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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Er nahm einen Schluck aus seinem Glas und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. »Was hast du denn ausgefressen?«
    »Es ist besser, wenn ich darüber nicht rede«, erwiderte ich. »Ich muss unbedingt mit Papillon sprechen, kann aber nicht zu ihm gehen.«
    Es schien Pierre nichts auszumachen, dass ich ihn nicht ins Vertrauen ziehen wollte. »Weil du deinen Verfolger zu ihm führen würdest, was?«
    Ich nickte.
    »Aber wenn du dich mit Papillon triffst, wird er ebenfalls gesehen. Du musst den Polypen also auf jeden Fall abschütteln.« Er dachte kurz nach. »Kriminalpolizei oder Sicherheitspolizei?«
    »Sicherheitspolizei.«
    »Dann müssen wir damit rechnen, dass noch ein zweiter irgendwo in der Nähe lauert. Das macht die ganze Sache etwas komplizierter.« Erneut zog er ein nachdenkliches Gesicht. Dann hellten sich seine Züge plötzlich auf. »Ich weiß, wie wir’s machen.« Er beugte sich wieder vor. »Kennst du das Kaufhaus Grands Colonnades ?«
    »In der Nähe des Opernplatzes?«
    »Genau das. Da gehst du morgen früh so gegen elf Uhr hin. In der ersten Etage findest du die Abteilung für Herrenbekleidung. Du nimmst dir eine Hose und gehst zu den Umkleidekabinen. Es sind fünf Stück. Du musst die in der Mitte nehmen. Wenn du die Tür hinter dir geschlossen hast, klopfst du an den großen Spiegel, und zwar zweimal kurz, dreimal lang und noch mal zweimal kurz. Kannst du dir das merken?«
    Ich nickte. »Und dann?«
    »Das wirst du schon sehen.« Er winkte dem Kellner und bestellte noch eine Runde Getränke für sich und seine Begleiterinnen. Ich stand auf.
    »Vielen Dank für die Hilfe«, sagte ich.
    »Keine Ursache. Wo übernachtest du?«
    »Im Ostbahnhof. Das hab ich schon mal gemacht.«
    »Im Bahnhof? Kommt nicht infrage. Ich weiß da was Besseres.« Er nannte mir den Namen eines kleinen Hotels ganz in der Nähe.
    »Das kann ich leider nicht bezahlen«, sagte ich und blickte zu Boden.
    Er holte seine Brieftasche heraus und hielt mir einen Geldschein hin. Ich wollte das Geld erst nicht annehmen, aber er stand auf und steckte mir die zusammengefaltete Banknote in die Jackentasche. »Betrachte es als ein Darlehen. Du zahlst es mir zurück, wenn du wieder bei Kasse bist.«
    Ich reichte ihm die Hand. »Vielen Dank. Das werde ich dir nicht vergessen.«
    »Ach was. Du hättest es doch genauso gemacht, oder?«
    Hätte ich das? Noch vor ein paar Tagen war ich aus Paris abgehauen und hatte meine Freunde im Stich gelassen. Statt einer ehrlichen Antwort stellte ich ihm lieber eine Frage und hoffte, er würde nicht merken, dass ich ihm auswich. »Hast du keine Angst vor der Sicherheitspolizei?«
    Pierre lachte. »Wer keine Angst vor der Sicherheitspolizei hat, der sollte sich auf seinen Geisteszustand hin untersuchen lassen! Natürlich fürchte ich sie. Aber sie kennen mich und wissen, dass ich mit Politik nichts am Hut habe. Klar, sie werden mich fragen, was du von mir wolltest, und ich werde ihnen die Wahrheit sagen: Du hattest kein Geld und ich habe dir ein Baguette und einen Schlafplatz für die Nacht ausgegeben.«
    Ich bedankte mich noch einmal und machte mich dann auf zu dem Hotel, das Pierre mir genannt hatte. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie der Mann mit den langen Haaren ebenfalls aufstand und mir folgte. Aber das war mir jetzt egal.
    Ich war hundemüde und wollte nur noch eins: schlafen.

Vierzehntes Kapitel
    in dem wir erleben, wie man in einem vollen Kaufhaus spurlos verschwinden kann
    A ls ich am nächsten Morgen vor dem Grands Colonnades stand, ging es mir schon viel besser.
    Ich hatte geschlafen wie ein Stein, ausgiebig geduscht und ein reichhaltiges Frühstück verputzt. Jetzt war ich gespannt darauf, was mich in der Umkleidekabine erwartete.
    Mein Verfolger mit den langen Haaren war nirgendwo zu sehen. Wahrscheinlich hatten sich meine Bewacher in der Nacht abgelöst und es folgte mir ein anderer Beamter. Ich gab mir keine Mühe, ihn unter den Passantenmassen auszumachen, die sich um diese Zeit bereits an den Geschäften entlangschoben. Wenn Pierres Plan funktionierte, dann würde ich ihn sowieso bald los sein.
    Ich betrat das Kaufhaus und ging durch den Hauptgang zu der großen Marmortreppe, die in die oberen Stockwerke führte. Die Geräusche der Straße waren hier kaum noch zu hören, und es herrschte eine gedämpfte Atmosphäre, eher wie in einer Oper oder einem Theater. Im ganzen Erdgeschoss befanden sich höchstens acht quadratische Verkaufstheken, auf denen elegant gekleidete

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