ePub: Der letzte Zauberlehrling
geht es nur darum, Prometheus durchzubringen. Vielleicht hat er ja eine Idee, wenn er wieder bei klarem Verstand ist.«
»Das heißt also, ihr habt noch überhaupt keinen Plan.«
»Nein. Sie suchen auf Hochtouren nach dem Alten und Agnetha, was auch durch Pathés Interesse an dir bewiesen wird. Nach deinem Verschwinden wirst du jetzt auch auf der Liste stehen. Ich bleibe also der Einzige, der sich frei bewegen kann.«
»Gibt es in dem Kaufhaus keinen, der dich verraten kann?«
»Das hat zum Glück Pierre organisiert, allerdings ebenfalls nicht direkt, sondern über einen Mittelsmann, der den Hausmeister da kennt. Der hat dafür gesorgt, dass alle Mitarbeiter, die üblicherweise hinter den Kulissen rumflitzen, zwischen elf und halb zwölf in der Kantine waren, weil er eine wichtige Durchsage zum Brandschutz und zur Arbeitssicherheit zu machen hatte. Weder er noch jemand anderes hat mich oder dich gesehen oder weiß unsere Namen.«
»Ich traue dem Frieden trotzdem nicht. Es ist bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis die Sicherheitspolizei auch auf deine Spur kommt. Mir wäre es lieb, wir würden so schnell wie möglich aus Paris verschwinden.«
»Aber wohin? Und was ist mit Prometheus? Der ist im Augenblick überhaupt nicht in der Lage, irgendwo hinzugehen.«
»Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass wir in einem Erdversteck unserem Ziel, Pompignac zu stoppen, keinen Schritt näher kommen.« Noch während ich diesen Satz aussprach, regte sich ein Gedanke in meinem Hinterkopf, den ich aber nicht richtig zu fassen bekam. Ich spürte, dass es eine wichtige Information war, die etwas mit dem Überzauber zu tun hatte, konnte mich beim besten Willen aber nicht mehr daran erinnern.
Ein Räuspern von Papillon riss mich aus meinem Grübeln. »Da ist noch etwas, das ich dir sagen wollte ...«, begann er mit einer für ihn seltenen Schüchternheit.
»Schieß los.«
»Es ist wegen Agnetha. Du hast vielleicht gemerkt ...«
»Dass du sie magst«, vervollständigte ich seinen Satz und spürte gleich wieder einen Stich im Herzen. Es war weniger Eifersucht auf Papillon, sondern das Gefühl, versagt zu haben. Wie konnte ich nach meiner Flucht noch erwarten, von Agnetha respektiert zu werden?
»So wie du auch«, erwiderte er. »Du musst nicht denken, dass ich sie dir wegnehmen will. Aber es hat sich so ergeben ...«
»Lass uns nicht darüber reden«, sagte ich. »Es kommt, wie es kommt. Du bist mir zu nichts verpflichtet.«
Er sah mich skeptisch an. »Meinst du das wirklich?« Ich nickte. »Ich bin froh, dass du das so siehst«, sagte er. »Ich fände es sehr schade, wenn unsere Freundschaft darunter leiden würde.«
»Das wird sie nicht«, beruhigte ich ihn. »Aber mich würde schon interessieren, ob du dich nur wegen ihr zum Mitmachen entschlossen hast.«
»Das war sicher ein Grund, aber nicht der entscheidende.« Er goss uns Tee aus einer silbernen Kanne nach, die so aussah, als sei sie ziemlich teuer gewesen. »Weißt du, ich führe ein gutes Leben. Wie du siehst, mangelt es mir an nichts. Meine Geschäfte laufen gut, abgesehen mal von einzelnen Ausnahmen wie Pompignac, und ich hätte eigentlich keinen Grund, daran etwas zu ändern. Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, weil ich mich immer am Rand des Gesetzes bewege undihn manchmal auch übertrete, aber ich bin ein großer Anhänger von Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit und Recht sind zwei Paar Stiefel.«
»Willst du damit sagen, das Recht dient nicht der Gerechtigkeit?«
»Du hast doch Isidor Pathé getroffen. Denkst du, ihm geht es um Gerechtigkeit?«
Ich schüttelte den Kopf.
» Er handelt aber im Namen des Rechts«, fuhr Papillon fort. »Seine Handlungen und die seiner Leute werden vom Gesetz gedeckt. Ebenso wie das, was Pompignac jetzt vorhat. Eigentlich könnte mich das kaltlassen, aber wenn ich sehe, wie meine Freunde unter diesem Recht leiden, dann muss ich einfach etwas tun.«
»Du hilfst Prometheus und Agnetha also, weil du das Recht wieder in Übereinstimmung mit der Gerechtigkeit bringen willst?«
Er lachte freudlos. »Das wird es nie geben. Recht ist eine Angelegenheit von Politikern, Bürokraten, Anwälten und Richtern. Was wissen die schon vom Leben? Sie bewegen sich in der Welt ihrer Paragrafen und Erlasse, in ihren dunklen Amtsstuben oder in den geräumigen Vorzimmern der Macht, an der sie gern teilhaben wollen. Und weil sie das schon so lange machen, können sie sich gar nicht mehr vorstellen, was Gerechtigkeit bedeutet. Denn Gerechtigkeit ist
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