich ja nachdenklich. Du hast doch das allergrößte Interesse an einem funktionierenden Übergang zwischen den Dimensionen. Vielleicht hast du die ganze Zauberkunst von Anfang an in diese Richtung gelenkt.«
»Dein Vertrauen in meine Fähigkeiten ehrt mich. Aber das hätte ich doch einfacher haben können, findest du nicht? Nein, es wird nicht klappen, und deine Freunde bringen sich ohne Grund in Gefahr.«
Der Kleine schwieg eine Weile. »Weißt du«, begann er schließlich, »mir wird immer wieder deutlich, wie wenig ich von der Welt um mich herum begreife. Jeder scheint sie besser zu verstehen als ich. Vielleicht bin ich einfach nicht dafür gemacht und sollte aufs Land zurückkehren.«
Er nahm ein paar Schottersteinchen vom Boden auf und warf sie in den Fluss vor uns. »Agnetha und Papillon sind bestimmt in Ordnung, aber sie sind beide so ganz anders als ich. Sie sind sich immer so sicher, dass das, was sie tun oder denken, richtig ist, und handeln, während ich noch überlege. Wir sind einfach zu verschieden.«
»Sie sind normal. Du bist etwas Besonderes«, sagte ich.
»Ach, das sehe ich nicht so. Ich bin wahrscheinlich eher unnormal , zumindest, was das Leben in der Großstadt betrifft. Vielleicht bin ich auch nur nicht klug genug.«
»Du bist klüger als sie, weil du dich nicht in dieses Selbstmordkommando reinziehen lässt«, widersprach ich. »Prometheus hat doch sein ganz persönliches Hühnchen mit Pompignac zu rupfen, was sein Urteilsvermögen, mal abgesehen vom Alkohol, nicht gerade objektiver macht. Und deine Freunde wissen nicht, worauf sie sich einlassen.«
Der Kleine stand auf und ging vor der Bank hin und her. »Das wäre eigentlich ein Grund, bei ihnen zu bleiben und sie von ihrem Vorhaben abzubringen.«
Ich sprang ebenfalls auf. »Das wird dir nicht gelingen. Du würdest dich nur selbst gefährden.«
Er blieb vor mir stehen. »Was bist du auf einmal so besorgt um mich?«
»Ich bin besorgt um mich . Mit wem soll ich mein Wissen teilen, wenn du im Gefängnis sitzt oder schlimmer?«
»Wenn ich aufs Land zurückkehre, hast du auch niemanden mehr.« Er legte nachdenklich den Finger an die Lippen. »Was hältst du davon, mich zu begleiten?«
Ich wusste nicht, ob er die Frage ernst meinte oder mich nur auf die Probe stellen wollte. Entsprechend dauerte es eine Weile, bis ich eine Antwort formuliert hatte, von der ich annahm, dass sie ihn zufriedenstellen würde. »Das würde ich gern, aber es geht leider nicht. Ich werde bleiben und den Kontakt zu dir halten. Es ist für Prometheus und für dich das Beste, wenn du aus Paris verschwindest. Betrachte es als eine Art Notfallplan. Wenn ihm oder deinen Freunden etwas zustößt, bist du noch da und kannst ihnen helfen. So schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe.«
Ich sah, wie es in seinem Hirn arbeitete. Am gegenüberliegenden Ufer fuhr ein Wagen der Sicherheitspolizei vorbei. Man erkannte sie sofort, denn sie waren in den letzten Wochen immer häufiger zu sehen. Und immer häufiger verschwanden Menschen, die zu den vermeintlichen oder echten Feinden Pompignacs zählten.
Der Kleine hatte die schwarze Limousine auch gesehen. »Meinst du wirklich, sie würden Prometheus festnehmen?«
»Ganz gewiss. Je eher er untertaucht, desto besser. Deine Freunde werden
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