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ePub: Der letzte Zauberlehrling

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Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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ihren Augen abspielt, besaß der Kleine Bauchgefühl. Und weil ihn kein überflüssiges Wissen davon abhielt, seinem Bauchgefühl zu folgen, konnte er Dinge begreifen, die anderen verborgen blieben.
    Das war auch einer der Gründe, warum ich ihn in seinem Beschluss unterstützt hatte, in sein Heimatdorf zurückzukehren. Und deshalb war ein anderer Teil von mir von seiner Rückkehr gar nicht erfreut. Zumal er mir irgendwie anders vorkam. Als er aus Paris abhaute, war er orientierungslos und verschüchtert gewesen; jetzt strahlte er eine Entschlossenheit aus, von der ich nicht wusste, ob sie gut oder schlecht für mich war.
    Der Aufenthalt in diesem Erdloch war nicht gerade das, was ich als komfortabel bezeichnet hätte, aber er erfüllte für mich seinen Zweck, nämlich die Sabotage an Pompignacs Vorhaben zu verhindern. Solange der Alte noch unter Entzugserscheinungen litt, waren auch den anderen die Hände gebunden.
    Nachdem der Kleine mit seinen Freunden gegessen und von seinen Erlebnissen berichtet hatte, stand er auf und ging zum Lager von Prometheus. Er beugte sich zu dem stöhnenden Alten und inspizierte ihn im Licht der Laterne, die ihm sein Freund gebracht hatte. Dann fühlte er seinem Meister den Puls und schob seine Augenlider hoch. Er murmelte Papillon etwas zu und kam dann zu mir herüber.
    »Hallo Lothar«, sagte er und hockte sich vor mich hin. »Ich glaube, wir müssen uns mal in Ruhe unterhalten.«
    Hatte ich also recht gehabt! Irgendwas war während seiner Abwesenheit mit ihm passiert. Er hörte sich selbstsicherer an als zuvor und der Klang seiner Stimme verhieß nichts Gutes.
    »Hallo Landei«, erwiderte ich. »Hast du Sehnsucht nach mir gehabt?«
    »Nach dir nicht gerade. Obwohl ich jetzt deine Hilfe gebrauchen könnte.«
    »Jederzeit«, sagte ich, was zwar nicht ganz stimmte, aber das musste er ja nicht unbedingt wissen.
    »Ich weiß nicht, ob Prometheus diese Strapazen überstehen wird. Ich will einen Trank brauen, der seine Kräfte stärkt und der zugleich die Entzugserscheinungen mildert.«
    »Tut mir leid«, sagte ich. »In meiner Heimat gibt es keinen Alkohol und folglich auch keine Trunksucht. Deshalb hat sich unsere Wissenschaft nie mit der Frage des Entzugs beschäftigt.« Ich fand, das war eine sehr plausible Antwort. (Obwohl der Tavernenbesitzer, bei dem ich während meiner Studienzeit häufiger eingekehrt war, sicher vehement widersprochen hätte.) Mir lag nichts an einer schnellen Genesung von Prometheus, denn das würde meine Pläne gefährden. Außerdem war ein nüchterner Zauberer seines Kalibers weitaus gefährlicher für mich als ein ständig betrunkener. Natürlich wollte ich auch nicht, dass er ins Gras biss. Aber unter Abwägung aller Argumente war mir in diesem Fall meine Rückkehr in die Heimat wichtiger als ein einzelnes Menschenschicksal.
    Der Kleine runzelte die Stirn. »Es gibt bei euch keinerlei Drogen?«
    »Genau. Wir sind, im Gegensatz zu euch, vernunftbegabte Lebewesen. Wir haben es nicht nötig, unsere Sinne zu betäuben. Die Freuden des Denkens reichen uns völlig.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    Ich machte unwillkürlich einen Schritt zurück. »Was?«
    »Ich glaube dir nicht.«
    Ich fing mich sofort wieder. Für einen Moment hatte er es tatsächlich geschafft, mich zu verunsichern. »Das kannst du halten, wie du willst«, sagte ich. »Jedenfalls kann ich dir dabei wirklich nicht helfen.«
    »Oh doch, du wirst mir helfen.« Er machte einen Schritt auf mich zu und senkte die Stimme. »Oder ich erzähle den anderen, dass du mich unbedingt wegschicken wolltest.«
    Es war erstaunlich, wie ein paar Tage einen Menschen verändern konnten. Noch vor einer Woche war der Kleine ein Zögerer und Zauderer gewesen, der lieber den Mund hielt, als die Initiative zu ergreifen. Und jetzt war auf einmal er es, der die Zügel in die Hand nahm – oder es zumindest versuchte.
    Ich setzte eine Unschuldsmiene auf. »Ich hatte nur deine besten Interessen im Sinn. Das werden deine Freunde sicher verstehen.«
    »Es waren wohl eher deine besten Interessen, mein Lieber. Ich glaube nämlich, dir ist sehr daran gelegen, dass die Aktion gegen Pompignac misslingt.«
    »Wie kommst du denn darauf?«, fragte ich entrüstet.
    »Es ist nur so ein Gefühl. Ich weiß nicht, was du davon hättest, aber ich komme noch dahinter. Und natürlich frage ich mich auch, wer Prometheus und Agnetha an die Polizei verraten hat ...«
    Er ließ die letzten Worte vielsagend in der Luft hängen. War das nur eine

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